Die grünen Rechenzentren kommen
Rechenzentren verbrauchen viel Energie – zu viel. Gleichzeitig steigt aber die Nachfrage nach Speicherplatz und Rechenleistung. Trotzdem bemühen sich immer mehr Unternehmen um eine grüne Energiebilanz. Potenzial zeigt sich vor allem bei KMUs.
Die Komplexität innerhalb von Rechenzentren nimmt zu. Das Know-how des ICT-Personals hinkt aber je nach Unternehmensgrösse den Anforderungen hinterher, schreibt der Branchenverband Asut auf seiner Website. Die Verfügbarkeit der Infrastruktur sei dadurch nicht mehr ausreichend gewährleistet. Ausserdem verlangen Business- wie auch Consumer-Applikationen nach immer mehr Leistung. In der Folge steigt die Nachfrage nach Speicherplatz und Rechenleistung.
Die Cloud in all ihren Variationen und der Trend zum softwaredefinierten Rechenzentrum treiben die Nachfrage ihrerseits. Branchenriesen wie IBM oder HP sprechen von der Transformation der IT. Weg vom Client-Server-Modell der 1990er-Jahre, hin zur Cloud. Bereits im vergangenen Oktober sagte EMCs CEO Joe Tucci an Oracles Open World Show, dass das softwaredefinierte Rechenzentrum alles verändern werde.
Auch Unternehmen wie IBM scheuen keine Kosten und Mühen für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Gemeinsam mit dem Marist College im US-Bundesstaat New York entwickelt der Konzern Software für Rechenzentren und bietet Schulungen für seine Mainframe-Systeme an. Zudem verkündete IBM Anfang des Jahres, 1 Milliarde US-Dollar in die Cloud investieren zu wollen. Cisco zog im März mit seiner Intercloud nach. Cisco ist die Cloud ebenfalls 1 Milliarde Dollar wert.
CO2-Bilanz wird wichtiger
Demgegenüber stehen aber einige ernst zu nehmende Probleme. Mehr Leistung bedeutet mehr Fläche, höheren Stromverbrauch und verlangt nach mehr Kühlung. Vor allem der Energiebedarf und die Kühlung treiben die Kosten in die Höhe. Der Energiebedarf ist allerdings nicht nur wegen der Kosten ein Thema. In Europa fliessen nach Angaben der EU-Kommission bereits 2,5 Prozent der gesamten Stromproduktion in Rechenzentren. Und HPs Chefin Meg Whitman glaubt, dass Rechenzentren bis 2020 rund 30 Prozent der weltweit produzierten Energie konsumieren werden.
Als HP im Dezember des vergangenen Jahres die Moonshot-Server vorstellte, ging Whitman noch einen Schritt weiter. Sie verglich die Cloud mit einem Land. Wenn die Cloud ein eigenständiges Land wäre, würde sie auf Platz fünf der weltweit grössten Stromverbraucher liegen, sagte Whitman. China hält Rang eins, gefolgt von den USA und Russland. Indien ist auf dem vierten Platz. Japan käme dann nach der Cloud auf Rang sechs. Nachhaltigkeit sieht anders aus. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Unternehmen um ein grünes Image bemühen. So suchten im letzten Jahr Konzerne wie Microsoft, Facebook oder Apple nach alternativen Energiequellen und neuen Kühlungsmechanismen für ihre Rechenzentren.
Abwärme für Wasseraufbereitung
Microsoft packte kleine Minikraftwerke auf seine Server-Racks. Facebook will ein Rechenzentrum in Altoona, Iowa, vollständig mit Windenergie betreiben. Und Apple ist kurz davor, all seine Rechenzentren zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu vorsorgen. Ein Trend der anhalten wird, wie die Analysten von IDC glauben. Sie befragten 400 Betreiber von Rechenzentren. Demnach ist die Reduktion des Energieverbrauchs in diesem Jahr das Hauptziel der Betreiber. In diesem Zusammenhang gewinnen Länder wie Finnland zunehmend an Bedeutung. Dort kann je nach Standort das ganze Jahr über kalte Polarluft zugeführt werden.
Die Energieeffizienz beschäftigt auch Urs Schürmann, Sales Executive Data Center Services bei Colt Schweiz. Eine wesentliche Rolle spielt für Schürmann, dass viele Unternehmen noch eigene Rechenzentren betreiben, die nicht auf dem neuesten Stand sind und zu viel Energie verbrauchen. Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) dieser Zentren liege oft bei 2 bis 3. Werte zwischen 1,2 und 1,4 seien heutzutage aber Standard.
Immer energieeffizienter
Colt arbeitet mit den Stadtwerken in Zürich zusammen. Die beiden Zürcher Rechenzentren des Anbieters hängen an den städtischen Versorgungswerken. Die Abwärme aus Colts Rechenzentren geht an die Stadtwerke zurück. Diese nutzen die Abwärme dann etwa für die Wasseraufbereitung in Kläranlagen.
Colt ist in der Schweiz aber nicht der einzige Betreiber energieeffizienter Rechenzentren. Schon 2011 eröffnete das Schweizer Unternehmen Deltalis ein Rechenzentrum im Kanton Uri, das eines der effizientesten und sichersten Europas sein soll. Es befindet sich in einem ehemaligen Kommandoposten der Schweizer Armee. Die Energie liefern Wasserkraftwerke. Ebenfalls seit 2011 setzt Green.ch ein Gleichstrom-Energieverteilungssystem von ABB ein. Das System soll Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent ermöglichen. Und Interxion Schweiz betreibt sein Colocation-Zentrum in Glattbrugg seit 2011 ebenfalls mit Strom aus Wasserkraft. Die grünen Rechenzentren kommen.