Swiss E-Government Forum

Wie der Bund Digitalisierung und Vertrauen vereinen will

Uhr
von Dylan Windhaber und dda

Die Frage, ob Digitalisierung im Widerspruch zu Vertrauen steht, hat sich wie ein roter Faden durch den ersten Tag des Swiss E-Government Forums gezogen. Sei es beim Einsatz von KI in der Verwaltung oder bei der Einführung der E-ID - der Bund gibt einen Einblick, wie er digitale Lösungen schafft, die sicher sind und einen Nutzen stiften.

Bundeskanzler Viktor Rossi sprach über Vertrauen in Bezug auf Digitalisierung. (Source: zVg)
Bundeskanzler Viktor Rossi sprach über Vertrauen in Bezug auf Digitalisierung. (Source: zVg)

Ob Digitalisierung im Widerspruch zu Vertrauen steht, wo wir in Sachen E-ID stehen und der KI-Einsatz in Verwaltungen - um diese Themen drehte sich unter anderem der erste Tag des diesjährigen Swiss E-Government Forums. Unter dem Motto "Von Verwaltungen für Verwaltungen" ging am 25. März der erste Forumstag auf dem Bernexpo-Gelände über die Bühne.

Vertrauen als Schlüssel zur digitalen Transformation

"Ich bringe viel Erfahrung mit, habe aber keine Ahnung von digitaler Transformation, ich bin aber neugierig und lerne gerne" - mit diesen Worten sei Viktor Rossi in die Bundeskanzlei gekommen, wie er zum Auftakt des ersten Forumstags erzählte. Unterdessen trägt er die Mitverantwortung dafür, dass Digitalisierung in der Verwaltung nicht nur effizient, sondern auch vertrauenswürdig gestaltet wird. Denn Digitalisierung bedeute eben nicht nur Technologie, Prozesse und Plattformen, "sie bedeutet vor allem Veränderung", sagte Rossi. Dies setzt laut dem Bundeskanzler Vertrauen voraus: in die Institutionen, die Technologie sowie in die Menschen, die diese gestalten. 

Das Vertrauen in künstliche Intelligenz (KI) sei aktuell noch bescheiden. "Das tiefe Vertrauen in KI steht im Kontrast zu rasanter Entwicklung", sagte Rossi. Doch die Diskussion vom Kampf gegen KI lenke von den Chancen ab, die sie eigentlich bietet. Die eigentliche Frage laute eher, woher wir künftiges Vertrauen in KI nehmen und ob Digitalisierung und Vertrauen möglicherweise im Widerspruch zueinander stehen. Mit den kürzlich veröffentlichten Grundsätzen für die KI-Nutzung in der Verwaltung erhält die Schweizer Bevölkerung laut Rossi das Versprechen, dass die Bundesverwaltung KI-Systeme für das Gemeinwohl einsetzt. Doch erst mit konkreten Umsetzungen der KI-Strategie könne der Bund das Vertrauen der Menschen verdienen.

Wenn der Staat gewohnte vertrauenswürdige Dienstleistungen vom Analogen ins Digitale transformiert - vom physischen Schalter aufs Smartphone - gibt es laut Rossi insbesondere drei Dinge zu beachten:

  • Die Digitalisierung darf in erster Linie nicht dazu dienen, den Staatsangestellten das Leben zu erleichtern, sondern den Menschen und Unternehmen hierzulande. 
  • Der Bundesrat muss über Entscheide transparent informieren, was auch für Geschäfte im digitalen Bereich gilt.
  • Das Prinzip der Mitbestimmung im Digitalen muss gelebt werden. Wichtig ist, die Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen bei Digitalprojekten mit einzubeziehen. 

"Ein sehr schönes Beispiel, welchen Wert wir damit schaffen können, ist für mich die E-ID", ergänzte Rossi zu den drei Punkten, denn die E-ID sollte man seiner Meinung nach als Vorbild für die genannten drei Punkte nutzen. Denn die nun vorgesehene Technologie der E-ID ermögliche, dass die Daten in den Händen der Bürgerinnen und Bürger sind - abgesichert durch ein staatliches Siegel. Für diese staatliche E-ID baut der Bund laut Rossi eine Vertrauensinfrastruktur. Auf Grundlage dieser soll sich dann ein Ökosystem an elektronischen Nachweisen bilden - für Behörden, aber auch für Firmen und andere Organisationen.

Herr über die eigenen Daten

Rolf Rauschenbach, Stellvertretender Leiter des Fachbereichs E-ID beim Bundesamt für Justiz, sprach im Rahmen des ersten Forumstags über eben diese Vertrauensinfrastruktur der elektronischen Identität sowie den aktuellen Stand des E-ID-Gesetzgebungsprozesses. Rauschenbach ging auf drei signifikanten Hürden ein, die der E-ID-Einführung noch bevorstehen. Die erste Hürde stellt laut Rauschenbach das Referendum dar, das gegen die Einführung der elektronischen ID ergriffen wurde. Wie sich dies auch entwickeln wird, "wir vom Programm arbeiten bis zu einem Nein ganz normal weiter", sagte der Bundesbeamte. Das zweite Hindernis sei ein internes: "Wir müssen nicht nur ein Gesetz haben, wir müssen auch eine Infrastruktur aufbauen". Die grösste Hürde bestehe jedoch in der Nutzung der E-ID. Da sie freiwillig sein wird, bringe sie nur etwas, wenn die Bevölkerung, Behörden und Firmen die E-ID auch wirklich nutzen. 

Für die vorgesehene elektronische Identität - die "digitale Form des Ausweises", wie Rauschenbach sie nannte - wolle der Bundesrat die Nutzerinnen und Nutzer ins Zentrum stellen. Damit will er "die Kontrolle über die eigenen Daten bei der einzelnen Person belassen", sagte Rauschenbach. Weiter ergänzte er: "Die E-ID ist nichts anderes als ein Datenpaket, wie eine E-Mail, die von der Ausstellerin zur Inhaberin geschickt wird." Dabei sei lediglich das Format ein anderes, da nicht nur Text geliefert wird, sondern auch kryptografisches Material, um die Authentizität zu überprüfen. Dabei seien die Informationen geheim, bis eine Person ihre E-ID aktiv einer Verifikation vorweist. 

Rolf Rauschenbach über den aktuellen Stand der E-ID und den Aufbau einer Vertrauensinfrastruktur. (Source: zVg)

Rolf Rauschenbach über den aktuellen Stand der E-ID und den Aufbau einer Vertrauensinfrastruktur. (Source: zVg)

Die elektronische Brieftasche

Ein entsprechendes Wallet wird der Bund Rauschenbach zufolge mit der App "Swiyu" zur Verfügung stellen. Damit könne man die E-ID beantragen, aufbewahren sowie seine Identität vorweisen. Diese elektronische Brieftasche kann nicht kopiert werden; sprich, wenn man sein Gerät verliert, es gestohlen wird oder man sich ein neues zulegt, ist damit auch die elektronische Identität weg und man muss eine neue beantragen.

Zum Thema Cloud sagte Rauschenbach: "Ich kann Ihnen versichern, dass alle relevanten Systeme für die elektronische Identität und die Vertrauensinfrastruktur auf Rechten des Bundes in der Schweiz betrieben werden." Ein bisheriges Projekt der E-ID sei das Behördenportal "Agov". Sobald nämlich die elektronische Identität eingeführt sei, könne man sich mittels dieser auf dem Portal einloggen und brauche demnach nicht mehr wie bis anhin eine separate Access-App. 

Open Source und E-ID-Ökosystem

Im Anschluss zum Stand der Arbeiten der E-ID erzählte André Kunz, Open Source und Community Manager beim Bundesamt für Justiz, wie Open Source bei der E-ID gehandhabt wird. Dabei ging er unter anderem auf die Grundsatzentscheidung ein, bei der die traditionelle Make-or-Buy-Frage um einen Faktor erweitert wurde: Konsumation, Kreation oder Kontribution. Jede dieser Möglichkeiten wirft jedoch weitere Fragen auf. "Bei so vielen Fragen kann es sich lohnen, wenn man jemanden hat, der sich darum kümmert", sagte Kunz. Das Vorgehen, für das sich der Bund entschieden hat (selbst entwickeln und dann den Code zu veröffentlichen) stelle zwar einen Mehraufwand dar, sei aber "eine kleine Investition in die Zukunft." Weiter sagte er: "Wir wollten die Hürden für die Community bewusst tief halten, also alle Contributions, alles was zurückfliessen kann, soll eben ein 'Kann' sein und nicht ein 'Muss'."

Der Open Source- und Community-Manager André Kunz sprach über Open Source bei der E-ID und deren Ökosystem. (Source: zVg)

Der Open Source- und Community-Manager André Kunz sprach über die Handhabung von Open Source bei der E-ID und über das E-ID-Ökosystem. (Source: zVg)

Weiter sprach Kunz die Vision für das E-ID-Ökosystems an. Dabei bezeichnete er die erwähnte Vertrauensinfrastruktur sinnbildlich als Boden, beziehungsweise Grundlage für das Ökosystem. "Wir haben mit der E-ID ein erstes Pflänzchen dort reingesteckt, das nun wachsen soll", sagte er. Dabei soll es aber nicht bleiben: Das Ziel sei, dass der Bund für andere Behörden Nachweise - also weitere Pflänzchen - säe. "Je mehr Pflänzchen wir dort wachsen lassen können, desto grösser wird auch der Nutzen, den wir mit der Vertrauensinfrastruktur erzielen können."

Nationale E-Government-Studie

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung macht Fortschritte. Die Nationale E-Government-Studie 2025 zeigt: Mittlerweile bevorzugen 45 Prozent der Bevölkerung den digitalen Kanal für Behördengeschäfte - neun Prozent mehr als noch vor drei Jahren. Insbesondere die elektronische Steuererklärung wird häufig genutzt: 76 Prozent der Bürgerinnen und Bürger füllen diese digital aus, wie die Digitale Verwaltung Schweiz in einer Mitteilung schreibt. Eindrücklich sei laut Michael Buess, Geschäftsleitender Partner bei Demoscope, dass 60 Prozent der Bevölkerung nach wie vor für die Suche nach den Behördendienstleistungen Google und Co. nutze, anstatt direkt auf den entsprechenden Portalen zu suchen. Demnach ist "der Königsweg immer noch die Nutzung einer Suchmaschine," wie Buess am Swiss E-Government Forum sagte. Dies weise auf Verbesserungsbedarf bei der Auffindbarkeit hin.

Unternehmen würden wie auch die Bevölkerung vermehrt digitale Verwaltungsleistungen nutzen. Jedoch bemängeln sie laut Mitteilung den hohen Registrierungsaufwand. Zudem wünschen sie sich einen zentralen Zugang. Allgemein wünschen sich die Unternehmen wie auch die Bevölkerung Buess zufolge vor allem zwei Dinge: bessere Informationen und eine hohe Benutzerfreundlichkeit. Etwas anders sehe das die Verwaltung: "Diese legt gemäss der Befragung den Schwerpunkt vor allem auf eine komplett medienbruchfreie Umsetzung", wie Buess sagte.

Michael Buess, Geschäftsleitender Partner bei Demoscope über die nationale E-Government Studie 2025. (Source: Netzmedien)

Michael Buess, Geschäftsleitender Partner bei Demoscope über die nationale E-Government-Studie 2025. (Source: Netzmedien)

Allgemein lässt sich laut Buess sagen, dass "es eigentlich einen Wunsch nach digitaler Nutzung gibt", es aber immer noch Lücken gibt. Das Vertrauen in die bestehenden Angebote sei jedoch grundsätzlich sehr hoch; über 70 Prozent der Unternehmen und der Bevölkerung hätten angegeben, dass sie den Angeboten ein sehr oder eher grosses Vertrauen hinsichtlich Datensicherheit und Datenschutz entgegenbringen. Das Fazit von Buess: "Im Grossen und Ganzen ist man zufrieden mit dem, was es gibt und trotzdem wünscht man sich einen weiteren kontinuierlichen Ausbau".

 

Die Nationale E-Government-Studie 2025 finden Sie hier zum Download: digitale-verwaltung-schweiz.ch

Webcode
5p6Q6DFW