"Taten statt Worte"

Digitale Agenda 2020: ICT-Prominenz besorgt um Wirtschaftsstandort Schweiz

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Im "Digital Economy Ranking" erreichte die Schweiz 2010 nur Rang 19. Die ePower-Initiative will nun mit der "Digitalen Agenda 2020" die Schweiz wieder in die Top-5 bringen.

Belegte die Schweiz 2005 noch den 4. Platz im "Digital Economy Ranking" der Economist Intelligence Unit, schaute bei der im Juli 2010 publizierten Erhebung nur noch der 19. Platz heraus. Gut ein halbes Jahr später fordern der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und der ICT-Branchenverband ICTSwitzerland unter dem Deckmantel der parlamentarisch-wirtschaftlichen Initiative "ePower" mit der "Digitalen Agenda 2020" jetzt politische Massnahmen, die den Gegentrend einläuten sollen.

Orchestriert wurde die Lancierung des Papiers durch einen Anlass im Berner "Bellevue Palace", wo sich gestern Abend gut 70 Vertreter der ICT- und Politprominenz einfanden. Eröffnet wurde der Anlass von Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer.

Ruedi Noser aus den USA zugeschaltet

Nicht selbst vor Ort, aber dank neuester Technologie direkt aus den USA zugeschaltet, war ICTSwitzerland-Präsident Ruedi Noser. Er thematisierte gleich einen Punkt der Agenda: den Fachkräftemangel und die bereits eingeleiteten Massnahmen. Noser freute sich zwar, dass die Bildungsoffensive gut angelaufen sei, wiederholte aber eindringlich die Forderung, dass spätestens 2012 die heutigen Kontingente für Fachkräfte aus Drittstaaten erhöht werden sollen.

Eine Forderung, die angesichts des Wahljahres und der populären Ausländerthematik nicht leicht durchzusetzen sein dürfte. So hat etwa Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP) keine guten Signale aus dem Bundesrat erhalten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf verstehe zwar die Problematik, sehe aber derzeit angesichts des politischen Klimas wenig Chancen an der Kontingentsschraube zu drehen, so Schneider-Schneiter. Nichtsdestotrotz wolle sie dranbleiben und weitere Motionen einreichen.

"Wissensarbeit" 50 Prozent des BIP

Besonders gefordert ist jedoch auch die Wirtschaft. Microsoft-Schweiz-Chef Peter Waser forderte etwa neue Leuchturmprojekte wie die aktuell vom Softwarekonzern und der Schweizer Post lancierte Initiative "Beesmart", die von weiteren Partnern aus Wirtschaft, Politik, dem Schulungsumfeld sowie Non-Profit-Organisationen unterstützt wird. Beesmart ist eine Initiative, die internetbasierte Trainingsmodule für Programme bietet, die das produktive Arbeiten mit dem PC und dem Internet fördern sollen.

Obwohl die ICT in der Schweiz heute 5 Prozent des BIP ausmacht respektive 25 Milliarden Umsatz erwirtschaftet, mache die Wertschöpfung durch "Wissensarbeit" schon heute 50 Prozent des BIPs aus, so Waser. Nicht zuletzt deshalb plädierte er auch für eine verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Branchen - schliesslich würden einer EU-Studie zufolge schon in den nächsten Jahren in etwa 7 von 8 Berufen ICT-Kenntnisse gefordert sein.

Nicht nur schlecht 

Die Schweiz ist jedoch nicht überall so schlecht unterwegs, wie man das aufgrund des Rankings annehmen könnte. So ermöglicht beispielsweise die SuisseID bereits heute, dass sich dank der digitalen Identität virtuelle und reale Welt immer mehr angleichen. Auch der Bau der Glasfasernetze komme gut voran, betonte Bakom-Direktor Martin Dumermuth. Etwas schwieriger schaut es indes beim Ausbau des Mobilnetzes aus: Die Initianten fordern aufgrund der Strahlenschutzbestimmungen eine Angleichung an die Regelung der EU, sonst habe die Schweiz einen deutlichen Wettbewerbsnachteil.

Im Gegensatz zum Trend beim "Digital Economy Ranking" gehe es im eGovernment nach oben, stellte Seco-Vize Eric Scheidegger klar. Die Schweiz sei in den letzten Jahren dank Projekten wie "Schule im Netz" oder dem "Swiss Virtual Campus" etwas aus den Niederungen - immer in Anbetracht des Schweizer Anspruchs auf einen Spitzenplatz - aufgestiegen. Auch der Bereich eHealth müsse weiter gepusht werden, wie etwa aktuell mit der Gesundheitskarte.

Motionen statt Subventionen

Weitere Forderungen stellt "ePower" betreffend der Nutzung der ICT im Bereich Energie und Transport sowie der Vereinheitlichung der Informatikplattformen der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, um den Kampf gegen Internetkriminalität zu verstärken. Dominique Reber von Economiesuisse stellte am Anlass indes klar, dass man nicht nach Subventionen schreie. Vielmehr wolle man mit dem Papier der Politik ein Instrument in die Hand geben, um Motionen einzureichen.

Rasches Handeln forderte auch Credit-Suisse-CIO Karl Landert, der in seinem Fazit des Abends klar stellte, dass jetzt "Taten statt Worte" gefordert sind.

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