Wie wichtig Nachhaltigkeit in der Schweizer RZ-Branche ist
Gemäss einer Studie des Bundesamts für Energie verbrauchen die Schweizer Rechenzentren jährlich 2100 Gigawattstunden. Also etwa so viel wie 450'000 Haushalte zusammen. Wie nachhaltig der Schweizer RZ-Markt ist, sagt Mark Thommen, Head of Data Center bei Netrics und CEO von Datacube.
Was muss ein RZ-Betreiber heute bieten, um morgen noch im Geschäft zu sein?
Mark Thommen: Kunden wollen heute ihre Infrastruktur mit externen RZs kombinieren. Sie möchten Netzwerkdienste, moderne Telefonielösungen, Public-Cloud-Services aus einer Hand beziehen und flexibel Private-Cloud-Ressourcen dazubuchen können.
Algenfarmen, Abwärmenutzung, Energieeffizienz: Wie wichtig sind solche Ansätze für nachhaltige Rechenzentren, und wie verbreitet sind sie in der Schweiz?
Jedes Kilowatt an Systemleistung in einem Datacenter mit schlechtem PUE-Wert kostet den Kunden Geld ohne Gegenwert. Viele kleine RZs haben einen PUE von über 2. Damit kostet der Betrieb doppelt so viel wie in einem ökologisch konzipierten RZ. Dazu kommen neue Vorschriften zur Energieeffizienz. Betreiber eines RZ mit PUE über 2 sollten über eine Zusammenarbeit mit einem RZ-Betreiber nachdenken.
Gemäss einer aktuellen CBRE-Studie hat die Schweiz die zweithöchste Rechenzentrumsdichte in Europa. Wie viel Wachstum ist in diesem Markt noch möglich?
Es gibt in der Schweiz noch etwa 100'000 Quadratmeter an Inhouse-RZs. Diese Inhouse-RZs sind meist nicht auf Energieeffizienz optimiert. Zudem skalieren diese schlecht und bringen auch die benötigte Leistungsdichte nicht. Die Leistungsdichte pro Quadratmeter nimmt laufend zu, das heisst High-Density-Racks müssen bereitgestellt werden. Ebenso wird die Vernetzung der Standorte immer wichtiger. Im Trend sind die Edge-Datacenter, die Kunden lokal mit Private-Cloud-Lösungen unterstützen. Lokale und zeitkritische Applikationen, etwa für IoT, Visualisierungen, Real Time Applications und Augmented Reality, müssen mit tiefen Latenzen flexibel und schnell möglich gemacht werden.
Wie können sich lokale RZ-Betreiber gegen die grossen, internationalen Anbieter behaupten?
Hyperscaler sind örtlich an die Wirtschaftsmetropolen Zürich und Genf gebunden. Edge-Datacenter nahe bei der Industrie können durch tiefe Latenz und persönlichen Service punkten. Zudem ist es eine Frage der Verantwortung. Kann und will ich mit einem Hyperscaler die Verantwortung für geschäftskritische Anwendungen vereinbaren?
Welche Chancen bietet das RZ-Geschäft für Fachhändler, Integratoren, Systemhäuser?
Als Spezialist im Entwickeln von individuellen Kundenlösungen ist der Fokus auf agile, schnelle Softwarebereitstellung. Es ist deshalb fraglich, ob sich der dynamische ICT-Markt mit dem Infrastrukturgeschäft mit langfristigen, nachhaltigen Zyklen kombinieren lässt. Zudem wird auch die physische Sicherheit immer stärker gewichtet. Da ist man besser bedient, wenn man mit dem lokalen Datacenter-Betreiber die Verantwortung teilt.
Die Antworten der weiteren Teilnehmer des Podiums:
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Michael Dudli, CEO von Xelon: "Ausser Datenschutz und Security-Massnahmen spielen auch Energieeffizienz und Innovationsfähigkeit eine Rolle."
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Walter Kasal, NTT: "Es reicht nicht mehr, nur Fläche, Energie, Kühlung und physische Sicherheit anzubieten."
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Thomas Kreser, Interxion: "Die aktuell stattfindende digitale Transformation bietet viele Chancen."
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Roger Semprini, Equinix: "Idealerweise sollte ein RZ-Anbieter ein sogenanntes Campus-Modell anbieten."
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Patrick Stutz, Mount10: "Nicht die RZ-Fläche ist entscheidend, sondern wie viel Kühl- oder Stromleistung pro Quadratmeter zur Verfügung steht."
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Roger Süess, Green: "Nachhaltige Ansätze sind absolut entscheidend!"
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Ralph Urech, Data11: "Langfristige Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit bleiben jedoch die drei wichtigsten Eckpfeiler."