Die KI-Revolution, die vielleicht nichts ändert
Am diesjährigen CNO Panel hat sich fast alles um das Thema New Work gedreht. Die Gäste auf der Bühne stellten neue Kunstformen vor und plädierten für mehr Flexibilität am Arbeitsplatz. Sie zeigten aber auch auf, dass manches trotz künstlicher Intelligenz gleich bleibt.
Am 25. Oktober ist in Bern die 21. Ausgabe des CNO Panels über die Bühne gegangen. Der letztjährige Anlass hatte aufgrund der Pandemie vorwiegend virtuell stattgefunden. Pascal Sieber, VR-Präsident von Sieber & Partners und Veranstalter des CNO Panels, zeigte sich nun umso erfreuter, dass sich die Gäste nun wieder physisch treffen konnten.
Knapp 400 von ihnen nahmen laut seinen Angaben an der Abendveranstaltung im Berner Casino teil – die Workshops am Nachmittags besuchten sogar noch etwas mehr.
Warum es der Softwarebranche gut geht
Einer dieser Workshops war traditionsgemäss die Präsentation des neuesten Swiss Software Industry Survey. Erstmals wurde die Studie vom Wirtschaftsverband Swico in Auftrag gegeben. Als Vertreter der hiesigen Softwareindustrie liege ihnen viel daran, die Branche zu kennen, erklärte Swico-Geschäftsführerin Judith Bellaiche das Engagement.
"Der Softwareindustrie geht es gut – sehr gut sogar", fasste Bellaiche die Ergebnisse der Studie im Verlauf der Abendveranstaltung zusammen. Und dank einer erstmals durchgeführten qualitativen Analyse lasse sich jetzt auch erklären, was den Erfolg der Branche ausmache. Demnach bestehe ein Zusammenhang zwischen der Organisationsformen innerhalb eines Unternehmens und seiner Resilienz. Jene Unternehmen, die auf informelle Kontrollmechanismen setzen, berichten auch von weniger negativen Auswirkungen der Pandemie.
Swico-Geschäftsführerin Judith Bellaiche sprach über die Ergebnisse des Swiss Software Industry Survey. (Source: zVg)
Vielleicht sei die Softwareindustrie prädestiniert gewesen, eine solche Krise zu bewältigen und informelle Arbeitsmodelle auszutesten, kommentierte Bellaiche. Die Erkenntnis für den Swico sei jedenfalls klar: "Wir wollen das in Zukunft mehr pushen."
Kryptokunst und Profi-Gamer
Das Thema New Work bildete den roten Faden des diesjährigen CNO Panels. Während der Abendveranstaltung stellte Gastgeber Pascal Sieber mehrere Personen vor, deren aktuelle Tätigkeiten es in dieser Form bis vor Kurzem noch nicht gab. So erzählte Künstlerin Daniela Filippelli, dass sie Anfang Jahr noch nichts über NFTs (Non-Fungible Tokens) wusste. Das hat sich mittlerweile geändert: "Wenn man irgendwo Feuer fängt, bricht Leidenschaft aus", sagte Filippelli, die inzwischen eine ganze Reihe NFTs produziert hat. Dennoch sei die Kryptokunst für sie ein Zusatz. "In erster Linie bin ich eine Künstlerin, die Bilder malt." Eines dieser Bilder, eine vielfarbige Collage zum Thema "New Work", wurde im Verlauf des Events zu Gunsten der Organisation SOS Kinderdorf versteigert.
Später gab Patrick Gobonya einen Einblick in die Arbeit seines Unternehmens Ovation eSports. Das Ziel: junge Profi-Gamer gross herausbringen. Er versuche dabei, die E-Sportler mit Brands zusammenzubringen, erklärte er. Zudem kümmere sich sein Unternehmen um das Wohlbefinden und die Gesundheit der Spieler, und zwar auf ähnliche Weise wie bei "normalen" Sportlern: Auch Gamer erhalten persönliche Assistenten und Ernährungsberatung. Und auch das Leben nach dem E-Sport sei ihm wichtig: Man wolle dafür sorgen, dass die Spieler auch "mit beiden Beinen im Leben stehen", wenn sie für den professionellen E-Sport zu alt seien. Ein ausführliches Interview mit Patrick Gobonya lesen Sie hier.
Die wichtigste Ressource nutzen
Marc Peter, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Transformation an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) präsentierte in seiner Keynote einen Überblick verschiedener Studien zur Arbeitswelt 4.0. Demnach seien Mitarbeitende offen für neue, flexiblere Arbeitsmodelle, und auch die CEOs wollten sich weiterentwickeln. Gegen Veränderungen spreche sich jedoch oft das mittlere Kader aus.
Wiederholt legte Peter den anwesenden Managerinnen und Managern ans Herz, neue Arbeitsmodelle gemeinsam mit den Mitarbeitenden – der "wichtigsten Ressource" – zu entwerfen. Eine E-Mail an die Belegschaft mit der Weisung: "Kommen Sie an drei Tagen pro Woche ins Büro", reiche nicht mehr. Vielmehr müssten Führungskräfte ihren Mitarbeitenden erklären, warum sie dies tun sollten.
"Empowern Sie Ihre Teams, die Arbeitswelt zu gestalten", rief Peter auf. Dazu empfahl er schnelle, aktive Workshops, in denen Mitarbeitende sagen können, welche Mittel und welche Kultur sie sich wünschten.
Das CNO Panel 2021 ging im Casino Bern über die Bühne. (Source: zVg)
Keine Chance für den Robo-Boss
Mit der Frage, wie lange es die anwesenden Führungskräfte im Zeitalter künstlicher Intelligenz (KI) noch braucht, beschäftigte sich Sachbuchautor Thomas Ramge. Die Idee, nicht mehr von einem Menschen, sondern einer Maschine, also einem Robo-Boss geführt zu werden, stosse bei manchen Mitarbeitenden auf Zustimmung, fasste er eine Studie zusammen. Grund: "Es würde nicht mehr passieren, dass ich für schlechtere Schichten eingeteilt würde, nur weil mein Boss mich nicht mag."
Tatsächlich könnte man sich ein Unternehmen vorstellen, in dem Algorithmen die strategischen Entscheidungen treffen, die dann von Robotern ausgeführt würden. Dennoch werde künstliche Intelligenz die menschliche Führungskraft nicht ersetzen, versicherte Ramge, und nannte dafür verschiedene Punkte. So sei eine Maschine oft "verdammt schlecht" darin, eine "gute Entscheidung" als solche zu erkennen. Dies liege daran, dass sich oft erst im Nachhinein zeigt, wie gut eine Entscheidung wirklich gewesen sei. KI könne zwar Dinge vorhersagen – solide Daten vorausgesetzt, aber Vorhersage sei nur ein wichtiger Aspekt der Entscheidungsfindung.
Auch die Frage nach den Werten und Zielen hinter einer Entscheidung bringe künstliche Intelligenz an ihre Grenzen, sagte Ramge weiter. Gleiches gilt beim Ermitteln neuer Optionen und beim Klären von Zielkonflikten.
Zu einem Entscheidungsprozess gehöre es, ganz viele Informationen zu einem halbwegs schlüssigen Gesamtbild zusammenzufügen. Und darin, so Ramge, seien Maschinen nicht gut. Und noch schlechter seien sie darin, Neues zu schaffen, kreativ zu sein. "Menschliche Intelligenz ist die Fähigkeit, herauszufinden, was zu tun ist, wenn wir nicht wissen, was zu tun ist", sagte er zum Schluss.
Gefragt, welche Kernbotschaft er vom diesjährigen CNO Panel mitnehme, schreibt Gastgeber Pascal Sieber: "Es ist nicht mehr sinnvoll a priori zu definieren, was gut und was schlecht ist. Dafür brauchen wir gute Verfahren, um Entscheidungen dank künstlicher Intelligenz besser zu treffen (Management), und wir brauchen gute Verfahren, um jederzeit in der Lage zu sein, Gutes von Schlechtem ad hoc zu unterscheiden (Ethik)."
Das nächste CNO Panel findet am Montag, 31. Oktober 2022 erneut im Casino Bern statt.