Ein minimalistisches Tablett für ablenkungsfreies Arbeiten - in Farbe
Grösser, heller, farbiger. Das Remarkable Pro übertrumpft seinen monochromen Vorgänger, das Remarkable 2, in allen Belangen. Das neue Pro-Modell übernimmt die Stärken des älteren Modells und fügt neue hinzu. Leider erbt es auch einen Haken, der schon beim Vorgänger gestört hat – damals aber noch viel stärker.
"Ein Tablet, das fast nichts kann – aber das dafür wirklich sehr gut." Unter diesem Titel hat die Redaktion 2021 ein Hands-on des E-Paper-Tablets Remarkable 2 veröffentlicht. Der Titel ist eine Anspielung darauf, dass der gleichnamige Hersteller bewusst auf einige übliche Features verzichtet, um ein fokussiertes und effizientes Arbeiten zu ermöglichen. Diesen Trend setzt das norwegische Unternehmen mit dem Remarkable Pro nun fort.
Das im September 2024 angekündigte Gerät soll das Remarkable 2 nicht ersetzen - aber es dennoch übertreffen.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein leicht grösseres Modell des Vorgängers. Das 11,8-Zoll-Display ist 1,5 Zoll grösser als dasjenige des Remarkable 2. Auch sonst wirkt vieles vertraut. Wie schon der kleinere, aber ältere Bruder ist auch das Remarkable Pro eine sinnvolle Digitalisierung des Papiers. Wo früher handgeschriebene Notizen den Blick auf den Schreibtisch versperren konnten, genügt nun ein einzelnes Tablet. Der interne Speicher von 64 Gigabyte (achtmal so viele wie beim Remarkable 2) fasst theoretisch über 40 Millionen Seiten an Textdokumenten. Zudem ist das Erstellen der digitalen Notizen wieder eine enorm angenehme Erfahrung. Es gibt wohl kein vergleichbares Produkt, das dem Schreiben auf Papier so nahe kommt, wie die Remarkable-Geräte. Wer die Notizen mit anderen Teilen will, kann sie bequem in die Cloud schieben. Abgesehen von der eigenen Cloud, bietet Remarkable auch Anbindungen an Google Drive, Microsoft Onedrive und Dropbox. Ein weiteres Highlight: Die handschriftlichen Notizen lassen sich automatisch in maschinenlesbare Schrift umwandeln, bevor man ein PDF verschickt. Die Handschrifterkennung funktioniert - ebenfalls wie beim Vorgänger - auch mit eher individuellen, kreativen Handschriften erstaunlich gut.
Während das Remarkable 2 alles noch in Graustufen darstellte, wird’s mit dem Remarkable Pro nun farbig. Das neue, eigens entwickelte Canvas-Color-Display ist laut Hersteller "die grösste Innovation" des neuen Geräts. Hier darf man aber nicht zu grosse Erwartungen haben. Denn auch mit den Farben will der Hersteller keine ablenkenden Störfaktoren schaffen. Die Farben strahlen daher definitiv nicht wie ein Regenbogen, sondern wirken eher matt und unspektakulär. Zumindest auf dem Remarkable Pro selbst. Betrachtet man dieselben Notizen etwa auf der Smartphone-App, leuchten die Farben grell.
Urlaubsfotos will man wohl nicht präsentieren auf dem Remarkable Pro. Aber dafür ist dieses Gerät auch nicht gedacht. Um etwas in den Notizen farblich zu markieren oder für schnelle Skizzen, bietet das Farbdisplay eine deutliche Verbesserung gegenüber dem monochromen Vorgänger.
Man könnte meinen, dass sich die blasse Farbdarstellung negativ auf die Akkulaufzeit auswirkt. Dem ist jedoch nicht so. Gemäss Herstellerangaben - die sich im Test bewahrheitet haben - hält der Akku des Remarkable Pro zwei Wochen bei regelmässiger Nutzung (90 Tage im Stand-by-Modus). Exakt so lange, wie beim farblosen Remarkable 2.
Für Notizen im Dunkeln
Eine der wenigen Kritikpunkte im Hands-on des Remarkable 2 war, dass sich das Display ein wenig zu sehr wie Papier verhält. Da es keine interne Beleuchtung gibt, ist man genau wie bei einem Blatt Papier auf eine externe Lichtquelle angewiesen, um etwas lesen zu können. Das ändert sich mit der Pro-Version. Diese verfügt nun über eine in sechs Stufen einstellbare Displaybeleuchtung. In kompletter Dunkelheit etwas auf dem Gerät zu notieren, ist zwar weiterhin nicht einfach, aber dank der Beleuchtung nun immerhin möglich. Das Lesen auf dem Gerät funktioniert einwandfrei – egal wie hell oder dunkel es um einen herum ist.
Das Remarkable Pro hat aber denselben Haken, der auch schon beim Remarkable 2 für Stirnrunzeln sorgte: ein Abo-Modell für ein Stück Hardware. Zusätzlich zum ohnehin schon beachtlichen Preis von knapp 700 Euro (560 für das Tablet, 139 für den Stylus – Hüllen kosten zusätzlich) verstecken sich gewisse Features hinter einer Paywall. Seit dem Remarkable 2 hat sich der Preis für das Cloud-Abo zwar von 7,99 auf 2,99 Euro pro Monat reduziert. Ausserdem sind nun weniger Features von einem Abo abhängig. Ohne ein Connect-Abonnement werden nur Dateien, die in den vergangenen 50 Tagen verwendet und synchronisiert wurden, weiterhin in der Cloud gespeichert. Ferner braucht man ein Abo für die "Protection Plan"-Garantie und um in den Mobile- und Desktop-Apps auf Notizen zugreifen zu können. Aber trotzdem stellt sich die Frage, ab wann beziehungsweise ob sich eine Anschaffung langfristig lohnt. Wer bereits ein Abo hat, kann dieses auch für das neue Gerät nutzen.
Bis zu drei Tablets können zu einem Account hinzugefügt werden, sodass man schnell und einfach Daten synchronisieren kann. Das Aufsetzen eines neuen Geräts ist für bestehende Kunden übrigens äusserst schnell und unkompliziert. Im Hands-on dauerte der Wechsel vom Remarkable 2 auf das Remarkable Pro gerade einmal 10 Minuten. Diese Zeit genügt, um den Karton aufzumachen, das Gerät auszupacken (und zu bestaunen), es einzurichten und sämtliche Daten, die man zuvor auf dem Vorgängermodell erstellt und bearbeitet hat, auf das neue Gerät zu spiegeln.
Fazit
Das Remarkable Pro ist eine klare Verbesserung gegenüber dem Vorgängermodell. Das Farbdisplay bietet neue Möglichkeiten, dem Papierabfall zu entsagen und sämtliche handgeschriebenen Notizen digital zu verfassen. Dank Bildschirmbeleuchtung ist dies neu auch im Dunkeln möglich. Die Abo-Kosten sind zwar kleiner geworden, aber gekoppelt mit dem stolzen Gerätepreis sollte man sich eine Anschaffung gut überlegen. Möglicherweise reicht das monochrome Vorgängermodell aus. Wer aber Geld in die Hand nimmt und wirklich ein minimalistisches Gerät für produktives, "farbiges" Arbeiten sucht, wird vom Remarkable Pro gewiss nicht enttäuscht.