Update: Ständerat besteht auf rasche Einführung von E-Collecting
Um in Zukunft elektronische Unterschriftensammlungen zu ermöglichen, soll der Bund so schnell wie möglich die rechtlichen Grundlagen für E-Collecting schaffen. Der Ständerat nimmt eine entsprechende Motion an und übergibt diese an den Nationalrat. Der Bund will hingegen zuerst ein Pilotprojekt durchführen.
Update vom 12.12.2024: Mutmassliche Betrügereien rund um das bezahlte Unterschriftensammeln von dafür beauftragten Firmen haben zu mehreren Vorstössen im Ständerat geführt. Der Ständerat bejahte am 11. Dezember eine Motion des Glarner FDP-Ständerats Benjamin Mühlemann mit 20 zu 15 Stimmen und hat diese an den Nationalrat überwiesen, wie es in einer Mitteilung heisst. Die Motion fordert den Nationalrat dazu auf, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um das legitime Sammeln von Unterschriften digital zu ermöglichen.
Nach Einwänden von Bundeskanzler Viktor Rossi, der vor einem verfrühten Umstieg auf volle Digitalisierung des Unterschriftensammelns warnte, sagte der Ständerat stillschweigend Ja zur Motion von Matthias Michel (FDP/ZG). Sein Vorstoss, der ein Pilotprojekt für E-Collecting will, geht laut Mitteilung ebenfalls in den Nationalrat.
Die Bundeskanzlei habe schon 2022 nach Bekanntwerden der mutmasslichen Betrügereien beim Unterschriftensammeln eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht und diese seitdem mehrfach um neue Verdachtsfälle ergänzt. Der Bundesrat hat bereits ein Vorprojekt für beschränkte, praktische Versuche mit E-Collecting bei der Bundeskanzlei in Auftrag gegeben (siehe unten). Laut Mitteilung setzt der Bund Vertrauen in die Justiz und ist dabei, einen Verhaltenskodex für diese Sammlungen zu erarbeiten. Erst wenn diese Massnahmen nicht griffen, sei an gesetzgeberische Massnahmen zu denken.
Update vom 21.11.2024:
Bundesrat veranlasst Vorprojekt für Versuche mit E-Collecting
Der Bundesrat hat ein Vorprojekt für beschränkte, praktische Versuche mit E-Collecting bei der Bundeskanzlei in Auftrag gegeben. Parlamentarier haben bereits in mehreren Vorstössen das Vorantreiben von E-Collecting gefordert (siehe unten). Der Auftrag stütze sich auf den am 20. November verabschiedeten Bericht "Elektronische Unterschriftensammlung für eidgenössische Volksbegehren (E-Collecting)", wie der Bundesrat mitteilt. Der Bericht zeigt die organisatorischen, technischen, rechtlichen und staatspolitischen Chancen und Risiken der digitalen Stimmensammlung auf.
Das Vorprojekt soll laut Mitteilung mit dem E-Collecting-Vorprojekt der Digitalen Verwaltung Schweiz (DVS) verbunden werden. Des Weiteren sei der Einbezug von Kantonen und Gemeinden sowie interessierten Akteuren aus Politik, Wissenschaft und der Zivilbevölkerung vorgesehen. Ziel des Vorhabens ist der Mitteilung zufolge eine Grundlagenschaffung von praktischen Versuchen mit E-Collecting. Diese soll weiter zu einem Umsetzungskonzept inklusive Rechtsgrundlagen führen. Bei der Konzeption des Vorprojekts wolle man ein besonderes Augenmerk auf allfällige Testaufgaben und den Einsatz technischer Prüfmöglichkeiten legen. Im besten Fall werde die technische Lösung des E-Collecting für Volksbegehren auf kantonaler als auch kommunaler Ebene möglich sein.
Zunächst sollen laut Bundesrat nur Erfahrungen in begrenztem Umfang mit E-Collecting gesammelt werden. Auch werde vorerst kein kompletter Ersatz der papierbasierten Unterschriftensammlung vorgesehen, sondern lediglich eine Ergänzung dieser durch die elektronische Form.
Der Bericht, auf welchem das Vorprojekt basiert, zeigt laut Mitteilung ein Modernisierungspotenzial des papierbasierten Unterschriftensammelns für Initiativen und Referenden auf. Des Weiteren gehe aus dem Bericht eine Adressierung neuer Risiken hervor. Ob eine elektronische Stimmensammlung sicher ist und das Vertrauen der Bevölkerung geniesst, werde von der Ausgestaltung des E-Collectings beeinflusst. Zentrale konzeptionelle, organisatorische als auch rechtliche Fragestellungen zur Einführung von E-Collecting wurden der Mitteilung zufolge ebenfalls im Bericht identifiziert. Ohne praktische Erfahrung sei es jedoch nicht möglich, die Auswirkungen von E-Collecting zu beurteilen.
Originalmeldung vom 20.09.2024:
Bundespolitiker wollen E-Collecting vorantreiben
E-Voting wird in der Schweiz getestet, nun soll dies auch mit E-Collecting passieren. In sieben gleichlautenden Vorstössen (zum Beispiel hier) fordern eidgenössische Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Bundesrat auf, "ein Pilotprojekt zu initiieren, um das elektronische Sammeln von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden zu erproben".
E-Collecting könne die Sicherheit bei der Unterschriftabgabe substanziell erhöhen, argumentieren die Politikerinnen und Politiker. Gleichzeitig könne die derzeit äusserst aufwändige Beglaubigung der Unterschriften in den Gemeinden vereinfacht werden.
E-ID als technische Grundlage
Die beim Pilotprojekt gewonnenen Erkenntnisse sollen zu einer soliden rechtlichen Grundlage für eine allfällige Einführung von E-Collecting beitragen. Noch weiter geht FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann. In seiner Motion spricht er nicht von einem Pilotprojekt, sondern fordert den Bundesrat direkt auf, für E-Collecting "die rechtlichen Grundlagen zu schaffen und die Technologieplattform bzw. die notwendigen digitalen Anwendungen einzuführen".
Die Unterzeichner der mehrfach eingereichten Motion sehen die Vertrauensinfrastruktur der entstehenden elektronischen Identität (E-ID) als technische Grundlage für ein E-Collecting-Pilotprojekt. Die Vertrauensinfrastruktur werde dem Bund voraussichtlich ab 2026, für Testzwecke schon 2025, zur Verfügung stehen. Sie ziele unter anderem darauf ab, die Ausübung der politischen Rechte verstärkt auch auf digitalem Weg zu ermöglichen.
Breite Zustimmung
Der Ruf nach E-Collecting in der Schweiz ist nicht neu. Der Bundesrat habe sich schon vor 20 Jahren dafür ausgesprochen, erinnert sich "SRF", und auch im Parlament habe es Vorstösse gegeben. Tatsächlich aber habe der Bund den Fokus auf E-Voting gelegt. Laut dem von SRF zitierten Demokratie-Aktivisten Daniel Graf warnten verschiedene Politikerinnen und Politiker in der Vergangenheit vor E-Collecting. Man habe befürchtet, dass es dadurch mehr Initiativen und Referenden gegeben hätte und somit das Parlament an Macht verlieren würde, heist es bei "SRF".
Im jetzt eingereichten Vorstoss sprechen die Unterzeichnenden dies an und schreiben: "Der Pilotversuch ist geeignet einzugrenzen, um eine allfällige politische Verzerrung oder einen übermässigen Anstieg an Initiativen und Referenden zu verhindern."
Noch haben die beiden Kammern nicht über die Motion abgestimmt. Unterstützt werde sie jedoch von fast allen Parteien, heisst es bei "SRF" – mit der Schweizerischen Volkspartei (SVP) als prominente Ausnahme.
Sowohl der National- als auch der Ständerat haben sich mittlerweile mit dem E-ID-Gesetz befasst. Beide Kammern unterstützen den Gesetzesentwurf im Grundsatz. Doch gänzlich sind sich die Räte noch nicht einig, wie Sie hier lesen können.