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"SAP weist seinen ­Kunden keinen klaren Weg in die Zukunft"

Uhr | Updated
von CEtoday

Seit April ist Hanspeter Kipfer neuer Country Leader von Oracle Schweiz. Nach 18 Jahren in internationalen Funktionen freut er sich auf seine neue Herausforderung als Länderverantwortlicher und erklärt im Gespräch, warum Oracle eine Channel-Firma ist und bleibt.

Sie sind seit drei Monaten neuer Country Leader von Oracle Schweiz. Wie haben Sie sich in Ihrer neuen Rolle eingelebt?

Hanspeter Kipfer: Ich war rund 18 Jahre in internationalen Funktionen tätig. Es ist schön, nach dieser Zeit des "modernen Nomadenlebens" wieder eine lokale Tätigkeit in meiner Heimat auszuüben. Insofern freue ich mich sehr auf diese Aufgabe, und es macht mir jetzt schon eine Menge Spass. Sie fragen, wie ich mich eingelebt habe. Diese Zeit war komprimiert auf ein paar Tage, denn wir standen kurz vor dem Jahresabschluss, der ein wesentlicher Bestandteil meiner Einarbeitungszeit war.

Was sind Ihre persönlichen Ziele in Ihrer neuen Funktion?

Meine persönlichen Ziele sind im Wesentlichen deckungsgleich mit den Zielen des Unternehmens. Vor allem gegenüber unseren Kunden. Ihnen will ich und will Oracle helfen, die Komplexität ihrer IT-Infrastruktur zu reduzieren, damit sie Ressourcen für Innovationen freimachen und bessere Kundenerlebnisse schaffen können. Für mich ist es wie für Oracle auch wichtig, dass wir den langfristigen Erfolg für Kunden, Partner und Mitarbeiter sicherstellen können. Das ist mir auch ein persönliches Anliegen. Wir suchen nicht den "Quick Win".

Und wie stellen Sie das sicher?

Die persönliche Nähe ist mir sehr wichtig. Ich will nahe an unseren Kunden, an unseren Partnern und an unseren Mitarbeitern sein. Ich will involviert sein, ich will sie verstehen, will wissen, was ihre Bedenken sind, und auch sehen, wo unsere Aufgaben und wo die Lösungen liegen. Es geht auch darum, auf dem weiter aufzubauen, was ich hier vorgefunden habe: nämlich auf der einen Seite einen Brand, dem unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter vertrauen, und auf der anderen Seite die Oracle Corporation mit ihren tollen Produkten.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil charakterisieren?

Ich würde ihn partizipativ nennen. Allerdings mit dem Wissen, dass am Schluss des Tages jemand – also ich – die Verantwortung trägt und die Entscheidungen trifft. Ich habe in meiner Vergangenheit Einzelsport und auch Teamsport betrieben. Ich weiss, was es bedeutet, mich allein oder als Leader eines Teams durchzusetzen. Aber ich weiss auch, was es heisst, als Teil eines Teams zu funktionieren.

Wie geht es Oracle in der Schweiz?

Oracle kommuniziert keine Geschäftszahlen der einzelnen Ländergesellschaften. Grundsätzlich geht es der Corporation aber gut. Das sieht man auch an der Entwicklung der ersten drei Quartale unseres Geschäftsjahres.

Mit welchen Geschäftsfeldern sind Sie zufrieden, wo könnte es besser laufen?

Ich habe das Gefühl, dass unser Applikationsgeschäft noch immer zu wenig Aufmerksamkeit im Markt geniesst. Das finde ich schade, denn wir haben unser gesamtes Applikationsportfolio einem Redesign unterzogen und auf Basis neuester technologischer Grundsätze entwickelt. Wir müssten noch mehr tun, um draussen im Markt das Bewusstsein für dieses für uns sehr wichtige Applikationsgeschäft zu vertiefen.

Was hat Oracle in diesem Bereich denn ­Besonderes zu bieten?

Wir sind heute in der Lage, mit unseren Applikationen jede Deployment-Methode zu unterstützen, sei es On-Premise, As-a-Service oder als Hybridmodell. Die Applikationsstrategie von Oracle ist, Flexibilität bei der Wahl aus unserem umfassenden, modernen und hochsicheren Portfolio an Produkten und Dienstleistungen zu bieten, die sich dem jeweiligen Kundenbedürfnis anpassen. Cloudbasierte SaaS-Applikationen können dazu verwendet werden, Mitarbeiter zu befähigen und sicherzustellen, dass sie Zugang zu den Daten und Features haben, die sie benötigen, um ihre Arbeit noch effizienter zu erledigen.

In welchem Zusammenhang stehen das Redesign des Applikationsportfolios und die Rivalität zwischen Oracle und SAP, über die in den Medien immer wieder berichtet wird?

Oracle hat mit dem Redesign des Applikationsportfolios für die Cloud in den vergangenen Jahren eine klare Führungsposition eingenommen. Diese gibt Kunden die Wahlfreiheit, wie sie ihre IT beziehen möchten: Ob Sie nun das Kundenerlebnis, das HR-Management, modernes Marketing oder ERP nehmen – überall sind wir sehr gut positioniert – gegenüber SAP genauso wie gegenüber anderen Mitbewerbern wie Salesforce oder Workday. Es ist auch augenfällig, dass in den Medien, wenn es um die Rivalität zwischen Oracle und SAP geht, häufig auf In-Memory-Analysen fokussiert wird. Was sie dabei oft vergessen ist, dass SAP von der Architektur her die grösseren Herausforderungen hat, da SAP seinen Kunden keinen klaren Weg in die Zukunft weist.

Welche Entwicklungen sehen Sie rund um die IT-Bedürfnisse von Schweizer Unternehmen im Zusammenhang mit Social und ­Mobile Analytics?

Unsere Wahrnehmung ist, dass die nordischen Länder und auch die Schweiz in diesen Bereichen Vorreiterrollen einnehmen. Das haben wir übrigens auch im Rahmen einer Studie untersucht. Insofern geniessen diese Themen bei Schweizer Unternehmen eine hohe Priorität, und wenn sie die entsprechenden Prozesse auch noch nicht alle implementiert haben, verfügen die meisten Firmen doch über eine Strategie, um diese Themen zu integrieren. Insbesondere Social Media sind heute ein integraler Bestandteil jeder Kommunikation, ob mit Kunden, Partnern oder Mitarbeitern. Die neueste Generation unserer Applikationen verfügt daher sowohl über Social- wie auch über Analytics-Funktionalitäten. Und wir verfügen über ein breites Portfolio und über Services via unsere Oracle Social Cloud. Hier ist auch "Mobile" ein sehr starkes Element, da heute Geschäfte von mobilen Geräten abgewickelt werden und wir uns heute via mobile Geräte sozial vernetzen und auch immer mehr Einkäufe über Social Media getätigt werden. Dafür bieten unsere Technologien native mobile Kapazitäten. Aus einer Geschäftsperspektive ist BYOD deshalb ein grosses Ding. Oracle hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass das Wachstum von BYOD in Europa vor allem wegen Sicherheitsbedenken nach wie vor gehemmt wird. Die Schweiz, die nordischen Länder und Deutschland sind dabei schon weiter als andere Länder und gehören zu den sogenannten "Embracern".

Mit anderen Worten: Sie sind der Meinung, dass sich die IT-Bedürfnisse der Unternehmen rund um Social, Mobile und Analytics gruppieren?

Das ist ein starkes Statement. Diese Themen spielen auf jeden Fall eine grosse Rolle in der Architektur, in der Anwendung, aber natürlich auch in der Nutzung.

Oracle hat kürzlich die neue In-Memory-­Option für die Database 12c angekündigt. Was hat es damit auf sich?

Mit dieser Lösung, die ab Juli allgemein erhältlich ist, können Unternehmen ihre Daten in Echtzeit analysieren – mit Geschwindigkeiten, die 100- bis 1000-mal schneller sind als bisher üblich. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten, ein Unternehmen zu führen – mehr und vertiefte Analysen bieten ein starkes Fundament für qualifizierte Entscheidungen. Dank unserer technologischen Innovation wird dies quasi per Knopfdruck möglich – es besteht auch keine Notwendigkeit, neue Codes zu schreiben. Und weil wir duale Datenformate verarbeiten können, werden auch Transaktionen zwei bis drei Mal schneller. Das ist eine sehr starke Value Proposition.

Welchen Stellenwert hat das Cloud-­Geschäft für Oracle?

Derzeit macht das Cloud-Geschäft rund eine Milliarde US-Dollar des Umsatzes von Oracle aus, wie Mark Hurd verschiedentlich erwähnt hat. Und dieses Geschäft wird weiter stark wachsen. Insofern ist es eine wichtige strategische Ausrichtung für uns, dass wir die meisten Produkte aus unserem Portfolio cloud-fähig beziehungsweise auch selbst Cloud-Lösungen anbieten. Oracle überlässt aber die Entscheidung bezüglich IT aus der Cloud – ob Private, Public oder Hybrid – vollumfänglich dem Kunden.

Was sind die Wachstumstreiber für Oracle heute und in Zukunft?

Ich kann Ihnen versichern, dass wir in allen Gebieten sehr gut aufgestellt sind, in die Unternehmen im Bereich der IT in den kommenden Jahren investieren werden.

Welche Bedeutung hat der Channel für Oracle in der Schweiz?

Unsere Partner sind für uns enorm wichtig. Als Daumenregel gilt, dass rund 80 Prozent der Transaktionen über unsere Partner abgewickelt werden und diese rund 40 Prozent des Umsatzes von Oracle ausmachen.

Wie unterstützt Oracle den Channel?

Wir haben ein Oracle-Partnernetzwerk, das Kurse und Zertifikate anbietet. Zudem haben wir das Programm "Oracle Specialized" lanciert, das es Partnern ermöglicht, ihre Spezialisierung in bestimmten Technologien oder Produkten sichtbar zu machen. Die neue, bereits erwähnte In-Memory-Option ist auch eine sehr gute Neuigkeit für unsere ISV-Partner: Oracle-Database-Lösungen sind der massgebende Unterbau für mehr als 12 000 Applikationen von unabhängigen Softwareverkäufern, kurz ISVs. Oracle Database 12c, Oracle Exadata Database Machine, Oracle Super­ Cluster und Oracle Database Appliance bieten jenes Fundament, das ISVs benötigen, um ihren Kunden eine leistungsstarke Performance, Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit zu bieten. Die Einführung von Oracle Database In-Memory gibt ISVs die Möglichkeit, Applikationen zu boosten, um noch schnellere Einsichten, Analysen und Auswertungen zu erhalten und Onlinetransaktionen zu beschleunigen. Damit ISVs dieses neue Angebot ideal für sich nutzen können, beinhaltet die Zertifizierung Oracle Database Ready des Oracle-­Partnernetzwerks auch Oracle Database In-­Memory. In der Cloud haben wir ebenfalls extensive Programme, um Partnern zu helfen, von der Cloud zu profitieren.

Ihre Message an den Channel?

Momentan ist ein günstiger Zeitpunkt, um Oracle-Partner zu sein oder eine Partnerschaft mit Oracle abzuschliessen. Wir haben eine klare Strategie und sind insofern berechenbar für unsere Kunden und Partner. Unsere Innovationen – organisch wie auch durch Akquisitionen – machen uns zu einem attraktiven Anbieter in all jenen Bereichen, die für Unternehmen wirklich relevant sind. Oracle-­Partner können davon voll profitieren. Zudem, und das ist mir besonders wichtig, können unsere Partner mit Oracle ihr Geschäft profitabel betreiben.

Persönlich

Hanspeter Kipfer verfügt über mehr als 20 Jahre IT-Erfahrung. Er kam im April 2006 durch die Akquisition von Siebel zu Oracle. Zwischen 2007 and 2009 führte er Oracles Applikationsgeschäft in Osteuropa und den GUS as Vice President Sales. Vor Siebel und Oracle war Kipfer bei einem deutschen Software-Start-up tätig, wo er verschiedene Managementpositionen innehatte, unter anderem war er dort COO und Executive Vice President Global Sales. Davor war er bei Sun.

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