"Das Fundament ist der persönliche Kontakt unter Spezialisten"
An dieser Stelle finden Sie immer am Freitag ein Interview mit einem wichtigen Exponenten der Schweizer ICT-Branche. Heute beantwortet Michel Bohren, Leiter der Value Division "Azlan", bei Tech Data Schweiz, Fragen zur Zukunft im Servergeschäft.
Wie muss sich der Channel aufstellen, um im Server-Business Geld zu verdienen?
Michel Bohren: Der Trend, dass der reine Handel mit Servern kaum mehr genügend Marge bringt, verschärft sich. Entweder ein Händler geht mit einem schlanken Geschäftsmodell in sehr grosse Volumina oder er spezialisiert sich auf Services und/oder Lösungen. Das Modell der sehr grossen Volumen ist vermutlich kein langlebiges. Auch die Distribution, die auf genau solchen schlanken Volumenmodellen basiert, setzt zunehmend auf Qualifikation, Services und Lösungen. Spezialisierungen können vielfältig sein. Etwa der Einbezug von horizontalen Softwarelösungen; Ausrichtung auf vertikale Industrielösungen; Betrieb von Infrastrukturen und/oder Lösungen; Bau, Unterhalt und/oder Betrieb von Rechenzentren. Diese Aufzählung ist sicher nicht abschliessend.
Wie hat sich das Servergeschäft in letzter Zeit verändert? Wie ist der Cloud-Einfluss zu spüren?
Stückzahlen gehen zurück, der Markt konsolidiert sich, Konfigurationen werden komplexer, Projekte aufwendiger. Auch wenn ich das Buzzword "Cloud" nicht mehr hören kann: Der Trend geht Richtung Rechenzentren und Bezug von ICT-Leistungen "On Demand". Heute vielleicht eher noch im Umfeld von Enterprise-Kunden, dürfte sich früher oder später die Komplexität derart verringern, dass dies auch der KMU-Markt zu spüren bekommt. Wir stellen uns darauf ein: bessere Qualifikationen, stärkere Projektbegleitung, engere Partnerschaften. Wir arbeiten mit unseren Kunden länger, intensiver zusammen und gehen in vielen Iterationsschritten im Projekt gemeinsam vorwärts.
Mit welchen Herausforderungen ist diese Entwicklung für den Channel verbunden?
Es ist eine Abkehr von einem reinen "Handelsmodell" – der "Basar" verliert an Bedeutung. Wenn der Erfolg einer Projektakquisition von gemeinsamen Anstrengungen über einen längeren Zeitraum abhängt, gewinnt die Partnerschaft an Bedeutung. Hohe Qualifikation und Vertrauen werden dann wichtiger als der Preis. Geschäftsbeziehungen werden längerfristig; das Fundament ist der persönliche Kontakt unter Spezialisten. Ich meine, das gilt auf allen Ebenen des Verkaufskanals Hersteller – Distributor – Systemintegrator – Endkunde.
Welches sind die Hardwaretrends im Serverumfeld?
Das Modell der "Engineered Systems" ist zukunftsweisend. Ich erwähne gerne das Bild des Kühlschrankes: Der Kunde sucht eine Funktion ("Kühlen") und möchte diese einfach und möglichst wartungsfrei nutzen: anschaffen, einstecken, vergessen! Dabei interessieren ihn nur wenige sogenannte "KPIs" wie Volumen, Energieklasse, Ausstattung. Genau hierhin geht der Trend auch in der IT. Der Kunde kauft einen Datenbankserver und er erwartet, dass alles vorkonfiguriert und so bestückt ist, dass er diesen einstecken, ins Netz stellen und in Betrieb nehmen kann. Anschliessend hat er damit nichts mehr zu tun. Dasselbe gilt für seinen ERP- oder seinen Office-Server. Natürlich ist das etwas vereinfacht dargestellt, aber die Philosophie dahinter ist wichtig: easy to use und lowcost ICT! Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die übergeordnete Komplexität zunimmt. Anschaffung und Inbetriebnahme eines Servers wird sehr einfach, Design, Architektur, Bestückung und Betrieb von Rechenzentren allerdings ist hochkomplex. Es wird also eine noch stärkere Differenzierung in einfaches, transaktionsorientiertes Geschäft und hochkomplexes Projektgeschäft geben.
Wie sind die Geschäftsaussichten im Server-Business?
Im Projektgeschäft wird es weniger Anbieter geben, die meines Erachtens gute Aussichten haben. Sie werden aber auch einiges in Qualifikation investieren und – den harten Verdrängungskampf im Vorfeld überleben müssen. Und sie müssen sich auf langfristige Partnerschaften einstellen. Den Quick-Win oder das Schnäppchen wird es hier nicht mehr geben. Beim Transaktionsgeschäft könnte ich mir vorstellen, dass es spezialisierte Onlineanbieter geben wird. Vielleicht wird hier sogar die Distribution im Namen ihrer Kunden das Fulfilment abwickeln.