Studie der ZHAW und der FHNW

Wie Schweizer Onlinehändler mit KI und der Konkurrenz aus China umgehen

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von Joël Orizet und cka

KI-Tools wie ChatGPT gehören im hiesigen E-Commerce inzwischen zum Alltag. Schweizer Onlinehändler hadern allerdings mit chinesischen Konkurrenten wie Temu und Shein. Diese drücken die Preise, Umsätze und Margen und erhöhen den Kostendruck sowie die Werbekosten bei Google und Instagram, wie aus einer Studie der ZHAW und der FHNW hervorgeht.

(Source: Rashid / stock.adobe.com)
(Source: Rashid / stock.adobe.com)

Anwendungen der künstlichen Intelligenz sind auch im E-Commerce ein Megatrend, wie die aktuelle Onlinehändlerbefragung der ZHAW und der FHNW zeigt. Schon über die Hälfte der von der Fachhochschule befragten Händler erstellen mit KI-Tools wie ChatGPT Texte und lassen sie beispielsweise mittels DeepL in andere Sprachen übersetzen. Dies spare Zeit und reduziere Kosten, heisst es im Management Summary der Studienergebnisse. 

Demnach erstellen 42 Prozent der Onlineshop-Betreibenden mithilfe von generativer KI Produkttexte. In vielen Fällen führe dies zu einer höheren Reichweite bei Google und damit zu mehr Conversions und Umsätzen, schreiben die Studienautoren. Auch bei der Produktsuche im Onlineshop sowie bei digitalen Verkaufsberatern und Service-Chatbots komme KI häufig zum Einsatz. 

Auffällig selten seien hingegen die Use Cases Personalisierung und Analytics: Nur 9 Prozent der befragten Onlinehändler gaben an, KI für die Personalisierung von Inhalten oder Angeboten wie auch für Datenauswertungen, für die Preisgestaltung oder für Vorhersagen zu nutzen. 

Ein Balkendiagramm zeigt die Antworten auf die Frage, zu welchen Zwecken KI im E-Commerce zur Anwendung kommt: am häufigsten für Übersetzungen und zur Erstellung von Texten; am wenigsten für Beschaffungen, Prognosen und die Preisgestaltung.

Über die Hälfte der befragten Onlinehändler nutzt KI für Übersetzungen oder zur Erstellung von Texten. (Source: Onlinehändlerbefragung 2024 / ZHAW)

Grösste Challenge betrifft das Know-how

Die grösste Herausforderung des Einsatzes von KI in der E-Commerce-Praxis ist den Studienergebnissen zufolge das fehlende Know-how respektive Fachwissen für die Implementierung von KI in die Geschäftsprozesse der Unternehmen und die Identifikation von Use Cases mit Business Impact. Einigen Befragten falle es schwer, bei den komplexen Themen und rasanten Entwicklungen den Überblick zu behalten. 

Trotz der wachsenden technologischen, marktwirtschaftlichen und betrieblichen Herausforderungen lässt knapp ein Drittel der befragten Onlinehändler ihre Mitarbeitenden nicht aus- bzw. weiterbilden, weil ihrer Meinung nach kein Bedarf, kein Budget oder keine Zeit vorhanden ist. Die Hälfte lässt die Mitarbeitenden intern aus- bzw. weiterbilden, und ein Viertel extern, vor allem im Rahmen von CAS-Angeboten in Hochschulen.

Eine Tabelle zeigt die am häufigsten genannten Herausforderungen bei der Anwendung von KI im E-Commerce. Ganz oben auf der Liste: fehlendes Know-how und die Implementierung.

Vielen Onlinehändlern fehlt es in puncto KI an Know-how, Uses Cases mit Business Impact, Zeit, Budget und Personal. (Source: Onlinehändlerbefragung 2024 / ZHAW) 

Temu & Co. setzen Schweizer Händler unter Druck

Die Umfrage behandelte auch aktuelle Vertriebs-, Service- und Marketingtrends. Aus den entsprechenden Ergebnissen leiten die Studienautoren vier Kernbefunde ab. So zeigte sich erstens, dass sich das Umsatzwachstum der Onlineshops und digitalen Marktplätze fortsetzt, während Ladengeschäfte verlieren. Zweitens erwähnten zahlreiche Händler, dass Social-Commerce-Geschäftsmodelle, insbesondere in Form von Tiktok-Shops, im Marketing und Vertrieb weiterhin auf dem Vormarsch sind. Drittens wachsen die Traffic- und Umsatzanteile, die über Smartphones generiert werden, bei den meisten Händlern weiter. Und viertens hat die Konkurrenz von asiatischen Plattformen - allen voran Temu und Shein - innert Jahresfrist massiv zugenommen. 

Vier von zehn Händlern sind direkt davon betroffen: Temu & Co. drücken die Preise, Umsätze und Margen und erhöhen den Kostendruck sowie die Werbekosten bei Google und Instagram. Die hiesigen Onlinehändler versuchen indes, sich über qualitativ hochwertige, nachhaltige und exklusive Produkte sowie durch Branding und starken Kundenservice von den asiatischen Plattformen zu differenzieren.

Eine Auswertung der ZHAW zur Frage, wie sich asiatische Onlineplattformen auf das Geschäft von Schweizer Händlern auswirkt. 26 Prozent der Befragten gaben an, dass Temu & Co. die Preise drücken.

Bei zwei von fünf Schweizer Onlinehändlern drücken asiatische Plattformen wie Temu und Shein die Preise sowie Margen - und sie erhöhen den Wettbewerb sowie den Kostendruck. (Source: Onlinehändlerbefragung 2024 / ZHAW)

Über die Umfrage

Die ZHAW School of Management and Law und die FHNW führten die Onlinehändlerbefragung dieses Jahr zum siebten Mal durch. Es beteiligten sich 624 Onlineshops im Bereich Business-to-Consumer (83 Prozent), Business-to-Business (46 Prozent) und Hersteller-Shops (14 Prozent). 516 Schweizer, 85 österreichische und 23 Onlinehändler aus anderen Ländern nahmen an der Onlinebefragung teil. Die Hälfte der Studienteilnehmenden sind Omnichannel-Händler mit Ladengeschäften und ein Viertel sind reine Onlinehändler. Finanziert wurde die Befragung unter anderem durch Worldline und Visa. 

Die komplette Studie steht online zum Download bereit (PDF) - auf der Website der ZHAW gibt es auch eine Zusammenfassung der Ergebnisse

 

Wie sehr der Schweizer Onlinehandel den Konkurrenzdruck durch chinesische Onlineshops spürt und wie mögliche Antworten auf diese und weitere Herausforderungen aussehen könnten, stand an der diesjährigen E-Commerce-Konferenz Score zur Debatte. Mehr dazu lesen Sie hier.  

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