Interview mit Sandra Weidmann, Programmleiterin, Swiss TecLadies

Wie Swiss TecLadies junge Frauen für die IT begeistert

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von Lia Perbo

Der Schweizer ICT-Branche mangelt es an weiblichen Fachkräften. Um dies zu ändern, hat die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) ein nationales Förderprogramm für junge Frauen ins Leben gerufen. Wie wichtig eine frühe Förderung von Frauen ist, erklärt Sandra Weidmann, Programmleiterin der Swiss TecLadies.

Sandra Weidmann, Programmleiterin, Swiss TecLadies. (Source: zVg)
Sandra Weidmann, Programmleiterin, Swiss TecLadies. (Source: zVg)

Angesichts des akuten Fachkräftemangels in der IT-Branche, glauben Sie, dass wir ausreichend Fortschritte bei der Förderung von Frauen machen?

Sandra Weidmann: 2030 werden voraussichtlich knapp 40 000 Spezialistinnen und Spezialisten auf dem ICT-Arbeitsmarkt fehlen. Heute studieren beziehungsweise erlernen nur 10 bis 15 Prozent der jungen Frauen einen technischen Beruf. Wir wissen, dass unsere Anstrengungen noch nicht reichen. Die Nachwuchsförderprogramme der SATW wie etwa die TecDays, das Jugendmagazin «Technoscope», die Nachwuchstagung für Lehrpersonen und Berufsberater- und beraterinnen, die Datenbank Educamint und das Workshop-Format GO4IT tragen dazu bei, dass Jugendliche Zugang zu spannenden Workshops und Programmen haben und Lehrpersonen und das familiäre Umfeld gleichzeitig sensibilisiert und einbezogen werden. 

Warum sind Programme wie das Swiss TecLadies Camp in der heutigen Zeit besonders wichtig?

Solange der Frauenanteil in technischen Berufen so tief ist, braucht es Formate und Programme, die insbesondere Mädchen ansprechen. Das Mobilisierungspotenzial in Bezug auf den Fachkräftemangel in Informatik und Technik ist bei Frauen riesig. 

Ein Besuch beim SwissTec Ladies Camp in Chur. (Source: Netzmedien

Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, bereits Mädchen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren für IT und Technik zu begeistern? 

Grundsätzlich ist kein Alter zu jung, um Mädchen für IT und Technik zu begeistern. Ab 12 Jahren oder ab Übertritt in die Sekundarschulstufe wird die Studien- oder Berufswahl thematisiert. Gleichzeitig sind Teenager sensibel, der «Gruppendruck» steigt. Mut und Standhaftigkeit sind ­gefragt. Da setzen die Swiss TecLadies an, wir bauen Stereotypen ab und fördern Eigenständigkeit und Selbst­vertrauen der jungen Frauen.

Wie bewerten Sie den Erfolg Ihres Programms, und welche Messkriterien nutzen Sie dafür? 

Nach Abschluss des ersten Mentoring-Programms 2019 haben wir das Swiss TecLadies Network, die Alumnae Organisation, gegründet. Inzwischen sind wir in allen Landesteilen der Schweiz dreisprachig vertreten und haben über 500 Berufsfrauen, Studentinnen und ehemalige Mentees im Netzwerk. Wir rekrutieren unsere Mentorinnen hauptsächlich aus diesem Netzwerk und engagieren die Mitglieder für die Unterstützung unserer Programme, als Begleitpersonen für das Camp, als Referentinnen und Expertinnen. Alle bisherigen Mentoring-Programme wurden evaluiert, teilweise begleitet durch die Universität Lausanne. Um noch genauere Resultate über die Wirkung und Nachhaltigkeit des Programms zu erhalten, werden die nächsten Durchführungen durch die KOF (Konjunkturforschungsstelle der ETH) begleitet und ausgewertet. Danach werden wir auch wissen, welche Studiengänge oder Berufsausbildungen die jungen Frauen gewählt haben.

Gibt es konkrete Beispiele von Teilnehmerinnen, die durch das Programm entscheidende Fortschritte gemacht haben? 

Wir haben mehrere ehemalige Mentees, welche heute einen technischen Studiengang belegen oder eine technische Berufslehre absolvieren. Eine ehemalige Mentee aus der Romandie war bereits in der Ausbildung zur Winzerin, als sie ins Mentoring-Programm aufgenommen wurde. Ihre Mentorin hat sie unterstützt und motiviert, ihren Traum vom Fliegen zu verwirklichen. Sie hat inzwischen die SPHAIR-Prüfung, eine mehrstufige Eignungsabklärung, bestanden mit dem Ziel, Militärpilotin zu werden.

 

Der Frauenanteil in der ICT-Branche bewegt sich seit Jahren auf tiefem Niveau. Das verschärft nicht nur den Mangel an ­qualifizierten Fachkräften, sondern hat auch Auswirkungen auf die Art, wie IT-Systeme entwickelt werden. Warum der ­Wandel nur langsam fortschreitet und was Firmen tun können, erfahren Sie hier im Hintergrundbericht "Wieso die ICT-Branche ohne Frauen auf der Strecke bleibt".

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