Wettbewerbshüter wachen über Motogoogle-Deal

Google wird Handyhersteller

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von Marc Landis und awp international

EU-Kommission und US-Wettbewerbshüter haben die Übernahme von Motorola durch Google gebilligt. Zugleich warnten sie, dass man den Umgang mit Motorola-Patenten, ohne die man heute kein Smartphone oder Tablet bauen könne, aufmerksam beobachten werde. Die Regulierer wollen verhindern, dass die sogenannten FRAND-Patente als Waffe in Patentkriegen der Branche eingesetzt werden.

EU-Kommission und US-Wettbewerbshüter erlauben die Übernahme von Motorola durch Google, aber nicht ohne gleichzeitig auch eine Warnung auszusprechen: Man werde den Umgang mit Motorola-Patenten, ohne die man kein Smartphone oder Tablet bauen könne, aufmerksam beobachten. Es soll verhindert werden, dass sogenannte FRAND-Patente als Waffe, etwa in den aktuellen Patentkriegen, in der Branche eingesetzt würden, berichtet die Nachrichtenagentur awp.

Zufall oder nicht? Gleichzeitig mit "Motogoogle" billigte das US-Justizministerium auch den Kauf grosser Patentpakete durch Google-Rivalen: Apple, Microsoft und Research In Motion (RIM) übernehmen Patente des insolventen Netzwerk-Ausrüsters Nortel. Und Apple wurde der Kauf von Patenten des Software-Spezialisten Novell erlaubt.

Google will mit der 12,5 Milliarden Dollar teuren Motorola-Übernahme nach eigenen Angaben das Patent-Arsenal hinter seinem Smartphone- und Tablet-Betriebssystem Android stärken. Google und die Hersteller von Android-Geräten sind im Smartphone-Markt führend, stehen aber immer wieder im Visier von Patentklagen von Apple und Microsoft. Motorola hat als Mobilfunkpionier eine riesige Schatztruhe aus rund 17 000 Patenten und 6 800 Patentanträgen. Hunderte davon gehören zum Grundstock von Standards wie UMTS.

Kampf um FRAND-Patente

Ohne diese sogenannten FRAND-Patente kann man - zumindest nach Ansicht der zuständigen Gremien - die heute gängigen Technologien gar nicht umsetzen. Deswegen gelten für Standard-Patente besondere Regeln bei der Lizenzvergabe. FRAND steht für "Fair, Reasonable and Non-Discriminatory", will heissen: Der vom Patenthalter geforderte Preis für die Nutzung muss fair, angemessen und nicht diskriminierend sein.

Trotzdem kommen diese FRAND-Patente immer wieder in Patent-Streitereien zum Einsatz gekommen. Erst kürzlich liess Motorola nach einem Urteil des Landgerichts Mannheim den Online-Verkauf einiger Modelle von Apples iPhone und iPad-Tablet in Deutschland wegen der Verletzung eines Patents für den GPRS-Funkstandard stoppen. Erst das Oberlandesgericht Karlsruhe als Berufungsinstanz setzte das Verkaufsverbot vorläufig aus. Motorola hat aber auch die deutsche Tochter im Visier, die die Apple-Stores in den Innenstädten betreibt.

Die EU-Kommission ging bei ihrer Prüfung zum Motogoogle-Deal der Frage nach, ob Google mit der Übernahme von Motorola den Zugang anderer Smartphone-Hersteller zu Android einschränken würde. Da die Google-Dienste aber generell von einer Ausbreitung der Android-Plattform profitieren, hielten die Brüsseler Kartellwächter dies für wenig wahrscheinlich. Zumal Motorola vom Marktanteil her deutlich kleiner sei als Samsung oder HTC. Überdies glaubt die EU-Kommission nicht, dass Google mit den Motorola-Patenten eine Vorzugsbehandlung seiner Dienste erreichen könnte.

Allerdings waren sich die Wettbewerbshüter in den USA und in der EU auch einig, Google im Auge behalten zu wollen. Google habe sich vergleichsweise "vieldeutig" geäussert, was die Lizenzierung der Patente an Dritte angehe, monierte das US-Justizministerium. "Die Behörde wird nicht zögern, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um den wettbewerbswidrigen Einsatz von grundlegenden Patenten (SEP) zu unterbinden."

Die EU-Kommission leitete bereits eine Untersuchung gegen Samsung ein, weil der koreanische Konzern in seinem Rechtsstreit mit Apple auch Patente einsetzt, die zum Kernstock von Standards gehören. Google versicherte zuletzt ausdrücklich, dass der Konzern den Zugang zu Motorola-Patenten nicht einschränken werde. Den von Apple vorgeschlagenen Verzicht auf Verkaufsverbote auf Grundlage von grundlegenden Standard-Patenten unterstützte Google im Gegensatz zu Microsoft oder dem Netzwerk-Ausrüster Cisco aber nicht.

Bei Nortel übernimmt die Koalition aus Apple, Microsoft und Research In Motion (RIM) rund 6000 Patente, von denen viele ebenfalls zum Grundstock von Standards gehören. Auch Google war an dem Paket interessiert, zog bei der Auktion mit einem Schlusspreis von 4,5 Milliarden Dollar aber irgendwann nicht mehr mit. Seinerzeit wurde gemunkelt, Apple und Co. hätten die Patente vor allem gekauft, damit Google sie nicht kriegt. Der Internet-Konzern fädelte wenig später die Motorola-Übernahme ein.

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