Nachgefragt bei Svetlana Sorokina

Wie die neue Schweiz-Chefin Ingram Micros globale und regionale Stärken verweben will

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von Coen Kaat

Seit Juni hat Ingram Micro eine neue Chefin für die Schweiz: Svetlana Sorokina. Zuvor war sie lange für den Disti in den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig. Im Interview spricht sie über den Unterschied zwischen Dubai und der Schweiz, technologische Trends, die den Channel beeinflussen werden, und wie sie den Disti anpacken will.

Nachgefragt bei Svetlana Sorokina, Managing Director Switzerland bei Ingram Micro (Source: zVg)
Nachgefragt bei Svetlana Sorokina, Managing Director Switzerland bei Ingram Micro (Source: zVg)

Bevor Sie die Stelle als Managing Director Switzerland angetreten sind, waren Sie lange Zeit in Dubai tätig. Wie finden Sie die Schweiz bis jetzt?

Svetlana Sorokina: Ich bin sehr froh darüber, hier zu sein.

 

Auch bei dem aktuellen Wetter? Das muss eine ziemliche Umstellung sein.

Das stimmt, in Dubai ist es immer heiss und relativ feucht. Aber ich komme ja ursprünglich aus Russland. Also aus einem Land, in dem es unterschiedliche Jahreszeiten gibt. In der Schweiz ist das Wetter vergleichbar mit Russland - wenn auch vielleicht ein wenig gemässigter. Auch kulturell liegen Russland und die Schweiz wohl näher beieinander. Darum finde ich es hier fantastisch.

 

Und wie läuft es mit dem Schweizerdeutsch?

Daran arbeite ich noch (lacht)! Seitdem ich weiss, dass ich die Position übernehme, also seit etwa fünf Monaten, bin ich schon daran, Deutsch zu lernen. Das läuft auch sehr gut - ich verstehe schon recht viel. Ich will die Sprache schon bald fliessend können. Und danach, ab dem nächsten Jahr etwa, will ich mich an Schweizerdeutsch heranwagen. Französisch kann ich bereits. Ich will es aber noch etwas auffrischen.

 

Wie viele Sprachen sprechen Sie?

Ferner spreche ich natürlich noch Russisch sowie Arabisch und Englisch.

 

Was bewog Sie dazu, nachdem Sie Ihren Fokus so lange auf der META-Region hatten, sprich dem Nahen Osten, der Türkei und Afrika, nun in die Schweiz zu wechseln?

Es ging mir nicht wirklich darum, in die Schweiz zu wechseln. Ich wollte viel eher neue Aufgaben und Verantwortlichkeiten wahrnehmen, ohne dafür das Unternehmen wechseln zu müssen. Schliesslich bin ich - je nachdem wie man es betrachtet - ja schon seit 21 Jahren für diese Firma tätig.

 

Wie meinen Sie das?

Ich kam 1999 zu Aptec, einem Distributor in Dubai. Zunächst als Product Manager und anschliessend als Business Unit Manager. Ab 2009 war ich im Marketing derselben Firma tätig als Regional Marketing Manager. Knapp drei Jahre später stieg ich zum Group Marketing Manager auf. 2012 übernahm Ingram Micro Aptec - und auch mich gleich mit. Meine Position behielt ich bei der Übernahme. Ich hatte also weiterhin dieselben Aufgaben. Ich übte sie danach einfach unter dem Banner von Ingram Micro aus.

 

Was kann die Schweiz in Sachen IT von Dubai lernen?

Ich würde nicht sagen, dass die Schweiz dies wirklich lernen muss: In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) - zu denen auch Dubai gehört - spürt man aber einen klaren Fokus auf die Digitalisierung, insbesondere auf Themen wie das Internet der Dinge und künstliche Intelligenz. Bis 2031 wollen die VAE zum weltweit führenden Hub für künstliche Intelligenz werden. Eine nationale KI-Strategie namens B.R.A.I.N. soll sie dorthin führen. Die Abkürzung steht für "Building a Responsive Artificial Intelligence Nation". Zu diesem Zweck will die Regierung Pilotprojekte, die vom Privatsektor angestossen werden, ermöglichen und teilweise auch finanzieren.

 

Sie wechselten auch vom Marketing in die Geschäftsführung. Wie verlief diese Umstellung?

Ich leitete zuvor auch schon Teams und Projekte. Es ist also eine Umstellung, aber keine völlig neue Situation für mich. Eine Umstellung ist es allerdings wohl immer, egal aus welchem Bereich man kommt. Ich freue mich aber sehr darüber und bin auch gewillt, Neues zu lernen.

 

Was nehmen Sie aus dem Marketing-Bereich mit auf den Chefsessel?

Ich glaube, der Schritt vom Marketing zur Geschäftsführung ist eigentlich recht naheliegend. Beim Marketing ist es essenziell, die Wünsche der Kunden bis ins kleinste Detail zu verstehen und darauf einzugehen. Etwas, das gerade jetzt während dieser aussergewöhnlichen Situation besonders wichtig ist. Mein Background im Marketing wird mir also gewiss eine gute Stütze sein bei meinen neuen Aufgaben als Managing Director.

 

Mit "aussergewöhnliche Situation" meinen Sie die Coronapandemie? Wie war es für Sie, inmitten dieser Lage Ihre neue Stelle anzutreten?

Das war tatsächlich speziell - was ich aber nicht unbedingt im negativen Sinn meine. Als ich die Stelle als Managing Director für die Schweiz antrat, war ich noch immer in Dubai. Ich musste also zunächst per Remote Office arbeiten. Aber das war nicht so schlimm, denn so ging es ja auch dem Grossteil meiner Mitarbeiter in der Schweiz.

 

Und wie hat sich Covid-19 auf Ingram Micro ausgewirkt?

Auch hier muss ich wieder sagen, dass es nicht unbedingt negativ war für uns. Klar, wir reden hier von einer Pandemie mit ernsten gesundheitlichen Folgen für viele und das ist nie etwas Gutes. Aber von einem geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet, spürten wir keine negativen Auswirkungen. Im Gegenteil: Der Zwang zum Homeoffice beflügelte viele Technologien und Lösungen, die wir im Sortiment haben. Sowohl Hardwareseitig, wie etwa Monitore, Notebooks und Zubehör, als auch im Bereich Cloud und as-a-Service-Dienstleistungen.

 

Was war Ihre erste Amtshandlung als Managing Director für die Schweiz?

Unmittelbaren Handlungsbedarf gab es nirgends. Und da ich mich als People Person sehe, wollte ich mich darum zunächst auf mein Team konzentrieren. Sobald und wann immer es möglich war, nahm ich mir die Zeit, um mit allen meinen Mitarbeitenden persönliche Gespräche zu führen und sie so kennenzulernen.

 

Wie sieht Ihre Strategie für die Schweiz aus?

Meine Strategie ist noch nicht bis ins letzte Detail ausformuliert. Zurzeit bin ich noch damit beschäftigt, zu beurteilen, wie genau das Beziehungsgeflecht hier in der Schweiz zwischen unserem Partnernetzwerk und den Endkunden funktioniert. Und auch wo wir da als Distributor am besten hineinpassen.

 

Können Sie schon sagen, in welche Richtung es in etwa gehen wird?

Kurz zusammengefasst lautet meine Strategie für die Schweiz folgendermassen: Ich will den Fokus ganz klar auf die Bereiche Value Distribution und Advanced Solutions richten. Ich will die Partner dabei unterstützen, dass sie nicht bloss Produkte, sondern ausgereifte Lösungsansätze anbieten können, die konkrete Kundenbedürfnisse adressieren. In der META-Region hat sich Ingram Micro bereits 100-prozentig diesem Weg verschrieben. In diese Richtung will ich auch die Schweizer Länderorganisation bewegen.

 

Und der Bereich Advanced Solutions?

In dem Bereich arbeiten wir sehr eng mit Lösungsanbietern und Managed Services Providern (MSP) zusammen. Das heisst, hier geht es vor allem um Cloud- oder As-a-Service-Themen. Ein weiterer wichtiger Stichpunkt in meiner Strategie ist E-Commerce. Einerseits unterstützen wir Anbieter, die E-Commerce-Plattformen für ihre Kunden betreiben. Andererseits will ich auch unsere eigene Plattform, den Ingram Micro Cloud Marketplace, über den wir unseren Resellern Cloud-Services anbieten, weiterent­wickeln.

 

Was nehmen Sie von Dubai mit zu Ingram Micro Schweiz?

Dubai ist eine sehr innovative Stadt. Dort wurde ich zum Fan von neuen Technologien und Tools. Trends wie das Internet der Dinge und künstliche Intelligenz werden bald also definitiv auch ein Thema für Ingram Micro Schweiz werden. All diese Themen waren zwar zuvor auch schon im Vokabular der Schweizer Ländergesellschaft. Sie waren aber nicht im Fokus, und genau das will ich nun ändern.

 

Wie wollen Sie diese Strategie umsetzen?

Ich will unsere globalen und regionalen Stärken verweben. Ingram Micro betreibt überall auf der Welt bereits zahlreiche Centers of Excellence (COE) und schafft auch stetig neue. Im April etwa kündigten wir an, ein neues COE für den Bereich IoT in den USA aufzubauen, und im vergangenen Jahr gaben wir die Gründung von neuen COEs für Cybersecurity bekannt - in den Niederlanden, den VAE und in Osteuropa. In Dubai, wo ich vorher tätig war, haben wir eine Experience Zone für künstliche Intelligenz. Diese Kompetenzzentren können für Schulungen oder Beratungen genutzt werden, oder auch um zu zeigen, wofür diese neuen Technologien genutzt werden könnten. Ausserdem bieten wir über sie auch Support-Dienstleistungen und Managed Services an. Diese Expertise, die Ingram Micro in anderen Teilen der Welt schon gebündelt hat, will ich vermehrt in die Schweiz bringen. Hier können wir sie anschliessend mit unserer Nähe zu den lokalen Partnern sowie unserem Wissen um die hiesigen Marktbedürfnisse koppeln.

 

Was kommt auf die Partner zu, nun da Sie das Ruder übernommen haben?

Im Partnernetzwerk gilt dasselbe wie bei meinen Mitarbeitenden: Zuerst muss und will ich die nötige Zeit investieren, um sie kennenzulernen und sie auch verstehen zu lernen. Mir ist klar, dass ich aus einer ganz anderen Re­gion der Welt komme, in der ganz andere Partner mit ganz anderen Motivationen aktiv waren. Aber auch hier, da bin ich mir sicher, wird mir mein Hintergrund im Marketing helfen. Helfen zu verstehen, was die Bedürfnisse unserer Kunden und Partner sind.

 

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?

Die Schweiz und somit auch der Schweizer Markt sind neu für mich. Ich bringe jedoch sehr viel Erfahrung in einem multinationalen Umfeld mit. Diese Erfahrung kommt zusammen mit dem starken Willen, alles zu lernen, was ich lernen muss, und natürlich auch die Geduld, die dies erfordert. Mein Ziel ist ganz klar: Ich will einen Mehrwert erbringen - für Ingram Micro Schweiz und unseren Partnern. Mit meiner Expertise können wir gemeinsam sicher einige Innovationen in den Schweizer Channel einbringen. Denn wenn wir zusammen anpacken, erreichen wir noch so viel mehr.

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