Vis-à-Vis – Wilhelm Petersmann, Fujitsu Schweiz

"Wir wollen in der Schweiz 190 Millionen Franken Umsatz machen"

Uhr | Updated
von Marc Landis

Wilhelm Petersmann ist seit Juni Managing Director der Schweizer Fujitsu-Niederlassung. Er folgte auf Manuel Gutierrez, der in eine Europafunktion aufgestiegen ist. Im Gespräch erklärt Petersmann, was er mit Fujitsu in der Schweiz vorhat und wie er dem Unternehmen zur mehr Beachtung verhelfen will.

Wilhelm Petersmann ist Managing Director der Schweizer Fujitsu-Niederlassung.
Wilhelm Petersmann ist Managing Director der Schweizer Fujitsu-Niederlassung.

Herr Petersmann, Sie haben im November 2011 den Business-Analytics-Software-Anbieter SAS Schweiz etwas überstürzt verlassen. Warum?

Wilhelm Petersmann: Als ich bei SAS anfing, war das Unternehmen als Technologie- Tool-Verkäufer positioniert. Meine Aufgabe war es, SAS zum Lösungsanbieter umzuformen. Ich habe also das Unternehmen reorganisiert und auf ein neues Level gehoben. Ich war fünfeinhalb Jahre dort und habe in dieser Zeit die Firma auf Wachstumskurs gebracht. In der Zeit bei SAS wurden Neuverkäufe substanziell. Im Herbst des letztes Jahres entschloss sich die SAS-Konzernleitung, die Schweiz führungstechnisch in der DACH-Region anzusiedeln. Dieser Schritt bedeutete, dass sehr viel Entscheidungskompetenz aus der Schweiz abgezogen wurde. Meine Tätigkeit hätte sich mehr und mehr in einer Matrix abgespielt. Aber ich bin nicht der Typ "Verwalter", sondern "Unternehmer". Um etwas bewegen zu können, brauche ich unternehmerische Freiheiten. Deshalb entschieden das Unternehmen und ich, getrennte Wege zu gehen. Die Firma SAS war ein guter Arbeitgeber mit einem guten Portfolio.

Was macht Manuel Gutierrez, Ihr Vorgänger bei Fujitsu, jetzt?

Wir sind seit dem 1. April mit Deutschland und Österreich in der DACH-Region organisiert. Manuels Aufgabe ist es, Synergien zwischen den Ländergesellschaften zu identifizieren und herzustellen. In seiner neuen Funktion rapportiert er direkt an den DACH-Chef Marcel Schneider, der auch mein Chef ist.

Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe?

Die unternehmerische Freiheit, wieder etwas zu bewegen. Fujitsu ist eine Firma mit viel Potenzial. Wir wollen das Unternehmen in der Schweiz – weg vom Hardwareverkäufer – als Lösungsanbieter positionieren. Wir müssen und wir werden wachsen. Das zu schaffen ist meine Motivation.

Was konnten Sie in ihren ersten 100 Tagen als Chef von Fujitsu Schweiz schon bewegen?

Wir hatten im August einen Rekordumsatz. Es war der beste Monat seit mehr als einem Jahr.

Wie ist das denn passiert?

Der Sales wurde stringent gemanagt. So konnten wir verschiedene Deals abschliessen.

Also sind Sie der richtige Mann für den Job?

Ja, sonst wäre ich ja nicht angetreten. Ich habe früher nie Hardware verkauft, sondern komme aus dem Lösungsgeschäft. Aber ich wäre nicht bei dieser Firma, wenn sie sich nicht in Richtung Services-Geschäft entwickeln würde. Lassen Sie mich das hervorheben: Fujitsu macht von seinen rund 55 Milliarden US-Dollar Umsatz «nur» zirka 13 Milliarden Dollar mit Hardware. 36 Milliarden kommen aus dem Geschäft mit Managed Services und Solutions. So eine Verteilung wollen wir auch in der Schweiz. Dafür müssen wir aber im Services-Geschäft stark wachsen. Das ist auch möglich.

Wie viel Umsatz macht Fujitsu heute in der Schweiz?

Wir haben Potenzial nach oben.

Wie viel Umsatz wollen Sie erreichen?

Ich sage es mal so: In Deutschland macht Fujitsu etwa 1,9 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr. Der Schweizer Markt ist etwa ein Zehntel so gross wie der deutsche. Da wollen wir hin.

Und wie lange geben Sie sich Zeit, 190 Millionen US-Dollar beziehungsweise Franken Jahresumsatz zu erreichen?

Das ist eine gute Frage. Ich meine, wir schaffen das in 18 bis 24 Monaten, spätestens bis 2015.

Wie wollen Sie das anstellen?

Mit den richtigen Leuten. Wir müssen Experten in unsere Teams holen, die auf den Lösungsverkauf spezialisiert sind. Diese rekrutieren wir zurzeit. Zudem braucht das Unternehmen den richtigen Fokus.

Was meinen Sie damit?

Ich meine damit mehr Fokus auf gewisse Kundensegmente. Wir werden uns auf gros se und mittelgrosse Unternehmen konzentrieren, insbesondere auf solche, die ihren Hauptsitz in der Schweiz haben, aber international tätig sind. Wir wollen zudem Unternehmen identifizieren, die in Europa und/oder Asien wachsen wollen. In Asien und in Europa hat Fujitsu eine sehr gute Abdeckung.

Aber solche Geschäfte machen Sie vor allem direkt, ohne den Channel. Wie sieht es mit dem indirekten Verkauf aus?

Unsere Channelpartner spielen eine zentrale Rolle, und ich habe kein Interesse daran, mit diesen zu konkurrieren. Wann immer ein Partner in einen Deal involviert ist, beziehungsweise bei einem Kunden bereits etabliert ist, werden wir den Deal gemeinsam mit dem Partner abwickeln. Unser Commitment für den Channel ist also ungebrochen. Eine andere Sache ist es, wenn der Kunde ausdrücklich wünscht, direkt mit uns zu arbeiten und es sich bei ihm um einen strategischen Kunden für Fujitsu handelt.

Wo sehen Sie Baustellen bei Fujitsu Schweiz?

Ich sehe Potenzial bei der Nutzung von Synergien zwischen den Divisionen. Es gibt ja Spezialisierungen bei Fujitsu nach strategischen Geschäftsfeldern: Hardware, Workstations, Mobile, Server/Storage, Managed Services, Maintenance, Solution und Service Business Group etc. Diese Spezialisierungen sind wichtig. Allerdings müssen wir, gerade Schlüsselkunden gegenüber, viel mehr wie aus einem Guss auftreten und die Angebote der verschiedenen Divisionen nicht isoliert, sondern als komplette Gesamtlösung präsentieren.

Kürzlich hat mich ein IT-Fachhändler gefragt: Fujitsu, gibt es die in der Schweiz immer noch? Was sagen Sie dazu?

Fujitsu ist – noch – ein gut gehütetes Geheimnis. Seit dem Ausstieg aus dem Consumer- Business vor etwa drei Jahren leiden wir unter mangelnder Brand Awareness. Klar war es richtig, sich auf das B2B-Umfeld zu konzentrieren. Allerdings wurde es versäumt, die nötigen flankierenden Marketingmassnahmen zu treffen, um bei Kunden dauerhaft im Gedächtnis zu sein. Fujitsu ist ein Super-Engineering-Unternehmen, aber wir arbeiten noch an der Verbesserung des Marketings.

Was tun Sie konkret?

Ein erster Schritt ist, dass wir mit Geräten wieder in Fachmärkten und vereinzelt im Konsumentenbereich präsent sind. Media-Markt vertreibt seit September zum Beispiel das neue Fujitsu Lifebook U772, ein Ultrabook. Zudem stärken wir die Brand Awareness auf C-Level bei CIOs, CFOs aber auch eine Stufe darunter bei den Chief Architects oder Chief Technology Officers. Dafür machen wir auch die entsprechenden Veranstaltungen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel das Fujitsu Forum, das am 7./8. November in München über die Bühne geht. Neben Sapphire von SAP ist das übrigens die zweitgrösste IT-Hausmesse Europas. Dorthin laden wir auch C-Levels ein, die an einem Tag durch ein vielfältiges Programm geführt werden.

Und Ihre Channelpartner können auch kommen?

Natürlich. Für sie gibt es ein zweitägiges Programm inklusive Reise und Übernachtung und, wenn gewünscht, eine Werksbesichtigung in Augsburg.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Fujitsu und dem Channel?

Wir haben in unserer Schweizer Niederlassung doppelt so viele Channelbetreuer wie Direct Sales. Martin Nussbaumer weiss als Verantwortlicher für das Channel-Business auch um die Wichtigkeit seiner Aufgabe und hat den klaren Auftrag, die Partnerlandschaft weiterzuentwickeln und die Partner zu enablen. Natürlich gibt es bei Fujitsu auch die üblichen Zertifizierungen und Schulungen – die bei uns aber, im Gegensatz zu anderen Unternehmen, kostenlos sind. Zwei bis drei Mal im Jahr laden wir zu Informations- und Schulungsveranstaltungen ein. Wir unterstützen unsere Partner durch ein einzigartiges Lead-Generation-Programm. Dazu arbeiten wir mit einem Callcenter zusammen, das im Schweizer Markt für Schweizer Channelpartner Leads generiert und diese an die Partner weitergibt. Ich kenne kein anderes Unternehmen aus unserem Business, das das für seine Partner macht.

Honorieren Sie auch die Erfolge Ihrer Channelpartner?

Wir vergeben jedes Jahr in jeder Partnerkategorie dem Partner mit dem grössten Umsatzwachstum einen Award. Zudem gibt es eine Auszeichnung für den Partner of the Year. Die Awards für das jeweils grösste Umsatzwachstum in ihrer Kategorie gingen dieses Jahr an Partner PCetera Informatik, Select Partner Swiss IT Solution Group und Select Expert Partner BSR & Partner AG. Partner of the Year wurde Phinex Informatik.

Wie schätzen Sie die mittelfristige Entwicklung im Schweizer IT-Markt ein?

Es wird ein starkes Wachstum bei den Managed Services geben. Der Trend lautet Infrastructure- as&Service. Viele Unternehmen werden die Infrastrukturhoheit an externe Provider abgeben. Am besten natürlich an uns. Wir können komplexe Umgebungen gut "as&Service" managen. Das haben wir bewiesen, und unsere Kundenreferenzen geben uns Recht. Fujitsu wird immer weniger Hardware direkt verkaufen, dafür immer mehr eingebettet in einem Service. Das ist unser Wachstumsfeld. Und diesen Weg werden wir gemeinsam mit unseren Partnern gehen und sie dabei unterstützen, mit uns zu wachsen.

Persönlich

Wilhelm Petersmann ist 53 Jahre alt und war vor seinem Wechsel zu Fujitsu Technology Solutions Schweiz über fünf Jahre als Geschäftsführer beim Business- Intelligence-Spezialisten SAS tätig. Frühere Stationen waren der Systemintegrator CSC, wo er als Commercial Director die Bereiche Verkauf, Marketing, Kommunikation und Partnermanagement leitete, und SAP Schweiz, wo er als Director Professional Services, Support, Customer Care und Mitglied der Geschäftsleitung tätig war. Petersmann ist verheiratet und hat zwei Kinder. In seiner Freizeit kocht er gern, spielt Golf und läuft Ski.

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