Auf Eis

Swisscom muss Glasfaserkooperationen aufschieben

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Nach dem Bericht und neuen Äusserungen des Sekretariats der Wettbewerbskommission (Weko) zu den Kooperationsvereinbarungen im Glasfaserausbau sieht sich Swisscom gezwungen, die Kooperationen auf mögliche unternehmerische Risiken zu prüfen.

Neue – aber bereits fertig verhandelte – Kooperationsverträge der Swisscom mit den Partnern können vorläufig nicht unterschrieben werden, weil das zugrunde liegende Kooperationsmodell aufgrund der neuen Ausgangslage in Frage gestellt werden muss, heisst es in der Medienmitteilung. "Es macht keinen Sinn, Verträge zu unterschreiben, wenn elementare Klauseln problematisch sind", erklärte Swisscom-Chef Carsten Schloter während einer Telefonkonferenz am Freitag Vormittag.

In ihrem Bericht zu den Glasfaserkooperationen in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich kritisierte das Sekretariat der Wettbewerbskommission (Weko) verschiedene Vertragsklauseln, welche elementare Eckpunkte des Kooperationsmodells sind.

Im Bericht und aufgrund neuer Äusserungen des Sekretariats der Weko wird deutlich, dass das Sekretariat die Kooperationen ausschliesslich streng rechtlich beurteilen wird, ohne die reale Marktdynamik abzuwarten. Das Sekretariat nimmt dabei eine unrealistische Marktabgrenzung vor, indem sie das Glasfasernetz isoliert und nicht als Teil des gesamten Breitbandmarktes betrachtet, in welcher verschiedenste Technologien für einen intensiven Infrastrukturwettbewerb sorgen. Mit ihrer Beurteilung verbietet das Sekretariat der Weko faktisch die Kooperationen in der aktuellen Form. Sie hat überdies verlauten lassen, rasch eine Untersuchung einleiten zu wollen.

800 Millionen Franken in der Schwebe

Aufgrund dieser Einschätzung des Sekretariats der Weko sieht sich Swisscom gezwungen, gemeinsam mit ihren Partnern zu verhandeln, ob das Kooperationsmodell und die abgeschlossenen Verträge so angepasst werden können, dass sie noch mit vertretbarem unternehmerischem Risiko umsetzbar sind. Andernfalls kann Swisscom einen Alleinbau nicht ausschliessen. "Der Ausbau des Glasfasernetzes geht dennoch parallel weiter", sagt Schloter. Noch nicht unterschriebene Verträge mit einem Investitionsvolumen von 800 Millionen Franken müssen deshalb aufgrund der notwendigen Neuverhandlungen zurzeit ausgesetzt werden. Von dem vorläufigen Stopp der Glasfaserkooperationen sind gemäss Schloter vor allem die Verträge mit Zürich, Lausanne und Winterthur betroffen.

Insgesamt umfassen die Kooperationsverträge ein Investitionsvolumen von 1,7 Milliarden Franken. Die bereits unterzeichneten Verträge erlauben eine Erschliessung von rund 16 Prozent der Schweizer Wohnungen und Geschäfte mit Glasfaser, die noch offenen Kooperationen würden zusätzlich rund 14 Prozent beisteuern.

Swisscom bedauert diese Entwicklung und ist weiterhin davon überzeugt, dass die Kooperationen einen Schlüssel für die schnelle Erschliessung der Schweiz mit FTTH darstellen, den Wettbewerb ermöglichen und Investitionen in die Zukunft sichern. Ein Alleinbau von Swisscom würde eine deutliche Verlangsamung des Glasfaserausbaus bedeuten und zu weniger Wettbewerb führen. Dies hätte grosse Folgen für die Investitionen in die Infrastruktur der Zukunft, erklärt die Telko.

ICTswitzerland besorgt über Investitionsstopp

"Die Schweiz ist das einzige Land in Europa, in welchem der Bau der für die Zukunft wichtigen Glasfasernetze marktwirtschaftlich, das heisst ohne Steuergelder oder Subventionen, erfolgreich in Angriff genommen wurde. ICTswitzerland, der Dachverband der Informatik- und Telekombranche, ist über den Investitionsstopp beim Bau der Glasfasernetze äusserst besorgt. Diese "Datenautobahnen der Zukunft" sind sowohl ein Rückgrat für die ICT-Branche als auch ein volkswirtschaftlich wichtiger Faktor, nicht zuletzt für unsere Arbeitsplätze. Der Verband erwartet, dass die Wettbewerbskommission Hand zu einer Lösung bietet, welche den gegenwärtig unhaltbaren Zustand deblockiert und den investitionsbereiten Unternehmen die angestrebten Kooperationsmodelle ohne Regulierungsrisiken ermöglichen", meint ICTswitzerland-Präsident Ruedi Noser in einem Statement zur Swisscom-Mitteilung.

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