Herausforderer am Archivierungsmarkt

Versity gegen IBM, Oracle und Co.

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Wenige grosse Anbieter dominieren den Markt für Archivierungslösungen. Das zumindest sagt Bruce Gilpin, CEO des US-Start-ups Versity. Gilpin will das ändern. Mit quelloffener Software und direktem Kunden-Support etwa.

Storage ist sexy, Archivierungslösungen eher nicht. Schliesslich geht es um kalte Daten. Ausserdem ist langfristige Planung gefragt. Ein System archiviert auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus die Daten eines Unternehmens.

Vielleicht gibt es auch deshalb nur wenige grosse Anbieter am Markt. Oracle etwa, IBM, HP oder Quantum. Deren Lösungen seien aber teuer, entsprächen nicht dem neuesten Stand der Entwicklung oder der Kundendienst sei katastrophal, sagt Bruce Gilpin, CEO und Co-Gründer von Versity Software. Der Grund ist klar für Gilpin.

Angriff auf die grossen Hersteller

Es sei ein geschlossener Markt, dominiert von einer kleinen Gruppe alter Anbieter. Gilpin will mit seinem Unternehmen diese Situation ändern. "Wir wollen die Archivierung einfacher machen", sagte Gilpin an einem Presseroundtable in San Francisco.

Zwischen 70 und 90 Prozent der abgelegten Daten auf dem Tier-Level 1 würden praktisch nicht genutzt. Die Daten konsumierten nur Speicherressourcen. Dieses Modell sei daher nicht nachhaltig. Das wiederum eröffne neue Geschäftsmöglichkeiten.

Gilpins Hauptprodukt ist der Versity Storage Manager (VSM), ein proprietäres Produkt mit einem Open-Source-Kern. Versity nutzt hierfür den SAM-QFS-Quellcode von Sun Microsystems unter einer CDDL-Lizenz. Diese erlaubt es Nutzern, quelloffene Software für proprietäre Lösungen zu nutzen.

Technologie von Sun

Insbesondere im Storage-/Archive-Bereich bietet Open Source laut Gilpin verschiedene Vorteile, die zumindest auf den Blick logisch erscheinen. Da quelloffene anstelle proprietärer Standards verwendet werden, können Daten auch in den nächsten Jahrzehnten gelesen werden. Das soll mit der Lesesoftware von Versity möglich sein, verspricht Gilpin.

Von Sun kommt übrigens auch Gilpins Partnerin Harriet Coverston, Co-Gründerin und Technik-Chefin bei Versity. Sie bringt Erfahrung als Software-Architektin von Sun mit und hat einen Ruf als Expertin im Silicon Valley.

POSIX und Object in einem System vereint

Einn weiteren Vorteil seiner Technologie sieht Gilpin darin, dass diese eine reine Software-Lösung sei. Als Speicher könnten Kunden Commodity Hardware oder Cloud-Angebote nutzen. Die Software von Versity speichert Daten über alle Storage-Tier-Level von schnellem Flash bis hinunter zu Tape.

Anwender können Daten als File, Block, oder Objekt speichern, archivieren und weiter verarbeiten. VSM vereint dadurch die Filesysteme POSIX und Object. Im Vergleich zu anderen Object-Storage-Systemen können Anwender bei einem Speicher mit Versity auf einen zentralen Namespace-Server plus Fail-over-Server verzichten.

Würden Namespace- und Fail-over-Server ausfallen, wären die Daten nämlich erstmal verloren. Die Metadaten, die man benötigt, um abgelegte Objekte wiederzufinden, hinterlegt VSM deshalb auf allen Nodes im Speichersystem, führte Gilpin aus. Jede einzelne Node wird so quasi zum Namespace- und Fail-over-Server in einem.

Kunden mit Petabyte an Daten

Mit VSM adressiert Versity Kunden, die Datenmengen im Petabyte-Bereich verwalten. Hierzu zählen etwa Unternehmen in der Öl- und Gasindustrie, Videoüberwachung, der Forschung oder der öffentlichen Hand.

Auch Banken oder andere stark regulierte Industrien, die grosse Datenmengen vewalten und zusätzlich archivieren, kommen als Kunden für Versity in Frage. Die Kunden bezahlen eine monatliche Nutzungsgebühr für die Software.

Slack statt Telefon-Hotline

Interessant ist das Support-Modell. Kunden können über einen Slack-Kanal direkt mit den Software-Ingenieuren von Versity kommunizieren. Gilpin stellt nur Ingenieure ein, die diese Art der Kommunikation auch wollen, sagte er. Das sei wichtig. Denn Entwickler müssten mit den Kunden reden, um das Produkt weiterzuentwickeln.

Weil alles aus einem Guss kommt und nicht auf die Ansprüche einer Branche ausgerichtet ist, sei die Software vielfältig einsetzbar.  Etwa für das High Performance Computing (HPC), erklärte Gilpin.

High Performance Computing mit Archivierungssoftware

Das überzeugte den HPC-Anbieter Cray. Das Technologieunternehmen investierte im Sommer 2013 in das Unternehmen. Im Spätsommer des letzten Jahres ging Cray einen Schritt weiter und wurde Technologie- und Vertriebspartner. Cray verkauft Versitys Software auf seiner Hardware als Appliance.

Der Grossrechnerhersteller sei ein idealer Partner, sagte Gilpin. Versity möchte Kunden im Bereich der öffentlichen Hand für sich gewinnen. Darin ist Cray bereits seit Jahrzehnten geübt. Der Schweizer Hochleistungsrechner Piz Daint etwa basiert auf einem System von Cray. Auf der anderen Seite investiert Cray in Storage, um sein Portfolio zu erweitern.

Versity drängt nach Europa

Versity veröffentlichte die erste Version seiner Software im April 2014. Im Dezember des gleichen Jahres wurde das Unternehmen nach eigenen Angaben profitabel.

Um weiter zu wachsen, sucht Versity weitere Partner für die Distribution. Interessant seien etwa Storage-Anbieter mit einem starken Verkaufskanal, die ihren Fachhändlern ein ergänzendes Produkt anbieten wollen.

Versity wirbt aber auch selbst um Kunden, derzeit in Europa. Man sei mit einer grossen Bank in Deutschland im Gespräch und auch in der Schweiz stünden Verhandlungen an, liess Gilpin durchblicken. Mehr dürfe er aber noch nicht sagen.

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