Studie von Interxion

Wo Schweizer Unternehmen ihre Daten horten

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von Coen Kaat

Wo speichern Schweizer Unternehmen ihre Daten und wo laufen ihre Anwendungen: On-Premise, in einer Colocation-Lösung oder in der Public Cloud? Interxion wollte Antworten und befragte dafür die IT-Entscheider von Schweizer Grossunternehmen.

(Source: Pei Lin / Fotolia.com)
(Source: Pei Lin / Fotolia.com)

Früher war IT viel einfacher. Das stimmt zwar nicht wirklich, aber zumindest konnte man früher sagen, dass die unternehmenskritischen Anwendungen und Daten immer an der gleichen Stelle waren: auf der eigenen Infrastruktur. Die Cloud änderte dies. Die heutige IT-Landschaft stellt Unternehmen vor die Wahl, wo ihre Prozesse laufen sollen. In der Public Cloud? Ausschliesslich im eigenen Rechenzentrum? Oder vielleicht über eine Colocation-Lösung?

 

Der niederländische Anbieter von Rechenzentrumsdienstleistungen Interxion ging diesen Fragen nach und veröffentlichte die Studie "Cloud-Trends 2020: Wo wohnen die Daten?". Sie soll aufzeigen, welche Infrastrukturen Unternehmen für welche Anwendungen verwenden. Interxion fragte ebenfalls nach, welche Infrastrukturen IT-Entscheider im Jahr 2020 in ihren Firmen nutzen wollen. So weist die Studie auf einige deutliche Trends hin. Für IT-Dienstleister sei es entscheidend, diese Trends rechtzeitig zu erkennen und die Weichen für die Zukunft zu stellen, schreibt Interxion in der Studie.

 

Interxion befragte europaweit fast 1800 IT-Entscheider von Firmen mit mehr als 250 Millionen Franken Jahresumsatz. 120 Befragte kommen aus der Schweiz. Interxion gab der Redaktion einen Einblick in die Studienergebnisse aus der Schweiz.

 

Die Topografie der Daten

Das Bild der IT-Landschaft von 2018 und das von 2020 unterscheidet sich deutlich:

Die IT-Landschaften von 2018 (oben) und 2020 (unten). (Source: Interxion)

 

Aktuell lagert fast die Hälfte der Unternehmen (47,7 Prozent) ihre Daten in On-Premise-Lösungen – entweder im eigenen Rechenzentrum oder in einer Private Cloud. Etwas mehr als ein Drittel (35,5 Prozent) nutzt bereits fleissig die Public Cloud. Wer eine Public Cloud nutzt, greift in der Regel auf die Dienste eines grossen Hyperscalers zurück (25,9 Prozent) statt auf die eines lokalen Anbieters (9,6 Prozent). Bis 2020 soll sich die Verteilung deutlich verändern. Bis 2020 wollen über die Hälfte der IT-Entscheider (51,4 Prozent) ihre Daten in die Public Cloud auslagern. Das Verhältnis zwischen Hyperscaler und lokalen Anbietern bleibt in etwa gleich. Der On-Premise-Anteil sinkt derweil auf 26,3 Prozent. Das ist knapp etwas mehr als die Hälfte des aktuellen Status quo.

Das Thema Colocation spielt in diesem Bereich nur eine untergeordnete Rolle. In den nächsten zwei Jahren soll der Anteil von 12 auf 17,7 Prozent steigen.

 

Die Studie geht noch mehr in die Tiefe, denn die Verschiebungen seien nicht über alle Anwendungsbereiche hinweg gleich. Die Verfasser der Studie unterscheiden darin 15 Anwendungen und bündelten diese in vier Gruppen:

  1. ERP, CRM, Supply Chain Management und Storage

  2. HR, Marketing Automation und Back-up

  3. Datenbankanwendungen und Digital Asset Management

  4. Projektmanagement, Collaboration, IT-Service-­Management, Development/Testing und Security

 

Anwendungen, die in der Nähe bleiben

In der ersten Gruppe, ERP, CRM, Supply Chain Management und Storage, findet sich die erkennbare Wanderbewegung in Richtung Cloud wieder:

ERP, CRM, Supply Chain Management und Storage. (Source: Interxion)

 

2018 ist noch bis zu drei Viertel der Datenlast im eigenen Rechenzentrum; bis 2020 soll sie sich aber schon deutlich stärker auf Colocation- und Public-Cloud-Lösungen verteilt haben. Auffällig ist jedoch, dass keine der Anwendungsbereiche an die 51,4 Prozent aus Grafik 1 herankommt. Statt die Hälfte soll 2020 lediglich ein Drittel der Anwendungen in der Public Cloud verweilen.

Interxion führt dies darauf zurück, dass es sich hierbei um geschäftsrelevante Daten handle, die nicht schnell skalieren müssten. Sicherheit und der direkte Zugriff seien aber von hohem Wert. Für Storage gilt dieses Argument am wenigsten und hier sieht man auch den deutlichsten Trend hin zur Cloud. Hier soll der Public-Cloud-Anteil in den nächsten Jahren auf 42,5 Prozent ansteigen. Allerdings zeigt der Storage-Bereich bereits jetzt einen starken Hang hin zur Cloud.

Der DACH-Vergleich zeigt, dass Schweizer Unternehmen auch eher bereit sind, in diesen Bereichen auf die Public-Cloud zu setzen – ausser wenn es um CRM-Anwendungen geht. In den übrigen Kategorien liegt die Schweiz zwischen 1 und 4 Prozentpunkten vor Österreich, die wiederum ein paar Prozentpunkte vor Deutschland liegen. In der CRM-Kategorie hat Deutschland im DACH-Raum jedoch die Nase vorn. Bis 2020 wollen 37,6 Prozent der deutschen Befragten mit dem Bereich in die Public Cloud.

 

Die Lokalisten

Die zweite Gruppe, HR, Marketing Automation und Back-up, ist bereits jetzt stark in der Public Cloud vertreten:

HR, Marketing Automation und Back-up. (Source: Interxion)

 

HR nutzen bereits 41,7 Prozent der Befragten in der Public Cloud, Marketing Automation 64,7 Prozent und Back-up 31,6 Prozent. Das rühre daher, dass es sich um Daten handle, bei denen der flexible Zugang und eine gesicherte Performance wichtig seien. Im Bereich Marketing Automation müssten die Daten zudem auch leicht externen Partnern und Dienstleistern zur Verfügung stehen. Auch beim Thema Back-up ergibt eine externe Lösung für Unternehmen Sinn.

In den nächsten Jahren werden die Zahlen daher zwar noch immer steigen, aber nicht mit derselben Deutlichkeit. In Deutschland profitieren vor allem die lokalen Public-Cloud-Anbieter von diesem Wachstum. In der Schweiz und in Österreich sollen sich 2020 jedoch lokale Anbieter und Hyperscaler mehr oder weniger die Waage halten. In der Schweiz zeigt sich gemäss Interxion sogar eher eine leichte Neigung zu den globalen Hyperscalern.

 

Die Cloud-Mischmodelle

Bei Datenbankanwendungen (kunden- wie produktbezogen) sieht Interxion nach eigenen Angaben die grösste Streuung:

Datenbankanwendungen und Digital Asset Management. (Source: Interxion)

 

In der Kategorie "Datenbank Kunde" liegen die Anteile von On-Premise, Colocation und Public Cloud etwa nur rund 10 Prozentpunkte auseinander. Die Wahl der Infrastruktur hänge auch stark von der Branche und den jeweils zu bearbeitenden Daten ab.

Im Vergleich zu den anderen Gruppen zeigt sich hier auch mehr Interesse an Colocation-Lösungen. Diese Gruppe ist die einzige, in der Colocation bis 2020 auf einen Anteil von mehr als 25 Prozent kommt – und das gleich zwei Mal.

Dasselbe gemischte Bild mit einer breiten Streuung zeigt sich auch in den übrigen Ländern der DACH-Region. Die Befragten in Deutschland sind jedoch durchweg etwas mehr bereit, ihre Anwendungen in dem Bereich in die Public Cloud zu verschieben. Die befragten IT-Entscheider in Österreich hingegen zeigen sich deutlich zögerlicher als die Schweizer.

 

Das Rechenzentrum verödet

In der letzten Gruppe zeigt sich ein ähnliches Bild wie in der Gruppe HR, Marketing Automation und Back-up. Schon jetzt sind diese ressourcenhungrigen Anwendungsbereiche mehrheitlich in die Public Cloud ausgelagert:

Projektmanagement, Collaboration, IT-Service-Management, Development/Testing und Security. (Source: Interxion)

 

 

Zum Teil sogar sehr deutlich – und auch deutlich mehr als in den übrigen DACH-Ländern. Bis 2020 werden die Anteile zwar noch weiter zunehmen, aber nicht mehr so stark wie in den anderen Gruppen. Im Collaboration-Bereich etwa steigt der Anteil nur noch um 3,2 Prozentpunkte.

Development und Testing finden bereits 2018 nur noch in 15,8 Prozent der befragten Unternehmen on-premise statt. Noch. Denn in den nächsten zwei Jahren soll der Anteil auf 6,7 Prozent fallen. Der Public-Cloud-Anteil klettert in der Zeit auf 85 Prozent – der höchste Wert in der ganzen Studie. Die Studie lässt auch den Schluss zu, dass in der Schweiz nur wenige Sicherheitsbedenken bezüglich der Cloud vorherrschen. Schliesslich gaben 60 Prozent der Befragten an, den Bereich Security bereits jetzt in die Public Cloud ausgelagert zu haben. Zum Vergleich: In Österreich liegt der Anteil bei gerade einmal 41,7 und in Deutschland bei lediglich 39,4 Prozent. Auch bis 2020 wollen die übrigen Länder in der DACH-Region nicht zur Schweiz aufholen. In den nächsten zwei Jahren wird sich die Reihenfolge jedoch leicht ändern: Von den befragten deutschen IT-Entscheidern wollen bis dahin 77,2 Prozent ihren Security-Bereich in die Public Cloud verschieben – das sind nicht einmal 2 Prozentpunkte mehr als in der Schweiz.

 

Was die Entscheider bewegt

Die Studie zeigt deutlich, dass sich die hiesige IT-Landschaft in Richtung einer Cloud-Welt bewegt. Einer Multi-Cloud-Welt. So geben etwa 60 Prozent der Befragten an, dass sie bei ihren Infrastructure-as-a-Service-Lösungen auf bis zu fünf Cloud-Provider setzen – 22,5 Prozent sogar bis zu zehn. Für Software-as-a-Service nutzen sogar 65 Prozent der Befragten die Angebote von bis zu fünf Anbietern. Und 15,8 Prozent nutzen bis zu zehn Dienstleister. Wenn es aber um Platform-as-a-Service-Dienste geht, zeigen sich die Schweizer IT-Entscheider etwas weniger willig. Eine knappe Mehrheit von über 45 Prozent nutzt lediglich einen Cloud-Provider. Fast 41 Prozent nutzen bis zu fünf.

Bei der Wahl des Betriebsmodells zeigt sich ein durchwachsenes Bild:

Die Beweggründe der IT-Entscheider. (Source: Interxion)

 

Für On-Premise-Lösungen sprechen laut Studie vor allem die Datensicherheit und dass die Unternehmen hier auf die eigene Erfahrung und Expertise zurückgreifen können. Wenn sich Unternehmen aber für Colocation- oder Public-Cloud-Lösungen entscheiden, treten plötzlich ganz andere Beweggründe in den Vordergrund. Das Argument der Expertise spielt quasi keine Rolle mehr. Nur wenige Prozent der Befragten hielten diesen Faktor noch für entscheidend.

Stattdessen drängt nun die Kostenfrage ins Zentrum der Debatte. Insbesondere wenn es um die Wahl eines Cloud-Anbieters geht, wird der Faktor Geld zum wichtigsten Argument. Fast die Hälfte der Befragten war dieser Meinung. Ob es sich dabei um einen lokalen Anbieter oder einen globalen Hyperscaler handelt, machte kaum einen Unterschied.

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