Update: Quad9 ist nach Sieg im Sony-Rechtsstreit erneut unter Beschuss
Nachdem das Oberlandesgericht Dresden ein zuvor gefälltes Urteil gegen Quad9 aufgehoben hat, wird der Schweizer DNS-Resolver erneut zu Sperren aufgefordert: diesmal von Sony Music Italien.
Update vom 11.12.2023: Die Freude über den errungenen Sieg von Quad9 im Rechtsstreit mit Sony Music währte nicht lange. Kurz nachdem das Oberlandesgericht Dresden ein zuvor gefälltes Urteil gegen Quad9 aufgehoben hatte, wurde der Schweizer DNS-Resolver erneut zu Sperren aufgefordert, wie Quad9 auf seiner Website schreibt. Anwälte von Sony Music Italien, Universal Music Italy, Warner Music Italia sowie des Verbands der italienischen Musikindustrie hätten Quad9 eine Liste von Domains übermittelt, die die Non-Profit-Organisation ebenfalls sperren sollten.
Quad9 sei der Aufforderung nachgekommen und habe die entsprechenden Domainnamen gesperrt, heisst es in einem Statement der Organisation. Weiter führt der DNS-Resolver aus: "Die kurze Antwort von unserer Seite ist, dass wir gegen diese Zensurforderung kämpfen werden, aber es kann einige Zeit dauern, bis wir sicher sein können, dass wir einen vollständigen Sieg erringen und unseren Fall in Deutschland abschliessen können, bevor wir in der Lage sind, ein weiteres Gerichtsverfahren einzuleiten."
Update vom 7.12.2023:
Quad9 gewinnt im Streit mit Sony Music
Quad9 erringt im Rechtsstreit mit Sony Music einen Sieg. Das Oberlandesgericht Dresden hat das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts Leipzig aufgehoben. Zuvor gesperrte Domains wie "Canna.to" werden vom DNS-Resolver nun wieder übersetzt, wie Quad9 auf seiner Website schreibt.
"Der heutige Tag ist ein positiver Moment in unseren Bemühungen um die Erhaltung des Internets als neutrale und vertrauenswürdige Ressource für alle", heisst es im Statement weiter.
Das Oberlandesgericht Dresden hat zudem eine Urteilsrevision nicht zugelassen. Sony Music hat die Möglichkeit, eine "Nichtzulassungsbeschwerde" einzureichen. Falls diese erfolgreich wäre, könnte das Unternehmen die Klage an den Bundesgerichtshof weiterziehen.
Update vom 28.7. 2023:
Quad9 sperrt Piraterie-Seite Canna.to
Im Rechtsstreit zwischen Sony Music und dem in Zürich ansässigen DNS-Resolver Quad9 gibt es neue Entwicklungen. Das Landesgericht Hamburg hat dem Schweizer Unternehmen eine Geldstrafe von 10’000 Euro angedroht, wie Quad9 auf seiner Website schreibt.
Das Geoblocking für Deutschland, das Quad9 2021 infolge einer gerichtlichtlichen Anordnung implementiert hatte, reiche Sony Music und dem Gericht nicht aus, heisst es. "Sony hat zwei Fälle nachgewiesen, in denen der betreffende Domainname von Deutschland aus aufgelöst wurde", schreibt der Resolver. Es handle sich um Zugriffe per VPN sowie über einen Mobilfunkbetreiber. Auch könnten Anfragen aus Deutschland über Landesgrenzen hinweg an nichtdeutsche Server übermittelt worden sein. Quad9 befolge damit das Urteil aus dem Jahr 2021 nicht vollständig, argumentierte Sony vor Gericht, und bekam Recht. Der Resolver schreibt hingegen, "dass wir im Einklang mit den Anforderungen des Gerichts gehandelt haben", die Übermittlung von Anfragen ausserhalb der Gerichtsbarkeit - also ausserhalb der Landesgrenzen, falle nicht in den Geltungsbereich des Richterspruchs. Quad9 reagierte indes auf die drohende Strafe und belegte auch die Musik-Downloadseite Canna.to mit einer weltweiten DNS-Sperre, ebenso die Zweitplattform canna-power.to, wie "Heise" berichtet.
Update vom 3.3.2023:
Quad9 geht gegen Sony in Berufung
Im Urheberrechtsstreit zwischen DNS-Betreiber Quad9 und Sony ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die das in der Schweiz ansässige Unternehmen Quad9 unterstützt, kündigt an, gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig in Berufung zu gehen.
Laut GFF erfolgt die Berufung vor dem Oberlandesgericht Dresden. In einer Mitteilung kommentiert Felix Reda, Leiter des Projektes Control © der GFF: "Das Landgericht Leipzig hat in erster Instanz ein eklatantes Fehlurteil gefällt. Es behandelt Quad9 so, als würde der Dienst selbst eine Urheberrechtsverletzung begehen, obwohl er bloss einen Webseitennamen in eine IP-Adresse auflöst. Folgt man dieser Argumentation, wäre die urheberrechtliche Haftung völlig neutraler Infrastrukturdienste wie Quad9 sogar strenger als die sozialer Netzwerke, die unter den berüchtigten Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie fallen." Der Artikel 17 sieht vor, dass grosse Internetplattformen automatisierten Systeme einrichten müssen, um urheberrechtlich geschützte Werke vor dem Upload herauszufiltern, wie einem Artikel des Portals "Fachjournalist" zu entnehmen ist.
Quad9 ist übrigens nicht der einzige DNS-Provider, den Sony gerichtlich in die Mangel nimmt. In Italien und Deutschland liefen ähnliche Verfahren gegen das US-amerikanische Unternehmen Cloudflare, wie die "Republik" berichtet. Auch Cloudflare betreibt einen DNS-Dienst und muss aufgrund der Urteile nun Webseiten für sämtliche Nutzer in Deutschland sperren. Hinter der Entscheidung, die DNS-Provider in Deutschland zu verklagen, steckt laut der Republik Kalkül. Hierzulande sei Sony mit ähnlichen Klagen vor Gericht abgeblitzt. Das Landgericht Hamburg, vor dem Sony Quad9 unter anderem verklagte, gelte dagegen als besonders urheberrechts-freundlich.
Gegenüber der Republik kündigt Quad9-CEO Nadia Alter an, "den gesamten Instanzenzug, gegebenenfalls bis zum Europäischen Gerichtshof, in diesem Verfahren gegen Sony auszuschöpfen". Zudem will das Unternehmen die Schweizer Bevölkerung besser über die Auswirkungen eines Urteils gegen Quad9 sensibilisieren.
Update vom 2.3.2023:
Schweizer NPO Quad9 unterliegt erneut gegen Sony
Im Streit zwischen Quad9 und Sony ist Quad9 erneut unterlegen. Wie "Heise" berichtet, verbot das Landgericht Leipzig dem in der Schweiz ansässigen DNS-Betreiber, Anfragen nach Domains zu übersetzen, auf denen urheberrechtlich geschützte Alben von Sony zum Download angeboten werden. Andernfalls drohe der Schweizer NPO ein Ordnungsgeld von bis zu 250'000 Euro oder bis zu zwei Jahren Haft. Das Gericht stufe Quad9 damit als Täter von Urheberrechtsverletzungen ein, heisst es weiter. Dagegen hatte Quad9 argumentiert, man könne als DNS-Betreiber noch nicht einmal als Störer in Anspruch genommen werden.
In einem Blogbeitrag warnt Quad9 vor den breiteren Implikationen dieses Urteils: "Wir sind der Meinung, dass die Forderung von Sony im Wesentlichen auf eine Zensur von Inhalten hinausläuft und die Gefahr besteht, dass die Grundlagen eines freien und offenen Internets in Europa und möglicherweise auch weltweit erschüttert werden. Zensur wiederum kann zu einer unzulässigen Einschränkung der Meinungsfreiheit führen", schreibt das Unternehmen. Gewinne Sony den Rechtsstreit, könnten "andere Unternehmen diesen Präzedenzfall nutzen, um Websites zu sperren, die ihnen nicht gefallen, beispielsweise aus kommerziellen oder politischen Motiven".
Zur jetzt erlittenen Niederlage hat Quad9 noch keine Stellung bezogen. Laut Heise sei davon auszugehen, dass das Unternehmen das Urteil weiterziehen werde.
Originalmeldung vom 21.6.2.21:
Sony zieht gegen Schweizer NPO Quad9 vor Gericht
Sony hat beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die seit Kurzem in der Schweiz ansässige Non-Profit-Organisation (NPO) Quad9 erwirkt. Wie "Heise" berichtet, geht es beim Rechtsstreit um Urheberrecht. Quad9 betreibt einen globalen öffentlichen Domain-Name-Service (DNS). DNS-Server konvertieren Domain-Namen zu IP-Adressen. Mehr dazu und zu Quad9s Umzug in die Schweiz lesen Sie hier.
Laut "Heise" ist Quad9 verpflichtet, den Zugang zu einer Domain zu unterbinden, die per Sharehoster Alben von Sonys Musiklabel zugänglich macht. Sonst drohe eine Ordnungsstrafe in Höhe von 250'000 Euro. Das Gericht befand, dass Quad9 nicht wie ein Internet Service Provider oder Domainregistrar von den üblichen Haftungsprivilegien für reine Mittler gedeckt sei.
Mit Quad9 hat sich Sony im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen einen eher kleinen Fisch ausgesucht. Die Organisation gilt als kleinster unter den grossen öffentlichen DNS-Anbietern. Laut "Heise" hat die NPO lediglich einen Anteil von 1 Prozent am Resolvermarkt. Dagegen würden 14 Prozent der normalen DNS-Anfragen und nochmal 15 Prozent der zunächst erfolglosen Anfragen über Google laufen.
Quad9 will sich wehren
Quad9 will die einstweilige Verfügung nicht auf sich sitzen lassen. Wie "Heise" schreibt, kündigte Bill Woodcock, Stiftungsratspräsident von Quad9, an, dass sich die NPO wehren werde. Nicht Quad9s Grösse, sondern der Umstand, dass Quad9 als einziger grosser DNS-Resolver nicht mehr in den USA ansässig sei, habe Sony zur Erwirkung der einstweiligen Verfügung veranlasst, sagt Woodcock gegenüber dem Nachrichtenportal.
Weiter beklage der Stiftungsratspräsident die Art des Verfahrens. So hatte Quad9 nur wenige Stunden Zeit, um auf das Schreiben von Sony zu reagieren. Es sei am 26.3.2021 verschickt worden, mit Fristsetzung am selben Tag bis 16 Uhr.
Übrigens: Besser lief es für für die Betreiber der Rezept-App Prepear. Sie konnten sich mit Apple über das Logo des kleinen Unternehmens einigen. Der iPhone-Hersteller befand das birnenförmige Logo von Prepear ursprünglich als dem eigenen Logo zu ähnlich. Eine sehr kleine Änderung sorgte aber dafür, dass sich die Firmen einigten. Mehr dazu lesen Sie hier.