Michael Müller im Podium Netzwerktechnik

Lancom sagt, wo der Markt auf dem Weg zu Wi-Fi 7 steht

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von Coen Kaat

Im Januar 2024 hat die Wi-Fi Alliance offiziell mit der Zertifizierung von Geräten für ­Wi-Fi 7 begonnen. Wie weit die Adoption schon vorangeschritten ist und worauf beim Umstieg auf den neuen WLAN-Standard zu achten ist, sagt Michael Müller, Vice President Wired & Wireless LAN bei Lancom Systems.

Michael Müller, Vice President Wired & Wireless LAN bei Lancom Systems. (Source: zVg)
Michael Müller, Vice President Wired & Wireless LAN bei Lancom Systems. (Source: zVg)

Wo steht die Entwicklung von Wi-Fi 7 aktuell?

Michael Müller: Die abschliessende IEEE-802.11be-Ratifizierung wird aktuell für Ende 2024 erwartet. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass am Standard selbst noch etwas geändert wird. Wir können also davon ausgehen, dass bereits verfügbare Wi-Fi-7-Access-Points und Wi-Fi-7-fähige Endgeräte standardkonform sind. Die Tatsache, dass die Wi-Fi Alliance die Kriterien für die Wi-Fi-7-Zertifizierung bereits im Januar dieses Jahres verabschiedet hat, lässt ebenfalls darauf schliessen.

Wie weit ist die Adoption von Wi-Fi 7 in der Schweiz fortgeschritten?

Die Marktdurchdringung steht noch am Anfang. Professionelle Wi-Fi-7-Access-Points sind erst seit Kurzem verfügbar. Die Endgerätelandschaft entwickelt sich zusehends, mit dem neuen iPhone als prominentes Beispiel. Parallel dazu steigt das Interesse an Wi-Fi-7-Drei-Band-Access-Points. Wi-Fi 7 ist zudem rückwärtskompatibel zu vorherigen Standards. Investitionen in eine neue Wi-Fi-7-Installation sorgen somit für Bestandsschutz und Zukunftsfähigkeit. Wir erwarten, dass die Nachfrage im Verlauf dieses und des nächsten Jahres deutlich anzieht.

Was sind die wichtigsten technologischen Neuerungen von Wi-Fi 7 gegenüber Wi-Fi 6 für Unternehmensumgebungen?

Die grösste Praxisrelevanz hat sicher die exklusive Nutzung des 6-GHz-Bands. Anders als im 5- und 2,4-GHz-Band gibt es hier keine Beeinträchtigung durch Fremdnutzer wie Wetter- und Flugradar oder konkurrierende Technologien wie Babyfon, Mikrowelle, ESL-Kommunikation und Bluetooth. Access Points, die simultan in allen drei Bändern funken, können 50 Prozent mehr Endgeräte zeitgleich versorgen als herkömmliche Dual-Band-Geräte. Davon profitieren vor allem Szenarien mit hoher Endgerätedichte wie Messehallen, Indoor-Sportarenen, Konferenzsäle oder Konzerthallen. Wi-Fi 7 kann vorhandenes Spektrum zudem effizienter nutzen. Durch eine höhere Modulationsdichte können zum Beispiel mehr kleine Datenpakete in der gleichen Zeiteinheit übermittelt werden. Bei extrem leistungshungrigen Anwendungen kann die Nutzung des 320-MHz-Kanals im 6-GHz-Band eine spürbare Beschleunigung bringen. Anders als in den USA ist in Europa aktuell allerdings nur der untere Teil des 6-GHz-Bands für WLAN freigegeben und somit nur einer von drei möglichen Ultrabreitbandkanälen nutzbar.

Was sollte man bei der Integration von Wi-Fi 7 in bestehende IT-­Infrastrukturen beachten, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten?

Wichtig ist, die Leistungsfähigkeit der vorgeschalteten LAN-Komponenten im Blick zu behalten. Wi-Fi 7 beansprucht LAN-seitig deutlich höhere Bandbreiten als der Vorgängerstandard Wi-Fi 6. Vor allem Komponenten wie Access Switches benötigen ausreichend Port-Kapazität, damit die maximalen Übertragungsraten realisierbar werden. Wegen der damit verbundenen Uplink-Performance können auch leistungsstärkere Aggrega­tion und Core Switches notwendig sein. Im Blick sollte man auch die Verkabelung haben, da die Multi-Gigabit-Performance von Wi-Fi 7 mindestens Cat-6a-Kabel benötigt, um uneingeschränkt arbeiten zu können.

Wie schätzen Sie das Potenzial von Wi-Fi 7 in den Bereichen IoT und Industrie 4.0 ein?

Wi-Fi 7 birgt beträchtliches Potenzial, um die Anforderungen von IoT und Industrie 4.0 zu erfüllen, indem es höhere Datenraten, geringere Latenzzeiten, verbesserte Zuverlässigkeit und Energieeffizienz bietet. Dies öffnet den Weg für leistungsfähigere, sichere und effizientere betriebliche Abläufe.

 

Die Antworten auf diese und weitere Fragen haben:

  • André Drifte, Alltron: "Bestehende Verkabelungen müssten unter Umständen mit Cat.-6A-Patchkabeln ersetzt werden."
  • Aurelio ­Elsener, Studerus: "Sinnvoll ist der Einsatz von Triple-Radio-Devices, um alle drei Frequenzbänder abzudecken."
  • Antonio Lopes, AVM: "Vor der Integration sollten Unternehmen dafür sorgen, dass die gesamte Infrastruktur für die höheren Geschwindigkeiten dimensioniert ist."
  • Gregor Naef, Achermann ICT-Services: "Beim Übergang zu Wi-Fi 7 sollte sichergestellt werden, dass die bestehende Infrastruktur rückwärtskompatibel ist."
  • Hubert ­Rémond, Spie ICS: "Die Bedarfsanalyse und die Analyse der Auswirkungen einer Migration sind für eine erfolgreiche Einführung von entscheidender Bedeutung."
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