Interview

Das Rückgrat des Schweizer Finanzplatzes wird zum Cloud-Anbieter

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Six, die Betreiberin der Schweizer Börse, will zum Cloud-Anbieter werden. Das Angebot richtet sich vor allem an Banken, aber auch Versicherer sind potenzielle Kunden. Im Interview gibt Projektleiter Henrik Czurda Einblick in die Ziele, Details und Entstehung des Services.

Henrik Czurda, Head Bank-Driven Innovation bei Six. (Source: Rene Pianezzi/SIX Group)
Henrik Czurda, Head Bank-Driven Innovation bei Six. (Source: Rene Pianezzi/SIX Group)

Welche Cloud-Services bietet Six an?

Henrik Czurda: Das Angebot wird aus drei Komponenten bestehen: Erstens bieten wir eine extrem robuste und moderne Technologie-Service-Plattform an, die sowohl aus einer "hochsicheren" Schweizer Cloud als auch aus einer skalierbaren globalen Cloud besteht. Beide Welten sind jedoch streng voneinander getrennt und dienen unterschiedlichen Zielen. Zweitens besteht unser Angebot aus Engineering und Beratung. Beides soll unsere Kunden auf dem Weg in die Cloud unterstützen. Darüber hinaus helfen wir unseren Kunden, die heutigen Anwendungen "Cloud-fähig" zu machen und einen technologischen Wandel einzuleiten. Darüber hinaus werden wir Kunden dabei unterstützen, innovative Services wie etwa Analytics oder künstliche Intelligenz in der Cloud zu anzubieten. Drittens selektieren und orchestrieren wir zukünftige Ökosystemteilnehmer mit ihren Services. Gleichzeitig werden wir bestimmte Six-Dienste systematisch in diese Welt migrieren und den Kunden völlig neue, wertvolle Dienstleistungen anbieten.

Was ist der Grund für die Einführung dieser neuen Cloud-Services?

Im März 2018 wurde in den USA der so genannte Cloud-Act verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet amerikanische Cloud-Anbieter weltweit, den US-Behörden Zugang zu gespeicherten Daten zu gewähren - auch wenn die Daten beispielsweise in der Schweiz gespeichert sind. Die Schweizerische Bankiervereinigung geht davon aus, dass die US-Behörden Zugang zu allen von US-Cloud-Anbietern gespeicherten Daten haben, unabhängig davon, wo sie gespeichert sind. Personen, die von einer solchen Forderung betroffen sind, haben keine Möglichkeit, sich zu verteidigen und erfahren in der Regel nicht einmal davon. Wenn dies geschieht und es öffentlich wird, sind nicht nur die finanziellen Verluste, sondern auch die Reputationsschäden enorm - das Vertrauen der Kunden wird oft grundlegend zerstört. Dementsprechend sind die Finma und das BAG bestrebt, die Schweiz und ihre Interessen zu schützen und restriktive Anforderungen an die Nutzung solcher Dienstleistungen zu stellen, insbesondere wenn sie nicht aus der Schweiz kommen. Verständlicherweise sind die Banken in der Schweiz zu Recht verunsichert und skeptisch. Dementsprechend wurden ausländische Dienstleistungen kaum in Anspruch genommen und der Investitionsstau in der Finanzbranche ist besonders hoch.

Wie können Schweizer Finanzdienstleister von Ihrem Angebot profitieren?

Viele Schweizer Finanzdienstleister wollen ihre IT flexibler und einfacher gestalten, von den neuen Entwicklungen in Analytics und KI profitieren sowie innovative Fintechs gewinnbringend integrieren. Um all diese Vorteile zu nutzen, ist es notwendig, die Anwendungen in die Cloud zu bringen und end-to-end zu transformieren, um die dort angebotenen technischen Innovationen konsequent nutzbar zu machen. Die zu erfüllenden regulatorischen Anforderungen belasten jedoch kleinere Institute erheblich und verursachen branchenweit hohe Kosten. Deshalb bieten zukunftsorientierte Softwareanbieter diese Lösungen als Dienstleistung an. Diese "Servitization" bricht oft traditionelle Wertschöpfungsketten auf. Dies führt zu effizienteren vertikalen digitalen Ökosystemen, die auch die Finanzindustrie nachhaltig verändern. Bisher wurden diese Cloud-Services jedoch nur von globalen Anbietern aus Amerika oder China angeboten. Die Six will in Zukunft einen Schweizer Service schaffen. Die Swiss Cloud unterstützt unsere Bemühungen, die Positionierung der Six als Anbieterin von Kern-Infrastrukturdienstleistungen für Banken und letztlich für den gesamten Finanzplatz Schweiz zu stärken. Damit stärken wir auch die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz.

Wie ist der Reifegrad dieses Projekts und wann ist der Start der Cloud Services geplant?

Wir haben bereits interne Unterstützung für das Cloud-Konzept erhalten und sind nun dabei, die Details zu gestalten und die Lösung aufzubauen. Wir wollen die grundlegend funktionale Infrastruktur zügig aufbauen und den ersten Service bereits im vierten Quartal 2019 anbieten. Es wird jedoch etwas länger dauern, bis das gesamte Portfolio bereit und verfügbar ist.

Welche Branchen zielen Sie speziell an?

Das Ziel unserer Cloud ist es vor allem, regionale Retailbanken, Kantonalbanken und Family Offices anzusprechen. Wir richten unser Angebot auch an Krankenkassen.

Was ist der Mehrwert der Six Cloud Services im Vergleich zu demjenigen der Cloud Leader?

Zunächst einmal sind wir ein Schweizer Unternehmen. Wir sind User Owned und User Governed - das heisst, die Six gehört den Banken und wird von diesen Banken geführt. Das bedeutet, dass der Gewinn aus diesen innovativen Dienstleistungen wie etwa der Swiss Cloud über Dividenden an die Banken zurückfliesst und nicht an andere Aktionäre ausgeschüttet wird. Aber unser Ziel und unser Auftrag ist es, den Finanzplatz Schweiz nachhaltig zu stärken. Unsere Kunden profitieren von der Vertrauensstellung, Sicherheit und Zuverlässigkeit, die wir als Six im Laufe der Jahre als Betreiber der Schweizer Finanzinfrastruktur mit Dienstleistungen wie der Schweizer Börse und verschiedenen systemrelevanten Zahlungssystemen aufgebaut haben.

Wie werden diese Cloud Services mit Ihrem Finanzdienstleistungsangebot kombiniert?

Es ist uns wichtig, sowohl technisch als auch auf der Ebene der Ökosysteme nahe an unseren Kunden zu sein. Die Six versteht sich als Anbieterin neuer, innovativer Dienstleistungen mit hohem Kundennutzen für unsere Eigentümer und deren Kunden. Wir betreiben besonders schützenswerte Infrastrukturen wie die Schweizer Börse oder Zahlungssysteme wie dem Six Interbank Clearing und haben die glaubwürdige Position, die Legitimation und auch die nötige "Swissness", um den Finanzplatz Schweiz mit dieser Dienstleistung langfristig zu stärken.

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