Darum verlässt Benno Schlumpf Ingram Micro
Benno Schlumpf hat sich nach einer beinahe 10-jährigen Karriere bei Ingram Micro Schweiz dazu entschieden, das Unternehmen zu verlassen. Im Interview spricht der Senior Managing Director Schweiz über seine Zukunftspläne, seinen Wunschnachfolger und darüber, was sich in den letzten drei Jahren bei Ingram Micro verändert hat.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ingram Micro zu verlassen?
Benno Schlumpf: Schlicht wegen meines Alters. Irgendwann ist es genug. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt um zu gehen, da das Unternehmen gut aufgestellt ist und wir eine geordnete Übergabe angehen können. Es ist schön, wenn man in diesem Alter langsam herunterfahren und seine Erfahrungen weitergeben kann.
Heisst das, dass Sie jetzt in Pension gehen?
Was ich nachher genau mache, ist noch nicht ganz klar. Eine neue Stelle möchte ich allerdings nicht mehr antreten, sonst hätte ich genauso gut bei Ingram Micro bleiben können. Ich kann mir aber vorstellen, den einen oder anderen Auftrag auf Mandatsbasis zu übernehmen, da ich gerne noch etwas länger im IT-Umfeld tätig sein möchte. Schlussendlich ist das aber nicht nur von mir abhängig.
Im Interview zu Ihren ersten Monaten als Senior Managing Director bei Ingram Micro sagten Sie, Sie wollten alte Zöpfe abschneiden und die einzelnen Abteilungen näher zusammenbringen. Ist Ihnen das gelungen?
Mit dieser Aussage werde ich immer wieder konfrontiert. Ich denke schon. In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir einige Veränderungen durchlaufen. Ich hatte von Anfang an geplant - und deswegen habe ich diesen Job ursprünglich überhaupt angenommen - im Bereich Firmenkultur aktiv zu werden. Wenn Sie meine Kolleginnen und Kollegen hier im Unternehmen fragen, würden sie Ihnen bestätigen, dass sich in diesem Thema einiges getan hat. In den letzten Jahren sind aber auch Veränderungen passiert, die der Entwicklung der Branche und unseres Unternehmens geschuldet sind. Wir haben einige grössere Umstellungen gemacht, die für die Mitarbeiter nicht immer einfach waren und mit denen sie sich zuerst auseinandersetzen mussten. Primär handelte es sich dabei um Interna, die mittelfristig für den Erfolg des Unternehmens aber sehr wichtig sind.
Gehörte zu diesen schwierigen Veränderungen auch die Übernahme durch die chinesische Investmentfirma Tianjin Tianhai?
Hier im Land merken wir von der Übernahme nicht viel. Wir waren vorher ein US-amerikanisches Unternehmen und das sind wir eigentlich noch immer. Unser Hauptsitz ist nach wie vor in den USA und auch das Management ist noch dasselbe. Der Unterschied ist, dass Ingram Micro vorher an der New Yorker Börse kotiert war. Jetzt sind wir im Besitz der Chinesen und an der Shanghaier Börse kotiert. Ich bin in der ganzen Zeit seit der Übernahme niemals jemandem von Tianjin Tianhai persönlich begegnet und sie haben definitiv keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft genommen. Wie es auf der Corporate-Seite genau aussah, kann ich nicht beurteilen. Vom obersten Geschäftsführer von Ingram Micro habe ich aber erfahren, dass die Kontakte zu Tianjin Tianhai natürlich da sind, aber auch da werden strategische Zielsetzungen diskutiert und kein Einfluss ins operative Business genommen.
Wie steht es um Ihre Nachfolge?
Es gibt sehr valide Bewerbungen. Wir möchten uns aber für die Entscheidung genug Zeit lassen. Das ist mir persönlich auch sehr wichtig, da ja kein unmittelbarer Druck besteht, uns für einen Kandidaten zu entscheiden. Für mich ist essenziell, dass wir hier in der Geschäftsführung der Ingram Schweiz Kontinuität haben. Mein Nachfolger muss nicht zwingend ein Schweizer Staatsbürger sein, aber jemand, der Verständnis für unseren Markt und unsere Mentalität hat. Es ist eine der wichtigen Aufgaben eines Geschäftsführers in der Distribution auf Partnerseite sowohl bei Lieferanten als auch bei den Kunden die wichtigen Ansprechpartner zu kennen.
Wie lange werden Sie sich Zeit lassen, um die Nachfolge zu bestimmen?
Die Entscheidung fällt sicherlich in der zweiten Hälfte dieses Jahres - höchstwahrscheinlich im dritten Quartal. Wir möchten uns nicht im Q4 noch mit der Suche nach passenden Kandidaten herumschlagen. Dann haben wir auch genügend Zeit um die bestmögliche Übergabe sicherzustellen und dem neuen Senior Managing Director genügend Zeit mit mir zusammen zu gewährleisten. Aber auch nach der Übergabe bin ja auch nicht ab der Welt. Ich wohne sogar ganz in der Nähe des Ingram-Micro-Sitzes und stehe auch dann noch für Anfragen zur Verfügung.
Was erwartet Ihren Nachfolger bei Ingram Micro?
Eine solide Basis, auf der man aufbauen kann. Damit meine ich ein gut strukturiertes, gut aufgestelltes Unternehmen und ein Team, das gut performt und gerne zusammenarbeitet. Natürlich gibt es wie überall sonst auch Potenzial, um noch besser zu werden.
Wie sehen die Zukunftspläne von Ingram Micro aus?
Wir möchten gerne weiter wachsen. Wir haben In-House einiges an Investitionen und Strukturveränderungen geplant oder bereits in Arbeit. Wir möchten mehr Reach haben, auch in Bereichen, in denen wir noch nicht so ausgeprägt tätig sind. Konkret im B2C-Bereich. Aber auch auf Seiten Value gibt es durchaus noch einiges an Potenzial, das wir gerne nützen wollen.
Was wird Ihnen nach dem Rücktritt fehlen?
Der persönliche Kontakt zu vielen guten Leuten in dieser Branche wird mir fehlen, wenn ich mich einmal komplett zurückziehe. Ich arbeite enorm gerne mit den Partnern im hiesigen Markt, seien es Hersteller oder Kunden, zusammen. Ich bin seit den 80er-Jahren im IT-Channel tätig und es freut mich sehr, dass ich es bis zu meiner Pension hin machen durfte. Das Ganze ist für mich auch ein bisschen eine Herzensangelegenheit.