Sicherheitsbedenken

Update: 5G-Netz an US-Flughäfen verspätet sich weiter

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von Nadja Baumgartner und von Daniel Schurter, watson / slk

Die US-Luftfahrtbranche hat vor Gefahren der 5G-Technologie für den Flugverkehr gewarnt. Nach Forderungen verschiedener Fluggesellschaften, verzichten die Telkos AT&T sowie Verizon nun teilweise auf die Einführung des Mobilfunks in der Nähe von Flughäfen.

(Source: akitada31 / Pixabay)
(Source: akitada31 / Pixabay)

Update vom 20.01.2022: Die Einführung des 5G-Netzes an US-Flughäfen verspätet sich noch mehr. Die beiden beauftragen Telkos AT&T und Verizon wollen die Inbetriebnahme der Funkmasten in der Nähe von einigen US-Flughäfen nochmals verschieben. 90 Prozent der Masten gingen aber bereits wie geplant an den Start. Wann der Rest folgen wird, ist noch unklar.

Auswirkungen auf den Handel

Hintergrund dieser Entscheidung war ein Brief verschiedener Branchenchefs. Zuvor schon warnten Fluggesellschaften und Flughäfen vor den Gefahren der 5G-Technologie nahe den Flughäfen. Interferenzen zwischen den technischen Systemen der Flugzeuge und der 5G-Sendeanlagen könnten nämlich den Flugverkehr stören, wie "SRF" berichtet. Insbesondere besorglich seien noch nicht zertifizierte Geräte, die die Höhenmesser der Flugzeuge in kritischen Momenten stören könnten. Es ist bereits das dritte Mal, dass AT&T und Verizon die Einführung verschieben.

"An einem Tag wie gestern (Sonntag, 16.01., Ortszeit) wären mehr als 1100 Flüge und 100'000 Passagiere von Annullierungen, Umleitungen oder Verspätungen betroffen", lassen sich die Airline-CEOs im Brief zitieren. Die US-Behörden sollten den 5G-Mobilfunk nicht in der Nähe von Landebahnen einführen, heisst es weiter. "Der Handel der Nation wird zum Erliegen kommen." Zu den Unterzeichnenden gehören unter anderem die Chefs der Fluggesellschaften American Airlines, Delta oder Southwest. Auch die Namen der Leiter der Flugsparten von Fedex und UPS sind auf dem Brief zu finden.

Störungen des Flugbetriebs

Es geht gemäss dem SRF-Journalist Stefan Eiselin insbesondere um den Einsatz des Frequenzbereiches. "Es kann sein, dass 5G die sogenannten Radar-Höhemesser stört", erklärt er. "Das sind Höhenmesser, die man vor allem im Bodenbereich braucht." Diese Radar-Höhenmesser werden auch von anderen Systemen im Flugzeug genutzt. Ein Beispiel sei die Schubumkehr. Das heisse, dass der Landeweg der Flugzeuge sich verlängern könnte. Vor allem bei nassen und schneebedeckten Pisten sei das ein Problem. "Längere Landewege können auch dazu führen, dass das Flugzeug nicht rechtzeitig abbremsen kann", sagt Eiselin.

Flugzeuge müssen laut "Tagesschau.de" dementsprechend aufgerüstet werden, um weiterhin operieren zu können. Airbus und Boeing sollen entsprechende Massnahmen umsetzen. Die Fluggesellschaften und die Luftfahrtbehörde FAA rechnen dennoch mit einigen Störungen des Flugbetriebs. Bereits vergangene Woche habe die FAA aufgrund dieser längerer Landewege Massnahmen für Landungen des Boeing-Langstreckenjets 787 "Dreamliner" vorgenommen.

Flüge gestrichen

Die Fluggesellschaften Emirates, Japan Airlines und ANA haben Flüge in die USA bereits gestrichen, wie es auf "Cnet.com" heisst. Die Flüge werden "bis auf weiteres" ausgesetzt, teilte Emirates mit. "Kunden, die Tickets nach San Francisco, Dallas Fort Worth, Orlando, Seattle, Miami, Newark, Houston, Chicago und Boston besitzen, werden am Abflugort nicht akzeptiert. Diese Kunden können ihre Tickets behalten und sich mit ihrem Reisebüro oder ihrer Buchungsstelle in Verbindung setzen, sobald die Flüge zu diesen Zielen wieder aufgenommen werden", heisst es. Emirates-Flüge nach JFK, Los Angeles und Washington DC sollen wie gewohnt stattfinden.

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt wisse um die Gefahren und beobachte die Situation, berichtet "SRF" weiter. Weltweit sei bisher aber keine solche Störung im Zusammenhang mit 5G entdeckt worden.

Originalmeldung vom 07.01. 2022: 5G gefährdet angeblich den Flugverkehr – der Bund nimmt Stellung

Im Streit um mögliche Störungen des Flugverkehrs durch neue 5G-Frequenzen haben die beiden grossen US-amerikanischen Mobilfunkanbieter AT&T und Verizon eine für diese Woche geplante Erweiterung ihrer Netze gestoppt.

Zuvor hatten sie am Wochenende noch verlauten lassen, sie wollten an ihrem Vorhaben festhalten und am Mittwoch zusätzliche 5G-Frequenzbänder in Betrieb nehmen. Vorläufig kann nicht ausgeschlossen werden, dass 5G-Verbindungen die empfindlichen Instrumente im Flugzeug-Cockpit stören. Darum sahen sich die Luftfahrt-Aufsichtsbehörden mehrerer Länder vor Kurzem veranlasst, eine offizielle Warnung zuhanden der Industrie zu veröffentlichen.

"Es besteht die Möglichkeit, dass 5G-Signale die Radiohöhenmesser in Flugzeugen und Helikoptern negativ beeinflussen", äussert sich das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL).

Bedenken sind schon länger bekannt

Dass 5G-Signale die in Flugzeugen verbauten Höhenmesser beeinträchtigen könnten, ist schon länger bekannt. Die französische Luftfahrtbehörde Direction générale de l’aviation civile warnte im Februar 2021, dass die Nutzung von 5G-Geräten an Bord von Passagiermaschinen zu technischen Störungen – sogenannten Interferenzen – führen könnte.

Gerade beim Starten und bei der Landung – in den kritischen Flugphasen also – könnten 5G-Geräte die Bordinstrumente beeinträchtigen, wie der "Tages-Anzeiger" berichtete.

US-Fluggesellschaften äusserten seit längerer Zeit Bedenken wegen des 5G-Ausbaus. Sie befürchten einen zusätzlichen Dämpfer bei der Erholung der Luftfahrtbranche nach der Pandemie wegen zusätzlicher Sicherheitsvorkehrungen.

Vertreter der Mobilfunkindustrie sprechen von unbegründeten Ängsten und versichern, es gebe keine Probleme. Dies zeige nicht zuletzt der 5G-Betrieb in Europa. Tatsächlich mangelt es an verlässlichen Studienergebnissen zur Problematik, wie die hiesigen Aufsichtsbehörden bestätigen. In der Schweiz sind das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) und das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) zuständig. Sie verweisen auf eine Studie, die derzeit noch in den zuständigen europäischen Gremien in Arbeit sei.

"Die laufende Studie muss zunächst klären, ob ein nachweisliches Risiko von Störungen besteht oder nicht. Falls dies der Fall sein sollte, würden technische Massnahmen vorgeschlagen", sagt BAKOM-Sprecher Francis Meier.

Auslöser für den Streit in den USA

Die Funkfrequenzen, die in den USA für 5G genutzt werden dürfen, liegen relativ nahe bei den Frequenzen, die für die empfindliche Flugzeugelektronik eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um einen Bereich, der C-Band genannt wird, im Englischen auch "Midband"-Spektrum. AT&T und Verizon wollten ihren Kundinnen und Kunden ab dem 5. Januar 5G über das C-Band bieten, nachdem sie die Lancierung schon einmal verschoben hatten. Dann baten der US-Verkehrsminister Pete Buttigieg und der Leiter der US-Luftsicherheitsbehörde FAA, Steve Dickson, am vergangenen Freitag medienwirksam um eine erneute Verschiebung.

Der Airline-Verband Airlines for America hatte die US-Telekommunikationsbehörde (FCC) aufgefordert, das C-Band rund um US-Flughäfen zu stoppen. Ansonsten könnten Tausende Flüge täglich gestört werden. Die Gruppe drohte, vor Gericht zu ziehen, sollte die FCC nicht aktiv werden.

Wichtiges aus Schweizer Perspektive

Hierzulande finden 5G-Verbindungen von Smartphones und anderen Mobilgeräten in einem anderen Frequenzband statt, als dies nun AT&T und Verizon vorhaben. "Der Einsatz und die Nutzung der Frequenzen wurde mit der Flugsicherung Skyguide abgeklärt und bewilligt", zitierte der "Tages-Anzeiger" den Schweizer Provider Sunrise.

In Europa und der Schweiz sei 5G auf das Frequenzband 3,4–3,8 Gigahertz beschränkt. Das bedeute, dass es mehr als 200 Megahertz zusätzliches "Schutzband" gebe, bevor die Frequenz der Flugzeug-Höhenmesser erreicht wäre.

«Bisher wurden keine Störungen in der Schweiz oder in Europa gemeldet. Das BAKOM und das BAZL stehen hierzu zur Analyse der Entwicklungen in engem Kontakt», so die Schweizer Aufsichtbehörden.

Trotzdem warnten nun mehrere Aufsichtsbehörden weltweit Anfang 2022 "Airlines, Operators und Piloten vor potenziellen Beeinträchtigungen der Flugzeugelektronik".

Laut BAKOM-Sprecher Francis Meier handelt es sich um:

  • die US-Behörde FAA (Federal Aviation Administration),

  • die französische DGAC (Direction générale de l'Aviation civile),

  • die australische CASA (Civil Aviation Safety Authority),

  • Transport Canada,

  • die UAE GACA (die "General Authority of Civil Aviation" der Vereinigten Arabischen Emirate),

  • sowie das BAZL.

Diese Aufsichtsbehörden haben die Verantwortlichen in der privaten Luftfahrtindustrie angewiesen, "operationelle Massnahmen zu definieren", wie im Falle von unerwarteten Störungen des Radiohöhenmessers vorzugehen sei.

Eine "negative Beeinflussung könnte sich durch eine inkorrekte Höhenanzeige oder durch einen Totalausfall des Radiohöhenmessers bemerkbar machen", heisst es in der "Safety Information Notice", die Anfang 2022 publiziert wurde.

Gemäss BAKOM-Sprecher wurden insgesamt neun Empfehlungen zuhanden der Luftfahrtindustrie definiert: Sie reichten vom Nicht-Gebrauch von 5G-Geräten an Bord, der technischen Überprüfung von sicherheitsrelevanten Bordsystemen bis hin zur Meldepflicht von allfälligen Anomalien im Zusammenhang mit 5G.

Was Flugreisende wissen sollten

Das BAZL empfiehlt den Verantwortlichen in der Luftfahrtindustrie unter anderem folgende Sicherheits-Massnahmen, die Flugreisende und das Flugpersonal betreffen:

  • Passagiere und Flugbesatzungen seien daran zu erinnern, dass alle elektronischen Geräte in der Kabine, am Körper oder im Handgepäck mitgeführt werden sollten.

  • Wenn 5G-kompatible tragbare elektronische Geräte (Telefone, Tablets, Modems etc.) in der Kabine oder im Cockpit mitgeführt werden, sollten diese so eingestellt werden, dass sie nicht in Mobilfunknetzen senden (also im "Flugmodus" sind) oder ausgeschaltet werden.

  • Wenn solche Geräte in aufgegebenen Koffern etc. (Check-in-Gepäck) mitgeführt werden, sollten sie ausgeschaltet und vor versehentlicher Aktivierung geschützt sein.

  • Für die grundlegende Kommunikation, etwa während des medizinischen Rettungsdienstes, sollten Besatzungen nur 3G- oder 4G-taugliche Geräte verwenden.

  • Fluglotsen und andere mit der Flugverkehrssicherheit betrauten Fachpersonen sollen allfällige Meldungen über potenzielle Störungen sofort weiterleiten.

  • Die Piloten, respektive die Cockpit-Besatzungen, sollen sich mit dem Worst-Case-Szenario befassen, dass es zu einer Verschlechterung der Höhenmesserfunktionen kommen könnte oder wichtige Sicherheitssysteme ausfallen.

Bis heute sind keine Zwischenfälle oder Störungen des Flugverkehrs in direktem Zusammenhang mit dem aktuellen Mobilfunk-Standard 5G und dessen Frequenzen bekannt. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) untersucht schon länger, ob 5G die in der Luftfahrt genutzten Funkhöhenmesser zu stören vermag. Wie oben erwähnt, liegen die 5G-Frequenzbänder in Europa nicht so nah an dem von Flugzeugen genutzten Frequenzband wie in den USA.

Bisher seien in Europa keine Vorfälle bekannt oder aus vorliegenden technischen Daten von Flugzeug- und Ausrüstungsherstellern abzuleiten, erklärte eine EASA-Sprecherin. Gleichwohl werde die Situation weiter genau beobachtet. Und man tausche sich mit der FAA über deren Bedenken aus.

Weiterer Verlauf

In Europa gilt es die Ergebnisse der oben erwähnten Studie abzuwarten. Bis im Sommer 2022 soll der Bericht vorliegen. Beteiligt seien Funkkommunikationsexperten und Luftfahrtexperten, insbesondere Flugsicherheitsexperten.

Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA will Vorschläge der Mobilfunk-Provider zur Minimierung möglicher Interferenzen prüfen. Diese wollen sich an Frankreich orientieren, wo ein 5G-Spektrum genutzt wird, das weiter von den für Funkhöhenmesser genutzten Frequenzbändern entfernt ist. Die zusätzlichen 5G-Frequenzbänder sollen in den USA frühestens in zwei Wochen genutzt werden, wie AT&T und Verizon am Montag in Dallas und New York mitteilten.

In dem Streit um die Sicherheit von 5G in der Luftfahrtindustrie hatten sich im Dezember 2021 die beiden grössten Flugzeughersteller zu Wort gemeldet. Hochrangige Vertreter von Boeing und Airbus zeigten sich von den 5G-Plänen der amerikanischen Mobilfunk-Provider nicht angetan.

Von der US-Pilotenvereinigung hiess es, dass die Diskussion in einer Sackgasse stecke. Das sei ein grosses Problem für Passagiere, Spediteure und die amerikanische Wirtschaft.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Watson.ch.

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