"Die Partner sollen wissen, dass wir es ernst mit ihnen meinen"
Stefano Camuso ist seit Januar Country Manager von EMC in der Schweiz. Er folgte auf Jacques Boschung, der in eine Europaposition aufgestiegen war. Zuoberst auf der Prioritätenliste steht für Camuso, dass er mit EMC in der Schweiz die Transition vom Blechverkäufer zum Lösungsanbieter schafft. Wie er das anstellen will, erklärt er im Gespräch.
Wie ist es Ihnen seit Ihrem Amtsantritt als Country Manager von EMC Schweiz ergangen?
Stefano Camuso: Ich hatte einen guten Start in meiner neuen Rolle und wurde vom Team, von den anderen Mitarbeitern und von den Kunden gleichermassen willkommen geheissen. Man kannte mich ja bereits. Ich bin seit rund zehn Jahren bei EMC. Erst war ich zwei Jahre lang als externer Berater und Projektleiter für EMC tätig, und seit neun Jahren bin ich direkt beim Unternehmen angestellt. Zudem ist mein Chef immer noch der gleiche wie vorher, jetzt einfach auf einer anderen Stufe. Ich erlebe das alles sehr positiv.
Das klingt sehr nett. Hat es denn nirgends geharzt?
Es gab natürlich schon einige Herausforderungen, nachdem bekannt geworden war, dass ich die Funktion des Country Managers übernehme. Ich trat meine neue Stelle im Januar an, und für einen Boxenstopp hatten wir keine Zeit. Wichtige Stellen, unter anderem meine Nachfolge als Verkaufsdirektor, waren noch nicht neu besetzt, und dennoch mussten wir die Quartalsziele erreichen. So haben wir sozusagen während des Rennens und während der Fahrt die Räder am Auto gewechselt. Es waren intensive drei Monate.
Sie arbeiten nun seit rund zehn Jahren für EMC. Wurde Ihnen nie langweilig?
Nein. Die ganze IT hat sich in den vergangenen Jahren ja stark gewandelt. Und durch die technologische Entwicklung veränderte sich auch EMC. Zudem ist das Unternehmen kontinuierlich organisch und auch durch substanzielle Zukäufe gewachsen. Das führte immer wieder zu Veränderungen in der Organisation, da es kreative Energien freisetzt und das Potenzial der Mitarbeitenden ausschöpft. Obwohl EMC mit rund 60'000 Mitarbeitenden weltweit ein grosses Unternehmen ist, gibt es noch immer viel Freiraum für persönliche Entwicklung und Entfaltung.
Was war Ihre wichtigste Aufgabe, nachdem Sie die Verantwortung für die Schweiz übernommen hatten?
Für mich war in erster Linie die Kontinuität wichtig. In den Bereichen, in denen wir gut aufgestellt sind – der Erfolg der letzten Jahre zeigt das –, mussten wir kurzfristig nichts ändern. Es galt für mich daher zuerst, die Neubesetzung der Geschäftsleitung sicherzustellen. Ich bin froh, hier fähige und starke Persönlichkeiten für diese Herausforderungen gewonnen zu haben. Zudem werden wir die Organisation laufend den Marktanforderungen und -gegebenheiten anpassen. Die neue Geschäftsleitung ist nun auch langsam eingeschliffen, und wir waren gerade alle zusammen in Klausur, um zu erarbeiten, wo wir hinwollen und wie und mit welchen Mitteln wir dort hin gelangen wollen.
Worum geht es denn konkret?
Unter anderem geht es darum, stärker im Lösungsgeschäft zu agieren, den Softwarefokus weiter zu stärken und EMC und ihre Partner als "trusted" Partner im Bereich Cloud weiter zu verankern.
Also weg vom Blech-Denken hin zum As-a-Service-Denken?
Ja, genau. Pay as you go, pay as you use. Das hat einen immer grösseren Einfluss auf unser Geschäft. Aus diesem Grund werden wir unseren Fokus auf die Serviceprovider und Systemintegratoren weiter verstärken. Um in diesen Bereichen – Lösungsgeschäft, As-a-Service – erfolgreich zu sein, muss sich EMC als Firma vom Portfolio, vom Marktauftritt etc. und von den Mitarbeitern her wandeln. Es ist eine Veränderung im Denkprozess bei allen Mitarbeitern nötig. Ich gehe davon aus, dass den meisten unserer Mitarbeitenden diese Veränderung im Mindset gelingen wird. Andere werden sich beruflich verändern wollen.
Wie sind Sie mit dem Geschäftsgang von EMC im ersten Halbjahr in der Schweiz zufrieden?
Wir haben im ersten Quartal unsere Ziele erreicht, damit bin ich sehr zufrieden. Das KMU-Segment hat sich weiter über unseren hochgesteckten Erwartungen entwickelt, und das Geschäft mit den grösseren Schweizer Kunden hat sich gut weiterentwickelt, was gewisse Projektverzögerung mit stark global agierenden Kunden mehr als wettgemacht hat. Schon im ersten Quartal generierten wir etwa zehn Prozent unseres Umsatzes mit Vblocks, und das wird noch zunehmen.
Und wie lief oder läuft es im zweiten Quartal?
Wir sind jetzt gerade im Endspurt und wir gehen davon aus, dass wir unsere Ziele erreichen, wenn nicht sogar übertreffen.
Was werden 2013 die Highlights für EMC sein?
Anfang des zweiten Halbjahrs, also jetzt dann, werden wir weitere neue KMU-Produkte lancieren. Insbesondere die neuen kleinen VCE-Vblocks, die gerade auf den Markt gekommen sind, werden dazu beitragen, dass unsere Partner noch mehr aus einem Guss heraus agieren können und auch kleinen und mittleren Unternehmen passende und preislich attraktive Gesamtlösungen mit Servern, Netzwerk, Speicher und Software anbieten können. Zudem werden wir uns im Geschäft mit Serviceprovidern und Rechenzentren-Betreibern sehr stark in Richtung Software-defined Datacenter entwickeln.
Das ist doch wieder nur so ein neues Schlagwort …
Nein, ist es nicht. Wir haben heute schon Teststellungen (Proof of Concepts) bei Kunden im Einsatz, damit Kunden die Möglichkeiten, die die neue Technologie erbringt, im eigenen Umfeld erleben können. Ein Teil davon ist etwa die Software-defined-Storage-Plattform Vipr, die wir an der EMC World in Las Vegas lanciert haben. Im zweiten Halbjahr werden dann auch die entsprechenden Produkte für das Software-defined Datacenter lanciert.
Was versprechen Sie sich von den neuen, an der EMC World in Las Vegas lancierten EMC-Produkten?
Wir können etwa mit der Software-defined-Storage-Story rund um Vipr die Diskussion ein Level in die Höhe schrauben. Mit Vipr können wir neu auch heterogene Speicherlandschaften einfach und effizient managen. So können wir mit sehr viel mehr Kunden sprechen als früher. Denn wir kommen nun als Lösungsanbieter ins Spiel, die Kunden müssen sich nicht für die eine oder andere Storage-Plattform entscheiden. Das eröffnet den Kunden, unseren Partnern und uns neue Möglichkeiten. Wenn ich mit CIOs und anderen Managementvertretern spreche, so sind viele von diesem Ansatz überzeugt. VMware hat es mit der Virtualisierung von Servern schon vorgemacht. Nun weitere "Blech"-Komponenten zu virtualisieren, wie Speicher und andere Infrastrukturbereiche, ist einfach der unvermeidlich nächste Schritt, damit die Unternehmens-IT skalieren kann und sich agiler betreiben lässt.
Was bereitet Ihnen Sorgen?
Es ist eine Herausforderung, dass wir die Transition vom Infrastrukturprovider zum Lösungsanbieter schaffen. Wir müssen es auch schaffen, unser Image entsprechend zu beeinflussen. Auch deshalb sind die Partner für uns zentral. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit den Partnern zusammen hier erfolgreich sein werden. Auch die Kundenanforderungen ändern sich. Die Kunden und ihre IT sind dabei, den Weg in die "neue IT" anzugehen und Themen wie Cloud, nutzenbasierte IT im Sinne von Pay as you go, Pay as you grow in Angriff zu nehmen. Zusammen mit unseren Partnern ist EMC bestens aufgestellt, um den Kunden hier ein verlässlicher Partner zu sein. Damit dies gelingt, benötigen wir auch weitere Mitarbeiter, die das Lösungsgeschäft sehr gut verstehen. Gerade im Verkauf ist es eine Herausforderung, diese Mitarbeiter zu finden.
Kommt der Druck, Lösungen statt Blech zu verkaufen, eigentlich von den Kunden?
Ja, ganz klar. Wir wissen, dass heutzutage mehr als 50 Prozent der IT-Ausgaben ausserhalb der IT-Abteilung angestossen werden, etwa im Marketing oder im Sales. Das bedeutet, dass wir nun vermehrt auf Ansprechpartner treffen, die nicht in der IT sind, etwa Marketingverantwortliche und Verkaufsleiter, und dort müssen wir Geschäftsanforderungen adressieren können. Eine Diskussion über Infrastrukturlösungen wäre hier nicht zielführend.
Wie wollen Sie diese Transition schaffen?
Ich habe keine Zweifel, dass wir in der Lage sind, die richtigen Lösungen zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt zu bringen. Wir haben lange genug bewiesen, dass wir das können. In die Ausbildung unserer Mitarbeiter haben wir auch bereits investiert und werden weiter investieren. Zudem müssen wir und unsere Partner uns noch stärker mit den Geschäftsanforderungen unserer Kunden auseinandersetzen. Verbrauchsabhängige, sehr flexible Modelle ("Consumption based economics") werden einen starken Einfluss auf die Zusammenarbeit mit unseren Kunden haben. Um hier den Kunden geeignete Modelle zur Verfügung stellen zu können, arbeiten wir, wie bereits erwähnt, sehr stark mit Serviceprovidern zusammen und haben auch speziell auf sie abgestimmte Partnermodelle. Denn Serviceprovider decken einen Teil der Wertschöpfungskette bereits ab. Es ist deshalb auch nicht weiter verwunderlich, dass viele Telkos stark im Outsourcing, stark beim Anbieten von Managed Services geworden sind. Denn Telekommunikationsleistungen werden schon lange als nutzenbasierte Modelle angeboten und abgerechnet. Die klassischen Outsourcer von "damals" tun sich mit dem Wechsel zu diesem neuen Businessmodell tendenziell etwas schwerer.
Wie wichtig ist das Partnergeschäft für EMC?
Sehr wichtig. Vor zwei Jahren hatte das indirekte Geschäft erst etwa 28 Prozent Anteil an unserem Umsatz. In den letzten drei Quartalen bewegten wir uns bereits um rund 60 Prozent. Wir sind auf dem richtigen Weg. Das Ziel ist 75 Prozent unseres Umsatzes via Partner zu generieren.
Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Mit echten Partnergeschäften, und mit echtem Partner-Enablement. Früher haben wir viele Geschäfte einfach über einen Partner abgewickelt. Darin sehe ich keinen Mehrwert für die Kunden, und ich bin kein Fan davon. Darunter hat meiner Meinung nach in der Vergangenheit auch der Ruf der Partner-Landschaft gelitten.
Warum sollten Reseller und Systemintegratoren mit EMC zusammenarbeiten?
EMC bietet den Partnern ein enormes Geschäftspotenzial. Wir bewegen uns in einem Markt, der nicht schon durch eine Vielzahl an Partner besetzt ist. Für EMC-Partner ist es ein Vorteil, dass wir in gewissen Channelentwicklungen etwas später dran sind. Es gibt immer noch viel Direktgeschäft, das wir nun indirekt machen werden. Wenn wir mit Kunden sprechen, versuchen wir ihnen auch den möglichen Mehrwert eines Partners aufzuzeigen. In vielen Fällen hat der Kunde klare Vorteile, das Projekt mit einem Integrationspartner von EMC abzuwickeln. Mit unseren Partnern prüfen wir auch, bei welchen Kunden wir durch ein gemeinsames Auftreten unseren Wert für den Kunden weiter steigern können. So gibt es eine runde Geschichte für den Kunden und wenn wir das gezielt tun, dann wird es zu einer Win-Win-Win-Lösung für Kunden, Partner und EMC.
Was ist Ihre Message an den Channel?
Das Wichtigste ist, dass Partner offen sind für Neues und auch uns als EMC jeden Tag neu herausfordern. Sie sollen uns auch den Spiegel vorhalten, sollten wir uns nicht so verhalten, wie sie es erwartet oder wie wir es versprochen haben. Meine Hoffnung ist, dass die Partner uns die Chance geben, damit wir beweisen können, dass wir es ernst mit ihnen meinen.