Was die Fusion innerhalb der NTT-Gruppe für die Schweiz bedeutet
Die NTT-Gruppe, zu der auch Dimension Data und E-Shelter gehören, bündelt ihre Firmen: eine Fusion von 30 internationalen Unternehmen und 40'000 Mitarbeitern. In der Schweiz treibt Franky De Smedt die Integration voran. Im Interview sprechen er und Europa-CEO Andrew Coulsen über die Bündelung und was diese für die Schweiz bedeutet.
Bevor Sie zur NTT-Gruppe kamen, hatten Sie über 21 Jahre für Tupperware gearbeitet. Warum haben Sie einen so drastischen Branchenwechsel vollzogen?
Franky De Smedt: Ich war an einen Punkt gekommen, an dem ich das Gefühl hatte, alles gesehen zu haben, was es in der Branche zu sehen gibt. Ich brauchte eine neue Herausforderung, und dieser Wunsch brachte mich schliesslich zu Dimension Data.
Warum entschieden Sie sich, zu einer IT-Firma zu wechseln?
De Smedt: Gänzlich neu ist das Thema für mich nicht. Ich verantwortete schon zuvor technologische Aspekte – allerdings mehr aus der Kundenperspektive. Ich finde die IT sehr interessant. Sie entwickelt sich enorm schnell weiter. Aber auch die Tatsache, dass es eben so anders war als meine bisherigen Aufgaben, fand ich attraktiv. Als sich dann bei Dimension Data eine Gelegenheit bot, zögerte ich nicht lange. Ich wusste sofort: Das ist die richtige Herausforderung für mich.
Sehen Sie auch Parallelen zwischen den beiden Branchen?
De Smedt: Man glaubt es kaum, aber ja. Es gibt durchaus ein paar Dinge, die in jeder Branche gelten, wenn man ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen will. Mir kommen spontan vier Punkte in den Sinn.
Und die wären?
De Smedt: Erstens: Egal was für ein Produkt oder eine Lösung ein Unternehmen anbietet, es geht immer um Qualität. Denn sie ist unternehmenskritisch. Bei Tupperware hatten wir einen sehr starken Fokus auf Qualität – denselben Fokus sehe ich nun hier bei NTT. Zweitens: Jedes Business ist ein People Business. Ein Unternehmen ist eine Ansammlung von Mitarbeitern. Und es ist die Qualität der Mitarbeiter, die am Ende die Qualität der Lösung und somit auch die Qualität der Beziehung zum Kunden bestimmt. Drittens: Partner. Gute Partner und gute Beziehungen zu diesen sind in jeder Branche wichtig, um den Erfolg anzutreiben. Viertens: Customer Service. Die Kundenbetreuung ist nicht nur bei Consumer-Produkten wichtig. Auch NTT liefert Services, die für bestimmte Kunden entwickelt wurden. Deshalb ist es wichtig, den Fokus auf den Kunden und seine Bedürfnisse zu richten.
Was kann der Customer Service in der IT-Industrie von der Tupperware-Branche lernen?
De Smedt: Bei Tupperware hatten wir sehr strikte Zielvorgaben: Alles, was nicht zu mindestens 98 Prozent perfekt war, war eine Schande für das Unternehmen. Wenn man etwa ein Produkt nicht liefern kann, hat dies auch direkte finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen. Dann müssen die Produkte erneut ausgeliefert werden, was erneut Kosten verursacht und sich auf die Verdienstmöglichkeiten des Unternehmens auswirkt. Darum setzten die Mitarbeiter alles daran, dass die Kunden mit ihren gekauften Dienstleistungen zufrieden sind – egal, was es kostet. Dieses Mindset will ich auch hier bei NTT verankern: Wir wollen unseren Kunden nicht nur gute Services offerieren, sondern überragende.
Sie waren bei Tupperware und später auch bei Dimension Data als CFO tätig. Wie hat das Ihren Führungsstil beeinflusst?
De Smedt: Ja, der eigene Werdegang beeinflusst den Führungsstil, den man pflegt. Wer mit einem Hintergrund im Finanzbereich eine Management-Rolle übernimmt, fokussiert wohl viel mehr auf Fakten und KPIs. Für NTT ist dies gerade sehr wichtig, denn wir bauen zurzeit ein hochleistungsstarkes Unternehmen auf. Aber als Vorgesetzter muss man vor allem etwas sein: authentisch. Dabei spielt es keine Rolle, ob man der CFO oder der General Manager eines Unternehmens ist.
Andrew Coulsen: Es gibt durchaus CFOs, die sich zu stark auf ihre Kreditoren und Debitoren fokussieren. Als CFO lernt man aber auch sehr klar zu kommunizieren, wo das Unternehmen gerade steht und was die Gründe dafür sind – egal ob diese intern, makroökonomisch oder politisch sind. Mit dieser Transparenz kann ein CFO ein enormes Vertrauen zwischen den Mitarbeitern und dem Management aufbauen. Ich bin daher sehr froh, dass jemand mit so einem Hintergrund die Region leitet.
Wie viel Freiraum haben Sie in der Schweiz, um Ihre eigenen Strategien umzusetzen?
De Smedt: Das ist einer der Gründe, warum ich NTT so sehr mag. Einige Entscheide werden zwar auf regionaler oder auf Gruppenebene gefällt. Dies geschieht jedoch eher in Form strategischer Unterstützung. Auf Länderebene haben wir etwa die Freiheit, zu sagen: "Moment, so weit sind wir hier noch nicht." Wir können in der Schweiz unsere eigenen Fokuspunkte festlegen. Wir können entscheiden, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickelt oder wie wir die Ziele der Gruppe erreichen wollen. Der Nachteil ist aber natürlich, dass mit der Freiheit auch die Verantwortung kommt (lacht). Wir haben zwar viele Freiheiten. Aber dafür müssen wir auch die entsprechenden Ergebnisse liefern. Das ist aber definitiv besser, als wenn man für jede kleine Entscheidung um Erlaubnis fragen müsste.
Sie waren zuletzt als Managing Director für die Schweiz bei Dimension Data tätig. Wie haben sich Ihre Aufgaben nun geändert?
De Smedt: Meine Rolle hat sich eigentlich nicht drastisch geändert. Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, die Marktpräsenz und -durchdringung von NTT auszubauen. Was sich eher geändert hat, ist der Name und die Grösse des Unternehmens.
Sie meinen die Zusammenlegung innerhalb der NTT-Gruppe?
De Smedt: Genau. In der Schweiz begannen wir mit Dimension Data vor etwa zwei Jahren mit der Transformation. Jetzt sehen wir, wie die verschiedenen NTT-Unternehmen zusammenkommen und was für fantastische Chancen dies für den Schweizer Markt kreiert.
Wie meinen Sie das?
De Smedt: Die Geschäfte der einzelnen Unternehmen ergänzen sich sehr gut. Was die Region, das Portfolio und die Kunden betrifft, sind sie komplementär. Dimension Data war zuvor vor allem im französischsprachigen Teil der Schweiz stark. In der Deutschschweiz waren wir jedoch weniger präsent. NTT Security hingegen hatte den Sitz in Zürich. Auch bei den Kunden gibt es eine Überlappung von vielleicht 5 Prozent. Die Zusammenlegung bietet daher also viele Möglichkeiten für Cross- und Upselling – sowohl hier in der Schweiz als auch global.
Was war der Grund für diesen Schritt?
De Smedt: Es ergab Sinn, die unterschiedlichen Portfolios und die unterschiedlichen Kunden zu vereinen. Jetzt hat NTT ein einheitliches Portfolio, das wir allen Kunden der ehemals einzelnen Unternehmen anbieten können. Natürlich erwarten wir, dass diese Zusammenlegung auch die weltweite Profitabilität steigern wird.
War dieser Schritt auch mit einem Stellenabbau verbunden?
De Smedt: Leider kam es durch diese Zusammenlegung auch zu Redundanzen. Einzelne Personen, die zuvor ähnliche oder dieselben Rollen ausgeübt haben. Derzeit prüfen wir noch, wie wir die Mitarbeiter, die von diesen duplizierten Rollen betroffen sind, am besten einsetzen können. Gewisse Mitarbeiter können neue Fähigkeiten erlernen und andere Aufgaben übernehmen. So können wir zugleich auch auf die sich stetig wandelnden Bedürfnisse unserer Kunden eingehen sowie auch die Bedürfnisse neuer Kunden adressieren. Dies ist aber leider nicht in allen Fällen möglich.
Wie viele Mitarbeiter sind in der Schweiz davon betroffen?
De Smedt: In der Schweiz betrifft dies nur eine sehr kleine Anzahl Mitarbeiter.
Ist die Zusammenlegung schon abgeschlossen?
De Smedt: Nein, der Prozess schreitet weiter voran. Und während wir die bestehenden NTT-Unternehmen zusammenbringen, kauft die Gruppe auf globaler Ebene weiterhin neue auf. Die müssen natürlich auch wieder eingegliedert werden. Als wir die Pressemitteilung verschickten, ging es um 27 Unternehmen, die zusammengelegt werden. Mittlerweile sind es 30. Aber davon sind nur 7 in Europa und der Schweiz aktiv.
Andrew Coulsen: Man kann nicht einfach 30 Unternehmen nehmen und sagen, so, jetzt seid ihr eine Firma. Es gibt zahlreiche Regulatorien und Arbeitsgesetze, die beachtet werden müssen. Zudem hätte das auch enorme Auswirkungen auf das Betriebsergebnis. Darum ist unsere Roadmap auf drei Jahre ausgelegt. So wollen wir auch sichergehen, dass wir keine Kunden verlieren oder Mitarbeiter ausgrenzen.
Wie sieht der Integrationsprozess aus?
De Smedt: Der ganze Integrationsprozess erfolgt sehr vorsichtig Schritt für Schritt. In dieser ersten Phase konzentrieren wir uns – global und in der Schweiz – zunächst auf drei Unternehmen: NTT Communications, NTT Security und Dimension Data. So wollen wir sicherstellen, dass die Integration reibungslos verläuft.
Coulsen: Wir beginnen mit den Cloud Services und Managed Services von NTT Communications und kombinieren diese mit dem Angebot von Dimension Data. Anschliessend fügen wir noch die Fähigkeiten von NTT Security und E-Shelter hinzu. So bauen wir Stück für Stück ein solides Fundament auf, dem wir nach und nach weitere Go-to-Market-Komponenten hinzufügen können.
Gibt es auch Widerstände gegen diese Zusammenlegung?
De Smedt: Nein. Es sind zwar sehr verschiedene Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäfts- und Transaktionsmodellen. Aber was die Unternehmenskultur betrifft, sind sie sich alle sehr ähnlich. Darum war es auch nicht schwierig, die Mitarbeiter zusammenzubringen. Wichtig ist einfach, dass wir alle als gleichwertige Partner betrachten, die alle gemeinsam zum neuen NTT beitragen und das Unternehmen zusammen weiterentwickeln.
Was erhoffte sich NTT durch diese Integration?
De Smedt: Wir wollen so Synergien ausnutzen. Dimension Data zum Beispiel ist vor allem als Hardwareunternehmen bekannt. Mit der Transformation können wir uns von diesem Fokus auf Hardware lösen und uns mehr in Richtung Lösungen und Services bewegen. Wir wollen mit unseren Kunden nicht mehr über Geräte oder Hersteller reden, sondern über ihre Vorstellungen und Bedürfnisse. Darauf aufbauend können wir dann ein spezifisches Angebot aus Lösungen und Dienstleistungen für den Kunden zusammenstellen.
Coulsen: Wir wollen das Beste von allen NTT-Unternehmen vereinen und die erfolgreichsten Go-to-Market-Strategien zusammenbringen. Dimension Data beispielsweise war auch stark im Bereich Cybersecurity. Was aber bisher noch fehlte, waren die erstklassigen Consulting-Dienstleistungen. Diese wurden zuvor von NTT Security angeboten. Dank der Integration können wir als NTT nun End-to-End ein durchgängiges Angebot offerieren. Genau das erwarten die Kunden heutzutage.
Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?
De Smedt: Genauso wie wir gehen auch unsere Kunden und Partner zurzeit durch eine Transformation. Darum ist es umso wichtiger, dass wir nun zusammenarbeiten. Dies erfordert ein gegenseitiges Verständnis dafür, wo die Reise hingeht. Wie in jeder Partnerschaft gibt es bessere und schlechtere Zeiten. Aber Partnerschaft bedeutet für mich, dass man trotzdem immer zusammenhält auf diesem gemeinsamen Weg. Und dafür will ich mich hier in der Schweiz einsetzen.
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Persönlich: Franky De Smedt ist Managing Director von NTT Ltd. in der Schweiz. Er kam 2016 als CFO von Dimension Data Switzerland zur Unternehmensgruppe. Im Februar 2018 wurde er zum Managing Director von Dimension Data Schweiz befördert. Davor war De Smedt mehr als 20 Jahre lang bei einer globalen Marketinggesellschaft in verschiedenen Managementfunktionen sowohl auf Landes- als auch auf regionaler Ebene tätig. De Smedt hat eine Leidenschaft für den Radrennsport und geniesst gutes Essen und Trinken mit Freunden. Quelle: NTT