Update: Ständerat bejaht Gesetz für Justitia 4.0 – aber mit Änderungswünschen
Künftig sollen alle an einem Justizverfahren beteiligten Parteien über eine sichere Plattform Dokumente austauschen können. National- und Ständerat heissen den Vorschlag für ein entsprechendes Gesetz grundsätzlich gut, müssen sich aber noch in einigen Punkten einigen.
Update vom 16.09.2024: Nach dem Nationalrat stellt sich auch der Ständerat hinter das Gesetz zur Digitalisierung des Justizsystems. Mit 37 zu 2 Stimmen und mit 3 Enthaltungen nahm die kleine Kammer das Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) an, wie die Parlamentsdienste mitteilen.
Der Ständerat folgte damit der Empfehlung seiner vorberatenden Kommission. Auch stimmte er deren Änderungsanträgen zu. So sprach sich die Kommission etwa einstimmig dafür aus, dass die Nichterreichbarkeit einer Plattform nicht glaubhaft gemacht werden muss und die Frist in jedem Fall als eingehalten gilt, wie es in der Medienmitteilung der Kommission heisst. Dies soll gelten, sofern die betroffenen Benutzerinnen und Benutzer am letzten Tag, an dem eine Frist abläuft, die Eingabe auf Papier vornehmen und die Eingabe auf elektronischem Wege innert einer vom Gericht oder der verfahrensleitenden Behörde angesetzten angemessenen Frist nachholen. Mit dieser Änderung solle verhindert werden, dass die Verantwortung für den Nachweis, dass eine Plattform nicht erreichbar ist, bei den Parteien und Anwälten liege.
Zudem möchte der Ständerat klarstellen, dass die Körperschaft als Trägerin der zentralen Plattform weitere Dienstleistungen erbringen können soll, allerdings nur mit engem Bezug zum elektronischen Rechtsverkehr und ohne die freie Wirtschaft zu konkurrenzieren.
Weiter beantragte die Kommission, dass der interne Austausch zwischen den Justizbehörden auch über andere technisch geeignete Lösungen erfolgen könne. Aufgrund dieser Änderungen geht die Vorlage nun wieder an den Nationalrat.
Originalmeldung vom 26.09.2023:
Nationalrat unterstützt Plattform für digitalen Rechtsverkehr
Noch geht es in der Schweizer Justiz nicht ohne Papier. Doch nach dem Willen des Nationalrates könnte sich dies bald ändern. Wie die Parlamentsdienste mitteilen, nahm die grosse Kammer das Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) mit 133 zu 53 Stimmen bei 0 Enthaltungen an. Das Gesetz liefert die rechtliche Grundlage zur Schaffung einer sicheren, digitalen Plattform für den Rechtsverkehr. Alle an einem Justizverfahren beteiligten Parteien sollen künftig darüber mit den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden Daten austauschen können.
Der Bundesrat präsentierte das BEKJ im Februar 2023. Im Gesetz legte er fest, dass der Aufbau der Plattform 28 Millionen Franken kosten soll, von denen der Bund einen Viertel beisteuern würde. Für die Anwaltschaft, Gerichte oder Behörden soll der elektronische Rechtsverkehr obligatorisch werden.
Plattform wird bereits entwickelt
Der Nationalrat folgte mit seinem Votum seiner vorberatenden Kommission. Deren Sprecherin, Min Li Marti (SP/ZH), erklärte dazu: "Die Digitalisierung in der Justiz führt zu einer effizienteren Zusammenarbeit der Verfahrensbeteiligten." Kein Gehör fand die Minderheit, die vor extremen Risiken warnte. Pirmin Schwander (SVP/SZ) sprach vom Risiko eines Totalausfalls einer solchen Plattform, beispielsweise aufgrund eines Cyberangriffs.
Das Geschäft geht als nächstes in den Ständerat. Zeitgleich aber laufen die Arbeiten an einer Plattform, zu der das neue Gesetz die Rechtsgrundlage liefern soll, schon lange. Im Sommer 2022 erhielten Zühlke und Elca den Zuschlag, die Plattform namens Justitia.swiss zu entwickeln und zu betreiben. Dass die Plattform noch vor Inkrafttreten der gesetzlichen Grundlage aufgebaut wird, stiess insbesondere der Digitalen Gesellschaft sauer auf. Sie reichte Beschwerde ein, auf die das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht eintrat.
Eine digitale Plattform wie Justitia.swiss ist nur ein Teil dessen, was es zur Digitalisierung der Justiz braucht. Was sonst noch alles nötig ist, schilderte Jacques Bühler vom Schweizerischen Bundesgericht am Swiss E-Government Forum 2023. Hier finden sie den Bericht dazu.