Swisscom bietet einen Überblick über Nachhaltigkeits-Software
Die Swisscom hat eine Marktübersicht über Anbieter und Lösungen aus dem Bereich der datengestützten Nachhaltigkeit erstellt. Sie soll CIOs und ESG-Managern bei der Auswahl geeigneter Tools helfen.
Die vermeintliche Kür ist dieses Jahr zur Pflicht geworden - zumindest für einige Schweizer Konzerne. Aktiengesellschaften, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und mit einer Bilanzsumme von über 20 Millionen oder einem Umsatz von über 40 Millionen Franken sind verpflichtet, eine detaillierte Berichterstattung zu Klimathemen vorzulegen. So will es die "Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange", die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist.
Um beispielsweise Treibhausgasemissionen systematisch zu erfassen, bieten sich allerlei Lösungen an. Swisscom will Unternehmen einen Überblick über die entsprechende Software-Landschaft bieten. Gemeinsam mit der deutschen IT-Beratungsfirma Atlantic Ventures erstellte der Telko nun eine Marktübersicht, die CIOs und ESG-Managern bei der Auswahl geeigneter Tools helfen soll.
242 Anbieter auf dem Radar
Der sogenannte Sustainability Software Radar (PDF) verzeichnet 242 Unternehmen, die mindestens eine Lösung im Bereich Nachhaltigkeits-Software anbieten. Von diesen 242 Firmen kommen 167 aus Europa, und davon haben 34 respektive 14 Prozent ihren Gründungssitz in der Schweiz.
Nach der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 nahm die Zahl der Neugründungen solcher Anbieter zu. Seit 2021 ist sie allerdings stark rückläufig. Den Grund dafür sieht die Swisscom in einem Rückgang an Cleantech-Investitionen.
Entwicklung der Neugründungen im Bereich Nachhaltigkeits- und Carbon-Management-Software. (Source: Screenshot Sustainability Software Radar / Swisscom)
329 verschiedene Lösungen
Die Swisscom registriert in ihrem Bericht 329 verschiedene Lösungen im Bereich Nachhaltigkeit. Bei den meisten davon (115) handelt es sich um Tools für Carbon Management & Reporting sowie fürs ESG-Management (81). Am häufigsten geht es also um Software zur Analyse des CO2-Ausstosses und für die Berichterstattung zu den Versprechen, Bemühungen und Fortschritten von Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social & Governance).
Auch Software, die ganze Lieferketten sichtbar machen und zum Risikomanagement beitragen soll, zählt die Swisscom zu den Nachhaltigkeitslösungen. Mit 61 entsprechenden Angeboten machen solche Tools knapp 19 Prozent aller registrierten Lösungen aus.
Seltener sind hingegen Tools zur Analyse des CO2-Fussabdrucks von Cloud-Diensten. Die Swisscom hat nur 8 solcher Tools auf dem Radar.
Anzahl an Nachhaltigkeits-Tools nach Lösungskategorien. (Source: Screenshot Sustainability Software Radar / Swisscom)
To-dos für die IT-Abteilungen
Bei der Auswahl und Einführung von Nachhaltigkeitslösungen kommen den IT-Abteilungen und ihren Partnern gemäss Swisscom folgende Aufgaben zu:
- Unterstützung der Nachhaltigkeitsabteilung beim Scoping der Einsatzszenarien und Anforderungen an die zukünftige Software sowie Ausgestaltung von RFPs
- Produktevaluierung und Herstellerauswahl in Absprache mit den relevanten Abteilungen und deren Anforderungen
- Definition einer Lösungsarchitektur und Systemintegration der Nachhaltigkeitssoftware in die bestehende IT- und Datenlandschaft
- Evaluierung und Einbindung individueller beziehungsweise branchenbezogener Emissionsfaktoren in das Nachhaltigkeits-Reporting
- Onboarding und Support der internen und externen Nutzer
- Automatisierung und Standardisierung von Datenakquise, Aggregation und Reporting auf Basis der eingeführten Software sowie zusätzlicher Tools und AI
- Customizing von Dashboards und Bereitstellung von Analytics-Funktionalitäten für verschiedene Anwendergruppen (Finanzen, Einkauf, Produktion)
Darüber hinaus könne die Unternehmens-IT auch die Rolle des Innovators übernehmen, schreibt die Swisscom. IT-Entscheiderinnen und -Entscheider könnten demnach folgende strategische Initiativen starten und vorantreiben:
- Aufbau eines "ESG Data Lakes" beziehungsweise "ESG Data Warehouse", um alle relevanten Nachhaltigkeitsdaten zentral zu verwalten und über standardisierte APIs und ein einheitliches Datenmodell bereitzustellen.
- Integration von operativen und transaktionalen Daten aus IoT- oder ERP-Systemen, um genauere Berechnungen des CO2-Fussabdrucks nach dem "Activity based Approach" zu ermöglichen.
- Konzeption und Etablierung von "Green Twins", um für komplexe Produkte und Anlagen alle relevanten Nachhaltigkeitsdaten zu bündeln und damit automatisierte Berechnungen und Simulationen des Product Carbon Footprint zu ermöglichen.
Übrigens: Das Stichwort Nachhaltigkeit ist auch in der digitalen Welt oftmals nichts weiter als ein Feigenblatt. Wie Technologien tatsächlich zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können und wie man echte Nachhaltigkeitsziele von Greenwashing unterscheiden kann, erklären Matthias Stürmer und Rika Koch von der Berner Fachhochschule im Interview.