Vis-à-vis Kris Coussens

Wie der neue Schweiz-Chef NTTs Managed-Services-Geschäft ankurbeln will

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von Coen Kaat

Seit August 2022 leitet Kris Coussens die Geschäfte von NTT Ltd. in der Schweiz. Nachdem er bereits in Belgien und zuvor für IBM ein Managed-Services-Geschäft aufgebaut hat, will er nun dasselbe in der Schweiz tun. Im Interview sagt er, wie er dies erreichen will, wie der Merger mit NTT Data voranschreitet und wie er von der Kriminologie zur IT wechselte.

Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT. (Source: zVg)
Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT. (Source: zVg)

Wie landet jemand mit einem Master-Titel in Kriminologie in der IT-Branche?

Kris Coussens: Ich begann mit dem Studium, weil ich wissen wollte, was die Kriminellen tun und was sie antreibt. Schon während des Studiums realisierte ich, dass mich das Organisieren und Leiten von Personen sehr viel mehr interessierte als mein eigentliches Studienfach. Nachdem ich mein Studium abgeschlossen hatte, machte ich noch einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. Und es war dieser zweite Abschluss, der mir den Weg in die IT ebnete. Vielleicht ist diese Antwort nicht so sexy, aber so war es (lacht).

Konnten Sie aus der Kriminologie irgendetwas mitnehmen, das Ihnen heute beim Führen einer IT-Firma hilft?

In unserer Branche nutzen wir schwierige Begriffe für komplizierte Technologien. Aber am Ende des Tages geht es immer um Menschen. Es geht darum, zu verstehen, was die Kunden wollen. Zu verstehen, wie die eigenen Lösungen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eines Unternehmens abdecken. Und wie man mit Menschen umgeht, habe ich definitiv während des Kriminologie-Studiums gelernt.

Wie kamen Sie zu NTT?

Nach meinem Studium hatte ich zunächst eine lange Karriere bei IBM. Fast 14 Jahre lang war ich in verschiedenen Funktionen und Bereichen für den Konzern tätig – von Inside Sales über Sales Management bis hin zu Managed Services. In dieser Zeit sammelte ich bereits erste Felderfahrung im Ausland. Ich lebte zwei Jahre in Prag, um dort eine Managed-Services-Division aufzubauen. 2016 – zurück in Belgien – kontaktierte mich Dimension Data, wie die Firma damals noch hiess. 2019 ging die NTT-Tochter ja vollständig in NTT Ltd. auf. Aufgrund meiner Erfahrung im Aufbau einer Managed-Services-Sparte für IBM sollte ich nun dasselbe für Dimension Data in Belgien tun. Als ich begann, bestand die Division aus einer kleinen Organisation, die einen Umsatz von rund 15 Millionen US-Dollar erwirtschaftete. Aber in den darauffolgenden sechs Jahren bauten wir die Managed-Services-Division zu einer Organisation aus, die etwa 250 Personen beschäftigte und rund 65 Millionen Dollar Umsatz generierte.

Es ist gut, einen Belgier als Schweiz-Chef zu haben.

Seit vergangenem Sommer leiten Sie nun die Geschäfte von NTT in der Schweiz. Wie kam es dazu?

Im Februar 2022 wurde angekündigt, dass mein Vorgänger, Franky De Smedt, das Unternehmen verlassen werde. Die Suche nach einem neuen Managing Director für die Schweiz hatte begonnen und ich zeigte mein Interesse an dieser Aufgabe. Meine Familie und ich wollten auch die Chance nutzen, wieder ins Ausland zu ziehen. Denn es ist immer eine tolle Erfahrung, ein neues Land und eine neue Kultur kennenlernen zu können. Danach entwickelte sich alles sehr schnell und im Juli 2022 trat ich die Stelle hier in der Schweiz an. Offiziell kommuniziert wurde mein Antritt im Januar dieses Jahres.

Was reizte Sie daran, die Schweizer Länderorganisation von NTT zu übernehmen?

Mich reizte die Herausforderung. In Belgien hatten wir eine sehr starke Organisation aufgebaut. Die Unternehmenslandschaft ist dort ähnlich wie die in der Schweiz: Beide Länder sind stark im KMU-Segment. Der Schweizer Markt ist aber – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – eineinhalb Mal so gross wie der belgische. Im Gegensatz zu Belgien gibt es hier nämlich auch einige wirklich sehr grosse Unternehmen wie etwa Nestlé, ABB oder Richemont. Das Potenzial ist also riesig; NTT Schweiz ist jedoch vergleichsweise klein. Die Herausforderung, dieses Marktpotenzial anzuzapfen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Ihr Vorgänger war Belgier, Sie sind Belgier. Weshalb stellt NTT gerne Belgier als Schweiz-Chefs ein?

Das sollten Sie wohl die Person fragen, die mich rekrutiert hat (lacht). Ich glaube, es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen der Schweiz und Belgien. Beides sind eher kleine Länder mit verschiedenen Sprachregionen. Belgier finden sich folglich wohl auch schnell in der Schweiz zurecht. Wir haben bereits Erfahrung im Umgang mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen innerhalb eines Landes. Deshalb ist es auch gut, einen Belgier als Schweiz-Chef zu haben (lacht). Der ehemalige Nestlé-CEO war doch auch ein Belgier ...?

Stimmt, Paul Bulcke. Er wurde 2017 von Ulf Mark Schneider abgelöst.

Und dann gibt es natürlich auch noch Dieter Vranckx, den CEO der Swiss. Ja, es gibt ein paar grosse Schweizer Firmen mit Belgiern am Steuer (lacht).

NTT soll zum Technologiepartner der Wahl für unsere Kunden werden.

Welche Richtung wird NTT hier in der Schweiz einschlagen, nun da Sie das Steuer übernommen haben?

Wie bereits gesagt: Am Ende des Tages geht es immer um Menschen. NTT Schweiz ist mit 70 Mitarbeitenden vergleichsweise klein. Ich würde zwar nicht sagen, dass wir hier unterbesetzt sind. Aber es ist klar, dass wir nicht so stark performen, wie wir könnten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass man die richtigen Personen zusammenbringt. Meine erste Priorität lag deshalb darauf, ein starkes Team zusammenzustellen. Sowohl im Sales als auch im Go-to-Marketund im Services-Bereich. Wir entschieden uns zudem, unseren Fokus auf drei Kernthemen zu schärfen: Netzwerk, Collaboration und Security. Und darauf aufbauend wollen wir Managed Services anbieten. Denn im Bereich Managed Services stehen wir in der Schweiz noch ganz am Anfang, und das muss sich ändern. Ausserdem kreierten wir ein dediziertes Team mit dem Ziel, grössere Managed-Service- Deals abzuschliessen. So wollen wir uns zum Technologiepartner der Wahl für unsere Kunden entwickeln.

Was meinen Sie genau, wenn Sie sagen, dass sich das Managed- Services-Geschäft in der Schweiz noch ganz am Anfang befindet?

Vor rund drei Jahren hat die NTT-Gruppe 28 Tochterfirmen zu NTT Ltd. zusammengelegt. Damit schuf die Gruppe verschiedene Managed-Service- Divisions, die sich auf Netzwerk, Collaboration und Security fokussieren. Allerdings schöpfte man für den Schweizer Markt diese Möglichkeiten nicht aus. Um das zu ändern, müssen wir hier in der Schweiz nun von den Möglichkeiten profitieren, die wir als Teil dieser globalen Gruppe haben, um den Kunden auch hier die Managed Services anzubieten, die sie brauchen. Dabei setzen wir auch auf unser Partnernetzwerk: Ende März lancierten wir etwa einen Managed Service für Detection & Response auf Basis von Microsoft Sentinel. Der Aufbau dieses Managed-Services-Geschäfts ist derzeit der klare Fokus in der Schweiz, ebenso wie unsere SD-WAN Managed Services, die erneut im rechten oberen Magic Quadrant von Gartner vertreten sind.

Weshalb hinkt die Schweiz hier hinterher? Mangelt es an Nachfrage aus dem Markt?

Nein, der Markt ist da. Das sieht man ja daran, dass es in dem Bereich einige Mitbewerber gibt -  auch einige lokale. Swisscom ist beispielsweise sehr stark in diesem Segment. Dass NTT Schweiz noch nicht so weit ist, liegt daran, dass wir uns einfach auf den Verkauf von ITInfrastrukturen konzentriert haben, ohne den Fokus auf Managed Services zu legen.

Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT. (Source: zVg)

Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT. (Source: zVg)

Wie wollen Sie sich mit NTT gegen diese bereits etablierten Mitbewerber behaupten?

Eventuell kommt Ihnen diese Antwort bereits bekannt vor (lacht): Am Ende des Tages geht es immer um Menschen. Man muss die richtigen Personen an Bord haben. Personen, die ein solches Angebot beim Kunden platzieren können. Denn man kann Services nicht wie gewöhnliche ITProdukte verkaufen. Will der Kunde ein Produkt, kommt er mit seinen Anforderungen zum Anbieter und dieser kann basierend darauf eine Offerte erstellen. Um Managed Services richtig anbieten zu können, muss man das Business des Kunden viel besser verstehen. Wie schnell wächst sein Geschäft? Wächst es organisch oder anorganisch? Wie sieht seine Go-To-Market-Strategie aus? Solche Fragen gilt es zu klären, um den richtigen Service für die Kunden bereitzustellen. Mit der Umstellung auf diesen neuen Ansatz waren wir hier in der Schweiz nun seit meinem Einstieg im Juli beschäftigt.

Als ich Anfang des Jahres 2020 ein Interview mit Ihrem Vorgänger, Franky De Smedt, führte, konsolidierte NTT wie erwähnt 28 Tochterunternehmen zu einem. Neues Interview, neuer Merger: Nun spreche ich mit Ihnen, kurz nachdem NTT angekündigt hat, die Auslandsgeschäfte seiner Firmen NTT Data und NTT Ltd. zusammenzulegen. Der Prozess soll in diesem Sommer abgeschlossen sein. Ist NTT noch auf Kurs?

Auf Gruppenebene arbeiten die Verantwortlichen derzeit daran, das angestrebte Betriebsmodell zu entwickeln. In der Schweiz gibt es natürlich bereits einen regen Austausch mit den Kollegen der verschiedenen NTT-Data-Unternehmen. Dabei geht es darum, wie wir zusammenarbeiten können. Die echte Integration muss aber noch erfolgen.

Wie sieht der Zeitplan für diese Integration aus?

Wann es so weit sein wird, kann ich nicht sagen. Ich glaube aber, dass der Prozess auf die japanische Art und Weise vonstattengehen wird. Hier merke ich wirklich den Unterschied zu US-amerikanischen Firmen. Wird dort eine Entscheidung gefällt, muss diese am nächsten Tag bereits umgesetzt sein. NTT hingegen motiviert zunächst die betroffenen Organisationen, miteinander ins Gespräch zu kommen, damit diese nachher einfacher zusammengeführt werden können.

Die vereinte Kraft von NTT und NTT Data wird unsere Marktposition deutlich stärken.

Was will die NTT-Gruppe mit dieser Zusammenlegung bezwecken?

Als ich noch in Belgien tätig war, arbeitete ich bereits mit verschiedenen NTT-Data-Organisationen zusammen an gemeinsamen Projekten. Denn davon profitieren am Ende alle. NTT Ltd. bildet das digitale Rückgrat für seine Kunden: Wir betreiben über 120 Rechenzentren sowie unser globales IP-Netzwerk. So können wir die digitale Infrastruktur für unsere Kunden bauen und diese verwalten – auch als Managed Service. NTT Data ist hingegen nach vertikalen Branchen organisiert. Das bedeutet, dass NTT Data seine Expertise in der Prozessoptimierung und Anwendung in den einzelnen Industriebranchen einbringen kann. Gemeinsam können wir so unseren Kunden ein echtes End-to-End-, Edge-to-the-Cloud-Angebot bieten. Damit heben wir uns von der Marktkonkurrenz ab.

Wenn man all diese Organisationen zusammenlegt, kreiert man wohl auch ein paar personelle Doppelspurigkeiten. Rechnen Sie mit Entlassungen aufgrund dieses Mergers?

Die Fähigkeiten, die all diese Organisationen innerhalb der NTT-Gruppe mitbringen, überschneiden sich kaum. Sie ergänzen sich. Die einzige Überschneidung, die ich sehe, ist im Bereich Security; aber hier mangelt es ja stets an Fachkräften.

Wie wird dieser Zusammenschluss die Partner und Kunden in der Schweiz betreffen?

Die Schweiz wird davon profitieren. Aktuell sind wir verschiedene NTT-Organisationen, aber keine ist sonderlich gross. Wenn wir aber alle vereinen, entsteht ein Unternehmen mit rund 350 Mitarbeitenden. Diese vereinte Kraft wird unsere Marktposition deutlich stärken. Und zugleich profitieren die Kunden von einem einheitlichen Angebot aus einer Hand.

Persönlich: Kris Coussens ist neuer Country Manager für die Schweiz beim IT-Dienstleister NTT. Der gebürtige Belgier und sein Team konzentrieren sich darauf, die Position NTTs vom reinen Technologielieferanten hin zum etablierten Servicepartner auszubauen und so die digitale Transformation Schweizer Unternehmen zu begleiten. Coussens Erfolgsrezept ist ein Mix aus 20 Jahren Berufserfahrung in der IT und seiner Leidenschaft für Menschen und Innovationen. (Source: NTT)

Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT, auf dem Cover der "IT-Markt"-Ausgabe Nr. 03 / 2023. (Source: NTT/Netzmedien)Kris Coussens, Country Manager Schweiz bei NTT, auf dem Cover der "IT-Markt"-Ausgabe Nr. 03 / 2023. (Source: NTT/Netzmedien)

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