ITIL und MOF ergänzen sich in einer Microsoft-Infrastruktur

"ITIL und MOF ergänzen sich"

Uhr | Updated
von René Mosbacher

Michael Faden, Senior Partner Technology Advisor bei Microsoft, erklärt im Gespräch, warum die beiden IT-Service-Management-Konzepte ITIL und MOF nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Dem IT-Verantwortlichen empfiehlt er, sich vor der Einführung unbedingt der Rückendeckung des Managements zu versichern.

Michael Faden ist Senior Partner Technology Advisor bei Microsoft. (Quelle: Stefan Baumgartner, RGB PHOTO SWITZERLAND)
Michael Faden ist Senior Partner Technology Advisor bei Microsoft. (Quelle: Stefan Baumgartner, RGB PHOTO SWITZERLAND)

Herr Faden, mit ITIL besteht ja seit längerem ein anerkannter Standard für das IT-Service- Management – warum hat Microsoft MOF entwickelt?

ITIL beschreibt die Prozesse und die Aufbauorganisation, die gebraucht werden, um eine IT-Infrastruktur gemäss «Best Practices» zu betreiben. Die Beschreibungen der Practices sind bewusst allgemein gehalten und produktunabhängig. Das Microsoft Operations Framework, kurz MOF, zeigt, wie ITIL-Prozesse in einer Microsoft-Umgebung umgesetzt werden können und versucht so, die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schliessen. Verglichen mit ITIL zeigt MOF neben dem «Was» auch das «Wie».

Wo wird besser ITIL eingesetzt und wo MOF?

ITIL und MOF ergänzen sich und stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Mit MOF erhalten Sie Deployment und Operation Guides in die Hand, die beschreiben, wie Microsoft-Lösungen effizient betrieben werden können.

MOF-Zertifizierungen werden kaum nachgefragt, ITIL-v3-Zertifizierungen dagegen sehr. Wäre es nicht sinnvoll, in ITIL-Schulungen auch eine Information zu MOF zu integrieren?

Das fände ich sehr sinnvoll. Man sollte in der Schulung kurz darauf eingehen und auch darauf hinweisen, dass es hier nicht darum geht, sich für ITIL oder MOF zu entscheiden. Vielmehr sollte gezeigt werden, dass sich die beiden Frameworks in einer Microsoft-Infrastruktur sehr wohl ergänzen. Die verschiedenen MOF-Guidelines und Operations Guides stehen frei zum Download zur Verfügung und können so eine Starthilfe bei der Einführung von ITSM bieten.

Ab welcher Grösse/Komplexität lohnt sich ein IT-Service-Management überhaupt?

Meiner Ansicht nach ist es keine Frage der Grösse oder Komplexität, sondern des Reifegrads der IT-Operations. ITIL einzusetzen heisst auch nicht zwingend, jeden Prozess eins zu eins gemäss ITIL zu adaptieren. Vernünftigerweise werden die Prozesse zuerst dort adaptiert, wo der Betreiber am meisten Verbesserungspotenzial sieht und den grössten "Painpoint" hat. Natürlich muss man berücksichtigen, dass gewisse Prozesse in Beziehung zueinander stehen und nicht unabhängig voneinander implementiert werden können.

Was bietet Microsoft an Unterstützung beider Einführung von IT-Service-Management?

Mit System Center Service Manager erhalten sie eine integrierte Plattform zur Automatisierung von Best Practices für das ITSM und für deren Anpassung an ihre individuellen Anforderungen. Damit können ITIL-Prozesse wie Incident-, Problem-, Configuration-, Change- und Release-Management abgebildet werden. Konnektoren zu System Center Configuration Manager, Operations Manager sowie Active Directory helfen dabei schon, bestehende Informationen effizient in die Configuration Management Database einfliessen zu lassen. Trotz all dieser Hilfsmittel sollte man sich im Klaren sein: Bei einer erfolgreichen Einführung von ITSM steht der Prozess und nicht das Tool im Vordergrund.

Wird MOF weiterentwickelt?

Ja, wir publizieren in regelmässigen Abständen neue Dokumente. Dies ist schon deshalb sinnvoll und nötig, weil viele dieser Dokumente produktspezifisch sind. Beispiele dafür sind praxisbezogene Dokumente wie MOF Reliability Workbooks für Produkte wie Exchange, SQL und so weiter. Sie zeigen, wie Produkte überwacht und unterhalten werden müssen, um einen optimalen Service zu gewährleisten. Ein aktuelles Beispiel ist auch eine Guideline, die beschreibt, wie ITSM-Prinzipien umgesetzt werden können, um das Optimum aus einer Private Cloud herauszuholen.

Wie geht man als CIO an das Thema heran?

Die Einführung von ITSM braucht Zeit. Soll dieses Konzept sachgerecht umgesetzt werden, muss sich parallel dazu auch das Verständnis dafür wandeln, wie ein Unternehmen seine IT-Services betreibt. Einerseits muss dieser Gedanke vom Management getragen werden und zudem muss das Management auch klar signalisieren, dass es 100-prozentig hinter der Einführung von ITSM steht. Die Mitarbeitenden müssen einbezogen werden, damit die Transformation auf allen Ebenen der IT auch wirklich passiert. Weil die Mitarbeitenden aber weiterhin das bestehende Umfeld pflegen müssen, empfiehlt es sich, schrittweise vorzugehen. Damit vermeidet man die Überforderung der Beteiligten und schafft Akzeptanz für das Vorhaben auf der betrieblichen Ebene.

Was hat die "Cloudisierung" für einen Einfluss auf das IT-Service-Management?

Public-Cloud-Service-Angebote ändern den Anspruch der Benutzer auch an die interne IT. Heute kann man als Benutzer sehr wohl neue Services im Internet abonnieren, provisionieren und verwalten, ohne dass dabei eine manuelle Interaktion des Providers nötig wäre. Diesen Komfort wünscht sich der Benutzer zusehends auch von der internen IT – Stichwort Self-Service-Portal. Auch muss die IT dem Business schon seit längerem immer mehr Services mit weniger Ressourcen zur Verfügung stellen. Dies erfordert eine effiziente und hoch automatisierte IT-Infrastruktur, vom Netzwerk bis zur Applikation oder zum Service. Um aber Prozesse automatisieren zu können, müssen diese zuerst standardisiert werden. Zusätzlich steht die interne IT vermehrt auch in Konkurrenz zu Lösungen aus der Public Cloud und muss ihre Kosten rechtfertigen. Aus diesen Gründen wird ITSM in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.

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