So finden Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen
Im Casino Bern hat das diesjährige CNO Panel stattgefunden. An der Abendveranstaltung drehte sich alles um Digitalisierung und Nachhaltigkeit und um die Frage, wie das Eine das Andere fördern kann.
Bereits zum 23. Mal hat am 30. Oktober 2023 das CNO Panel stattgefunden. Am Networking-Event treffen sich Vertretende aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und der Wissenschaft, wie Pascal Sieber, VR-Präsident von Sieber & Partners und Veranstalter des CNO Panels, zu Beginn des Abendteils erklärte. Man wolle sich über Möglichkeiten austauschen, Informationstechnologien besonders wertschöpfend einzusetzen, erläuterte er weiter.
Pascal Sieber, VR-Präsident von Sieber & Partners. (Source: zVg)
Mit den Worten "Es ist endlich so weit", leitete er dann das Schwerpunktthema des Abends ein: "wir reden über Nachhaltigkeit in der Digitalisierung und digitale Nachhaltigkeit". Das Thema sei komplex und umfasse eine ökologische, soziale und wirtschaftliche Dimension.
Digitalisierung, fuhr Sieber fort, könne zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Als Beispiel nannte er die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), die mit einem neuen KI-gestützten System ihren Zugführern bessere Fahrstrategien aufzeigen. Dies verhindere starke Abbremsungen und spare enorm viel Strom. Gleichzeitig müssten auch digitale Lösungen nachhaltig gestaltet, beispielsweise Rechenzentren mit klimafreundlichen Kühlsystemen betrieben werden.
Viel Reden, wenig Handeln
Nicht ihren ersten Auftritt am CNO Panel hatte Judith Bellaiche, Geschäftsführerin des Branchenverbandes Swico. Gleichzeitig war es einer der ersten Auftritte der GLP-Politikerin seit ihrer Abwahl aus dem eidgenössischen Parlament. Von Sieber auf den Verlust ihres Nationalratssitzes angesprochen, sprach Bellaiche von einer Bauchlandung und erklärt: "Die Wunde ist jetzt eine Woche alt. Ich bin wieder auf meinen Füssen gelandet." In Bundesbern zu politisieren, sei nicht nur "ein wilder Ritt", sondern auch ein Privileg gewesen. "Ich bin traurig, dass ich es nicht mehr machen darf." Sie werde weiterhin mit aller Kraft probieren, Digitalthemen voranzutreiben.
Judith Bellaiche, Geschäftsführerin des Branchenverbandes Swico (rechts) und Gabriela Keller, CEO von Ergon Informatik. (Source: zVg)
Gemeinsam mit Gabriela Keller, CEO von Ergon Informatik, analysierte sie im Anschluss, wo die Schweizer Softwareindustrie in Sachen Nachhaltigkeit steht. Dabei stützten sie sich auf den neuesten Swiss Software Industry Survey (SSIS), dessen Ergebnisse am Nachmittag veröffentlicht wurden. Es gebe noch viel zu tun, kommentierte Bellaiche und konkretisierte: "Viele Unternehmen reden darüber. Aber wenn es um die praktische Umsetzung gebt, gibt es noch viel Luft nach oben." Die Studie mache auch deutlich, dass es den Unternehmen an Messgrössen für Nachhaltigkeit in der Softwareentwicklung fehle.
Dem stimmte Keller zu. Gefragt, was ihr Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeit tue, wies sie darauf hin, ihre Mitarbeitenden seien an Risiko und Gewinn der Firma beteiligt: "Wir übergeben die Verantwortung für die Projekte den Teams. Dadurch entsteht eine starke Identifikation mit dem Kunden und dessen Anforderungen." Nachhaltiges Handeln werde von Mitarbeitenden begrüsst, fuhr Keller fort. Somit könne Nachhaltigkeit auch als Mittel zum Halten von Fachkräften angesehen. Ihr Ratschlag an die Softwarebranche: Es sei wichtig, sich Ziele zu setzen, die zum Unternehmen passen und man langfristig verfolgen könne.
Fragen, dann digitalisieren
Judith Bellaiche stellte derweil mehr Support für die IT-Branche in Aussicht: Der Swico wolle demnächst ein Nachhaltigkeitsprogramm lancieren. Gemeinsam mit Industrie und Anwendern wolle man eine "Navigationshilfe" zum Thema Nachhaltigkeit erarbeiten. Ziel sei es, den Unternehmen Hand zu bieten und "einen Anfangspunkt für Standards zur Verfügung zu stellen".
Jan Bieser, Assistenzprofessor für Digitalisierung und Nachhaltigkeit, der BFH. (Source: zVg)
Weit über die Softwareindustrie hinaus führte der Vortrag von Jan Bieser, Assistenzprofessor für Digitalisierung und Nachhaltigkeit am Department Wirtschaft der Berner Fachhochschule (BFH). Er belegte mit Studien, dass der Grundsatz "Mehr Digitalisierung bedeutet mehr Nachhaltigkeit" keineswegs gelte. "Digitalisierung an sich ist nicht nachhaltig. Sie beschleunigt jedoch menschliche Aktivitäten, die nachhaltig sein können", brachte er es auf den Punkt. Entsprechend plädierte er dafür, sich vor dem Digitalisieren zu fragen, was sich für mehr Nachhaltigkeit ändern müsse. "Anschliessend überlegen wir, wie wir Digitalisierung dabei anwenden können." Wann und wie Digitalisierung sogar klimaschädlich ist, erfahren Sie hier.
Das nächste CNO Panel geht am 28. Oktober 2024 wieder in Bern über die Bühne.
Am CNO Panel 2022 stand der Fachkräftemangel im Mittelpunkt der Abendveranstaltung. Warum 2022 einen Wendepunkt in der digitalen Transformation markiert, erfahren Sie hier.