KMUs tun sich schwer mit der Wertschöpfung von Daten
Die meisten Unternehmen im deutschsprachigen Raum stehen auf dem Weg zur Datenökonomie noch ganz am Anfang. Vor allem KMUs hinken hinterher. HPE hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben und ein Tool lanciert, mit dem Firmen ihren Reifegrad ermitteln können.
Daten sammeln ist nicht schwer, daraus Gewinn zu schlagen dagegen sehr. Das grosse Geschäft mit der Wertschöpfung von Daten liegt noch fest in der Hand von Plattformbetreibern wie Google, Facebook, Amazon und der Datenbroker. Das Potenzial der Datenökonomie haben aber auch kleinere Firmen aus allen möglichen Branchen sowie die Nationalstaaten erkannt. Selbst die Europäische Kommission bezeichnet Daten in ihrer Datenstrategie (PDF) als die "Lebensader der wirtschaftlichen Entwicklung".
Das Problem ist aber: Die meisten Organisationen stecken in der Anfangsphase fest. 65 Prozent der Verwaltungsräte und Geschäftsführer in der DACH-Region geben an, noch keine Datenstrategie definiert zu haben – noch nicht einmal als Teil der IT-Strategie. Dies geht aus einer Befragung des britischen Marktforschers YouGov im Auftrag von HPE hervor. 800 Führungskräfte nahmen daran teil, wobei 500 in Deutschland und jeweils 150 in der Schweiz und in Österreich tätig sind.
Ein Index für den Reifegrad bezüglich Datenwertschöpfung
Ausgangspunkt für die Umfrage ist ein von HPE entwickeltes Modell, das den Datenwertschöpfungs-Reifegrad einer Organisation entlang von sechs Dimensionen bewertet. Anhand von 16 Fragen will HPE mit diesem Modell strategische, organisatorische und technologische Merkmale berücksichtigen, und schliesslich einen Score zwischen 1 und 5 ermitteln können. Der Hersteller stellt das entsprechende Online-Self-Assessment online bereit. Mithilfe dieser Online-Umfrage sollen Unternehmen überprüfen können, wo sie Nachholbedarf haben und wo sie vielleicht schon "überinvestiert" haben, wie Bernd Bachmann von HPE an einer Onlinekonferenz sagte.
Bernd Bachmann, Berater Big Data & künstliche Intelligenz bei HPE. (Source: zVg)
Die unterste Reifegradstufe (1) nennt HPE "Daten-Anarchie". Daten sind hier zwar in Inseln respektive Silos verfügbar, eine systematische Auswertung findet jedoch nicht statt. Die höchste Stufe (5) bezeichnet der Hersteller als "Daten-Ökonomie". Auf dieser Stufe setzen Unternehmen Daten effektiv für die Wertschöpfung ein und tauschen Daten auf Marktplätzen – das heisst, sie kaufen oder verkaufen Daten an respektive von externen Anbietern.
KMUs stehen am Anfang
Den Ergebnissen der YouGov-Umfrage zufolge haben die Befragten aus der DACH-Region einen durchschnittlichen Reifegrad von 2,1. KMUs mit bis zu 250 Mitarbeitenden hinken allerdings hinterher. Sie haben gemäss HPE einen Reifegrad von 1,7; bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden liegt der Schnitt bei 2,5.
Das Reifegradmodell von HPE: Die Befragten aus dem DACH-Raum kommen im Schnitt auf einen Score von 2,1. (Source: Screenshot Netzmedien)
Stufe 2 im Modell nennt HPE "Daten-Reporting". Hier würden erste Daten aus einzelnen Applikationen zusammengefasst – oftmals in einem sogenannten Data Warehouse, sagte Bachmann. Diese Daten würden dann typischerweise von einem IT-Mitarbeitenden mittels Software für Business Intelligence ausgewertet.
Gemäss der Umfrage befinden sich 52 Prozent der befragten KMUs aus der DACH-Region noch auf Stufe "Daten-Anarchie". Weitere 32 Prozent sind auf Stufe 2.
Ein Drittel der Grossunternehmen ist auf halbem Weg
Die dritte Stufe bezeichnet HPE als "Daten-Erkenntnisse". Auf dieser Stufe würden Daten umfänglich erfasst und systematisch ausgewertet. Typischerweise käme hier künstliche Intelligenz respektive Advanced Analytics zum Einsatz und das Ganze werde mit einem Ansatz für Data Governance abgerundet, sagte Bachmann und ergänzte: "Data Governance ist ein Verfahren, bestehend aus Prozessen, Methoden und Werkzeugen, das dazu dienen soll, den Datenraum einer Organisation einheitlich zu managen und zu kontrollieren." Den Ergebnissen zufolge landen 13 Prozent der befragten KMUs in diesem Bereich. Zum Vergleich: Unter den Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden befindet sich jeweils ein Drittel auf den Stufen 2 und 3.
Die meisten KMUs befinden sich laut HPE auf der Stufe der "Daten-Anarchie". (Source: Screenshot Netzmedien)
Level 4 zeichnet sich laut HPE durch eine "datenzentrische" Sichtweise aus. Im Prinzip bestehen hier dieselben Anforderungen wie an Stufe 5, nur ohne externe Ökosyteme. Hier gebe es Ansätze, um alle Daten in einem digitalen Zwilling zu orchestrieren, um sie dann den verschiedenen Anwendungen eines Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Nur 2 Prozent der befragten KMUs befinden sich gemäss der YouGov-Umfrage auf Stufe 4; bei den grösseren Unternehmen sind es 9 Prozent.
Der Weg zur Wertschöpfung in sechs Dimensionen
Wer seinen Reifegrad erhöhen wolle, müsse einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, sagte Bachmann. Unternehmen sollten die Wertschöpfung von Daten demnach in sechs verschiedenen Bereichen vorantreiben. Abgesehen von einer klaren, messbaren Datenstrategie brauche es etwa in organisatorischer Hinsicht Massnahmen zur Prozessoptimierung und fürs Kompetenzmanagement. Ferner sollten sich Unternehmen um die Integration der Daten von Partnern bemühen, geeignete Massnahmen für die IT-Sicherheit und den Datenschutz implementieren, auf künstliche Intelligenz und Analytics setzen und schliesslich Daten analysieren, um Betriebsabläufe besser zu steuern und zu automatisieren.
HPEs "ganzheitlicher Ansatz" umfasst sechs verschiedene Dimensionen. (Source: Screenshot Netzmedien)
In einem dieser sechs Bereiche hinken die Unternehmen besonders hinterher: In puncto künstliche Intelligenz und Analytics haben die Befragten einen durchschnittlichen Reifegrad von 1,6. "Hier gibt es noch Nachholbedarf", sagte Bachmann. Woran liegt das? "Viele KI-Projekte bleiben noch in der Phase des Proof of Concepts, also des Machbarkeitsnachweises gefangen, weil die entsprechenden technologischen und prozessualen Grundlagen in den Unternehmen nicht vorhanden sind."
In puncto Analytics und KI gibt es gemäss HPE am meisten Nachholbedarf. (Source: Screenshot Netzmedien)
Einen relativen Vorsprung haben die Befragten hingegen im Bereich "Datenlebenszyklus". Hier ermittelte HPE einen Reifegrad von 2,4, wobei sich dieser relative Vorsprung vor allem durch entsprechende Investitionen in die IT-Sicherheit erklären lasse, sagte Bachmann.
Die Investitionen im Bereich Cybersecurity nehmen weiter zu. Marktforscher Canalys prognostiziert für dieses Jahr einen weltweiten Anstieg der IT-Security-Ausgaben von 10 Prozent auf 60,2 Milliarden US-Dollar. Und auch Schweizer CIOs stocken ihre Security-Budgets auf, wie Sie hier nachlesen können.