Die cloudgewordene Wirklichkeit
In der IT-Welt fällt kaum mehr ein Satz ohne das Wort Cloud. Es ist omnipräsent und hat so viele Facetten ausgebildet, dass man leicht den Überblick verlieren kann. Ein guter Zeitpunkt, um den Grossen im Markt auf die Finger zu schauen.
Vor knapp zehn Jahren war die Cloud nicht viel mehr als ein Vision. Der Zugriff auf Daten, wie wir ihn heute kennen und täglich praktizieren, war damals schlichtweg undenkbar. Nicht zuletzt dank des Glasfaserausbaus hat sich das in den letzten fünf Jahren aber rasant geändert. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Cloud Computing. Kein IT-Unternehmen, das etwas auf sich hält, verschliesst sich heute noch vor dem Trend.
Entsprechend vielfältig ist das Angebot inzwischen. Doch mit jeder neuen Variation der Cloud stellt sich zunehmend die Frage, wohin die Reise geht. Was wollen Unternehmen wie IBM, Cisco oder Intel, die Milliarden in ihre Cloud-Technologien investieren?
Offene Systeme als Schlüssel
Für einmal zeigen sich die grossen IT-Konzerne erstaunlich einig. Allesamt erkennen sie einen Trend hin zur Private Cloud. Immer mehr Kunden ziehen die Private Cloud einer Public-Cloud-Lösung vor. Das Schlüsselelement hierbei bilden offene Systeme. Denn niemand kann es sich mehr leisten, geschlossene Systeme anzubieten.
Aus diesem Grund verfolgt etwa Red Hat seit jeher und auch weiterhin den Open-Source-Ansatz, wie Alessandro Perilli, General Manager Open Hybrid Cloud bei Red Hat, sagt. Basis bildet die Openstack-Plattform, entwickelt von Rackspace und der Nasa. Ihrer bedienen sich nun auch andere. So zum Beispiel IBM. Für den Konzern sind offene Cloud-Standards und Open Source zentral, um eine "echte Interoperabilität zu erreichen und die Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter zu vermeiden", sagt Markus Küng, Cloud Sales Leader bei IBM Schweiz. IBM engagiere sich bei Openstack und Cloud Foundry für die Entwicklung offener Cloud-Architekturen. Sie würden die grundlegende Basis für die Zukunft von IBMs Cloud-Strategie bilden.
Cisco hingegen setzt im Cloud-Bereich voll auf seine Intercloud. Gemeinsam mit seinen Partnern will das Unternehmen ein weltweites Netzwerk aus Cloud-Rechenzentren und -Diensten aufbauen. Doch auch Cisco engagiert sich als Mitglied von Cloud Foundry für offene Standards.
Intel ist wie IBM und Cisco Mitglied von Cloud Foundry und ebenfalls um die Zusammenarbeit mit verschiedenen Cloud-Anbietern bemüht. Der Konzern will wie IBM Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern vermeiden und den Wechsel zwischen verschiedenen Clouds erleichtern. Gleichzeitig versucht Intel, sein Ökosystem weiter auszubauen und neue Partner zu finden. Dem Schweizer Channel komme hierbei eine ganz entscheidende Rolle zu. Denn lokale Anbieter würden immer mehr an Bedeutung gewinnen, sagt Fabian de Pasquale, Channel Manager bei Intel Schweiz.
Förderprogramme und Marktplätze
Gemäss Erhebungen von MSM Research nehmen bereits 65 Prozent der Schweizer Unternehmen Cloud-Dienstleistungen in Anspruch. Ein Grossteil der gewünschten Cloud-Lösungen sind dabei IaaS-Lösungen, wie Philipp Müller, Manager Data-Center bei Cisco Schweiz, sagt. "Aber auch Desktop-as-a-Service-Lösungen sind bei den Kunden immer gefragter." Entscheidend ist hier, dass Schweizer Unternehmen ihre Daten auf Schweizer Boden, in Schweizer Hand wissen wollen.
Der Channel habe das durchaus schon realisiert, doch "die Partner müssen sich intensiv mit neuen Modellen auseinandersetzen und sich überlegen, wie sie ihr Geschäftsmodell anpassen können, um sich ihr Stück vom Kuchen zu sichern", sagt wiederum IBMs Markus Küng. "IBM unterstützt seine Geschäftspartner mit einem globalen Förderprogramm für Managed Service Provider und über den im April angekündigten IBM-Cloud-Marktplatz." Dort können sich Kunden über aktuelle Cloud-Angebote informieren, neue Cloud-Anwendungen testen und cloudbasierte Services kaufen. So sollen die Partner ihre eigenen Lösungen nutzerfreundlich und effizient vermarkten können.
Intel und Cisco bieten ihrerseits spezielle Partnerprogramme und Trainings. Über den Intel Cloud Finder haben Unternehmen die Möglichkeit, ähnlich wie bei IBMs Marktplatz, Anbieter zu finden, die eine Cloud auf Basis von Intel-Technologie betreiben. Auch Cisco will einen Austausch zwischen Kunden und Channel ermöglichen.
Für den Open-Source-Vorreiter Red Hat ist der Schweizer Channel ebenfalls von grosser Wichtigkeit. Er reihe sich ein in die globale Strategie, die das Unternehmen seit Jahren aufbaue. Trotzdem gibt Léonard Bodmer, Country Manager bei Red Hat Schweiz, zu bedenken, dass die Cloud per se kein traditionelles Channelgeschäft sei. Der Channel bewege sich jetzt erst auf die Cloud zu.