Logistik-Mitarbeitende von Digitec Galaxus fühlen sich überarbeitet
Im Lagerbetrieb bei Digitec Galaxus hängt der Haussegen schief. Einige Logistik-Mitarbeitende fühlen sich ausgebeutet.
Ein Bild, das man sonst nur aus Amazon-Verteilzentren in Amerika kennt: Logistik-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen, die bis an den Anschlag für den Massenkonsum der Kundschaft schuften. So ähnlich soll es laut einer Recherche des "Sonntagsblick" aber auch beim Schweizer Onlinehändler Digitec Galaxus aussehen, der mit sechs Mitarbeitenden aus der Abteilung sprach. In diesem Rahmen erklären sie gegenüber der Zeitschrift, dass die Arbeitsbedingungen in Wohlen teilweise unzumutbar seien.
Ständig höher werdender Druck
Der Onlinehändler verzeichnete von Jahr zu Jahr steigende Rekordumsätze - ein Wachstum, das sich auch bei den Mitarbeitenden im Verteilzentrum Wohlen bemerkbar macht. Ein Mitarbeiter erklärt gegenüber "Sonntagsblick": "Als ich angefangen habe, konnte man auch mal einen Fehler machen, ohne dass daraus sofort ein Drama gemacht wurde. Auf ältere oder angeschlagene Mitarbeiter wurde Rücksicht genommen. Jetzt ist dagegen alles voll auf Leistung getrimmt". Gründe für den steigenden Leistungsdruck sucht "Sonntagsblick" unter anderem beim Konsumenten. Der Massstab, dass Pakete, die bis 19 Uhr bestellt werden, in der Regel auch am nächsten Tag beim Käufer ankommen sollen, sowie der Onlineshopping-Boom der letzten Jahre sorgen für immer mehr Druck.
Die Arbeit der Mitarbeitenden werde streng überwacht und es wird viel erwartet. Eine Mitarbeiterin beziffert den Leistungsdruck: "Früher musste man beim Wareneingang 70 Artikel pro Stunde scannen. Heute beträgt das Soll 205 Artikel pro Stunde". Das habe zwar auch mit veränderten Prozessen zu tun. Trotzdem seien die Anforderungen grösser geworden. Eine andere Mitarbeitende sagt: "Wenn man mal zwei, drei Minuten mit jemandem redet, kommt sofort der Teamleiter und sagt: 'Wir haben genug Arbeit.'"
30 Zusammenbrüche pro Jahr
Die Betriebssanitäterin des Logistikzentrums erklärt, dass im Sommer alle paar Tage jemand zusammenklappt. Insbesondere beim "Packaging" könne es sehr warm werden und die Arbeit sei körperlich anstrengend.
Die Fälle von Zusammenbrüchen am Arbeitsplatz bestreitet Digitec Galaxus nicht und betont, dass man die Fälle ernst nehme: "2020 und 2021 gab es im Logistikzentrum Wohlen jeweils rund 30 dokumentierte Fälle von Übelkeit, Kreislauf- oder Blutdruckproblemen, bei denen eine Betriebssanitäterin oder ein Betriebssanitäter im Einsatz war", erklärt der Sprecher Stephan Kurmann gegenüber "Sonntagsblick" und fügt an: "Die Fallzahlen in der Logistik sind gleich hoch wie im Büro".
Digitec Galaxus habe bereits Massnahmen dagegen ergriffen. Im Sommer soll nun öfter gelüftet werden, aber auch ein Kühlaggregat und Ventilatoren wurden aufgestellt.
Dass nicht wie erwartet die "Silver Surfer" für den Onlineshopping-Boom während der Pandemie bei Digitec Galaxus sorgten, sondern vor allem die Jungen, können Sie hier lesen.