Globale Umfrage von BCG

Die Schweiz verliert an Attraktivität für Digitaltalente

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von Kevin Fischer und cwa

Die Schweiz büsst als Arbeitsort für Digitaltalente an Attraktivität ein – ob vor Ort oder aus der Ferne. Zu diesem Schluss kommt Boston Consulting Group in einer weltweiten Umfrage. Ausserdem scheinen Diversität und Umweltthemen für Arbeitende aus dem Digitalbereich wichtiger zu werden.

(Source: Rainer Sturm / Pixelio.de)
(Source: Rainer Sturm / Pixelio.de)

75 Prozent der Arbeitenden im digitalen Bereich rechnen damit, ihre aktuelle Stelle in naher Zukunft aufzugeben. Ausserdem hat die Schweiz für Stellensuchende aus dieser Branche an Attraktivität verloren. Das sind zwei Erkenntnisse, zu denen Boston Consulting Group (BCG) nach einer globalen Umfrage gekommen ist. Sie wurde im Oktober und November 2020 unter fast 10’000 Mitarbeitenden im Digitalbereich durchgeführt, wie BCG mitteilt.

40 Prozent der Angestellten im Digitalbereich weltweit seien aktiv auf Stellensuche. Der Hauptgrund für einen Stellenwechsel im Technologiebereich ist gemäss BCG die Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln. Diese Antwort gaben 63 Prozent der Befragten. Der zweithäufigste Grund ist mit 49 Prozent der Nennungen die Suche nach neuen Herausforderungen.

Diversität und Umwelt wird für Mitarbeitende wichtiger

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sei nach wie vor der höchstbewertete Aspekt der Arbeit von Angestellten im Digitalbereich. Die finanzielle Vergütung – in Form von Gehältern oder auch etwa in Aktienoptionen und -anteilen – gewinnt im Vergleich zur letzten Umfrage im Jahr 2018 an Bedeutung und steigt vom fünften auf den dritten Platz.

Auch Diversität und Inklusion sowie Umweltthemen haben gemäss Mitteilung für 61 Prozent der Beschäftigten an Bedeutung gewonnen. Die Hälfte der Befragten würden nicht für ein Unternehmen arbeiten, das ihre Vorstellungen von Diversität und Inklusion nicht teilen. 48 Prozent haben bezüglich Umweltpolitik die gleiche Haltung.

"Arbeitnehmende in digitalen Bereichen haben die Covid-Krise relativ unbeschadet überstanden und betreten nun einen heiss umkämpften Talentmarkt mit vielen Optionen", sagt Orsolya Kovács-Ondrejkovic, Associate Director bei BCG und Mitverfasserin des Berichts. "Im Zuge der Digitalisierung von Unternehmen aller Branchen sind die Gehälter für Tech-Talente auf ein Niveau gestiegen, mit dem nur wenige Arbeitgeber konkurrieren können. Unsere Studie zeigt jedoch, dass Geld nicht alles ist – mit der richtigen Arbeitsplatzkultur und den richtigen Werten können Arbeitgeber immer noch attraktiv für digitale Talente sein."

Die Schweiz büsst als Arbeitsort Attraktivität ein

Die Zahl der Arbeitnehmenden im Digitalbereich, die für ihre Arbeit in ein anderes Land ziehen würden, sank von 67 Prozent im Jahr 2018 auf 55 Prozent. Doch wären gemäss BCG 68 Prozent der Befragten bereit, aus der Ferne für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der im eigenen Land keine physische Präsenz hat. Das liege deutlich über den 57 Prozent, die für die Arbeit die Landesgrenze überschreiten würden.

Die USA, das Vereinigte Königreich und Australien führen die Liste der Länder an, in denen digitale Talente nach Remote-Jobs suchen würden, wie es weiter heisst. Die Schweiz belegt hier lediglich Platz 9 und liegt damit auch hinter Deutschland, Kanada, Singapur, Japan und China. Bei den Digitaltalenten, die aus beruflichen Gründen umziehen möchten, wäre Kanada die beliebteste Option. In der letzten Umfrage führten noch die USA diese Liste an. Europäische Länder haben generell an Beliebtheit verloren. Die Schweiz fiel vom sechsten Platz in der letzten Umfrage auf den neunten Platz. Singapur und Neuseeland seien neu in den Top 10, was die günstige Covid-Situation in den Ländern widerspiegle.

Die Schweiz ist auf Platz 9 der Beliebtheitsskala, wenn es um das Umziehen in ein neues Land für die Arbeit geht. (Source: BCG 2020 / Decoding the Digital Talent Challenge)

Geht es nach den attraktivsten Städten, in die ein Digitaltalent für die Arbeit ziehen würde, steht London an der Spitze, gefolgt von Singapur, Amsterdam und Berlin. Zürich ist von oben nach unten die erste Schweizer Stadt auf Platz 15. Auf Platz 27 folgt Genf.

Zürich ist auf Platz 15 der global attraktivsten Schweizer Städte für Digitaltalente, wenn es um einen möglichen Umzug für die Arbeit geht. Genf liegt auf Platz 27. (Source: BCG 2020 / Decoding the Digital Talent Challenge)

Mehr komplette Fernarbeit trotz geringeren Covid-Auswirkungen

Obschon die Technologiebranche von der Pandemie weniger stark getroffen wurde als andere, gab es viel mehr Beschäftigte in dem Sektor, die vollständig aus der Ferne arbeiteten. Von 41 Prozent im Jahr 2018 stieg der Anteil auf 76 Prozent im Jahr 2020.

95 Prozent der Befragten möchten einen Teil dieser Flexibiliät beibehalten, etwa in dem sie einen Teil ihrer Arbeitszeit regelmässig im Homeoffice verbringen. Ein Viertel der Befragten will gemäss BCG vollständig von Zuhause aus arbeiten.

"Die Entwicklung einer umfassenden Strategie für digitale Talente ist ein Muss für alle Arbeitgeber", sagte Pierre Antebi, Co-Geschäftsführer von The Network und Mitverfasser des Berichts. "Die Verbesserung der Rekrutierung und Bindung von Talenten ist ein wichtiger Teil davon, angefangen bei der Anpassung von Unternehmensmodellen, um ein gutes Gleichgewicht und Flexibilität zu bieten, bis hin zur Ausweitung von Optionen für internationale Fernarbeit und der Berücksichtigung sozialer und ökologischer Werte in ihrem Angebot für Mitarbeitende. Die Schaffung eines Ökosystems von Auftragnehmern, Gigworkern und Agenturen ist ein zusätzliches wertvolles Instrument zur Beschaffung von Talenten auf diesem hart umkämpften Markt."

Der BCG-Bericht "Decoding the Digital Talent Challenge" kann hier eingesehen werden (PDF).

Die Boston Consulting Group hat übrigens seit September einen neuen Schweiz-Chef. Erfahren Sie hier mehr dazu.

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